Branche Leadership Communication-Tagung der Schader Stiftung mit Tiefgang
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Führungskräfte kommunizieren permanent: gegenüber Mitarbeitern, Kolleginnen und Kollegen sowie nicht zuletzt mit der Öffentlichkeit. Dennoch hat sich die Kommunikation nicht als Führungsdisziplin etabliert. Grund genug für die Hochschule Darmstadt in Kooperation mit der Schader Stiftung, Darmstadt, und dem Bundesverband Deutscher Pressesprecher (BdP) am 19. Januar eine Tagung zum Thema „Leadership Communication – Communication Leadership?“ zu veranstalten. Um es vorweg zu nehmen, die gut 100 Teilnehmer – darunter zahlreiche Studenten der Hochschule Darmstadt – haben ihr Kommen nicht bereut. Die Mischung aus profunden Vorträgen, Workshops und einer unterhaltsamen Buchvorstellung mit anschließender Diskussion stimmte. Wichtige Impulse gaben gleich zu Beginn Ulriche Röttger, (Foto l.) Professorin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, und Christof Ehrhart (r.), Kommunikationschef der Deutschen Post DHL Group und Honorarprofessor an der Universität Leipzig.
Nach der Begrüßung durch Initiator Lars Rademacher, Professor am Fachbereich Media der Hochschule Darmstadt, entwickelte Professorin Röttger ein neues Verständnis von kommunikativer Führung. Sie legte dar, dass Führung ganz grundsätzlich die Überlebensfähigkeit und die Funktionstüchtigkeit einer Organisation sichern müsse. Führung diene der Stabilisierung einer Organisation und erhalte ihre Wandlungsfähigkeit, sie animiere zur Selbstführung. In einer von Röttger ausführlich dargestellten Entwicklung komme es daher zu einer Wandlung des Verständnisses von Führung. Es gehe heute vielmehr um kommunikative Aushandlungsprozesse als um Gefolgschaft.
Aufbau einer Architektur und Kultur des Zuhörens
Die Anforderungen an eine zukunftsfähige strategische Kommunikation wandelten sich daher. Gute Führungskommunikation schaffe gute Handlungsbedingungen für eine Organisation, die ganz grundsätzlich auf das Befähigen, beispielsweise von Mitarbeitern oder Mitglieder, abziele. Die Führung im Sinne konzeptioneller Vorgaben trete demgegenüber zurück. Es gehe um den Aufbau einer Architektur und Kultur des Zuhörens. In diesem Sinne zog Röttger das Fazit: „Zukunftsfähige Organisationen müssen kommunikativ sein.“
Christof Ehrhart knüpfte mit seinem Vortrag an diesen Gedanken an und stellte heraus, dass Kommunikation heute der Gradmesser für die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens sei. Dazu leitete er her, wie sich die Anspruchshaltung verschiedener Generationen an das wirtschaftliche Handeln von Unternehmen verändert habe. Während die ab Mitte der 1960-er Jahre Geborenen auf der Suche nach Wohlstand seien, gehe es der folgenden Generation (geboren vom Beginn der 80-er bis Ende der 90-er Jahre) eher um Orientierung. Und die Generation Z wiederum (geboren seit Beginn des 21. Jahrhunderts) suche nach Resonanz. Immer stärker verlangten nun Fragen zur Sinnstiftung, zum Vertrauen, zur Nachhaltigkeit und Relevanz nach Antworten.
„Corporate Empathy”
So brachte Ehrhart erneut den Begriff einer „Corporate Empathy” in die Diskussion ein. Dabei gehe es um den Aufbau und die Pflege von Gemeinschaften, in denen ein Austausch, eine Beteiligung und kontinuierliches Feedback möglich sei. Ehrhart brachte es auf die Formel: „Wir müssen nicht nur der Welt das Unternehmen erklären, sondern wir müssen auch dem Unternehmen die Welt deuten. Dazu gehört, dass wir anstatt getroffene Entscheidungen zu erläutern, dazu beitragen müssen, nachhaltige Entscheidungen überhaupt erst zu ermöglichen.“ Besser hätten sich die beiden Vorträge von Röttger und Ehrhart nicht ergänzen können.
Es folgten sechs Workshops, die sich dann eher mit den praktischen Anforderungen an Führungskommunikation beschäftigten. Während sich Sebastian Lindemann, Kommunikationschef der Philips GmbH, und Sebastian Ackermann, Kommunikationsverantwortlicher für die RWE-Tochter innogy, mit wirklich tiefen Einblicken zurückhielten, machte Felix Gress die Türen der Continental AG weit auf. Der Kommunikationschef nahm den Begriff Workshop ernst und lud sein Publikum zur aktiven Teilnahme an der Diskussion ein. Er stellte die etablierten Unternehmenswerte für die Continental AG vor und ließ die Zuhörer mit überlegen, wie man zu diesem Ergebnis gekommen sei. Erfrischend diskussionsfreudig nahmen die Angesprochenen die Einladung an.
„The Listening Leader” – ein Buch von Emilio Galli Zugaro und Tocher Clementina Galli Zugaro
Theorie und Praxis fanden dann zum Ende der Darmstädter Führungstagung in der Vorstellung des Buches „The Listening Leader“ zusammen. Der langjährige Allianz-Kommunikationschef Emilio Galli Zugaro (Foto l.), inzwischen Senior Advisor bei FTI Consulting, hat es gemeinsam mit seiner Tochter, der Psychologin Clementina Galli Zugaro (r.), verfasst. Anfang Januar ist es – zunächst in einer englischen Fassung – erschienen. Glaubt man Christian Lawrence, dem Leiter Kommunikation der Munich Re, handelt es sich bei dem Buch um eine Antithese zur bewährten Verhaltensmethodik einer Führung, die auf Autopilot eingestellt sei. In seiner Buchvorstellung sprach er von einem optimalen und idealen Buch zum Thema Führung, das aber nicht idealistisch sei. Darin werde Führung als verhaltenslenkender Impuls dargestellt, bei dem ‚Zuhören können‘ als knallharte Voraussetzung für Erfolg beschrieben werde.
Starker Auftritt in der Kommunikationsbranche
Der Schader Stiftung, die sich den Dialog zwischen Gesellschaftswissenschaften und Praxis auf die Fahnen geschrieben hat, ist ein starker Auftritt in der Kommunikationsbranche gelungen. Wie sagte doch gleich zu Beginn Christof Ehrhart: „Würde es diese Stiftung nicht geben, müsste sie glatt erfunden werden.“ Angemerkt sei noch, dass die Studierenden der Hochschule Darmstadt, die bei der inhaltlichen Planung und organisatorischen Durchführung der Tagung tatkräftig geholfen haben, am Ende noch Gelegenheit hatten, mit den Referenten die Themen zu vertiefen. Für sie gab es anschließend noch einen Kaminabend.
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