Nur 24 Prozent der Befragten halten die Arbeit von Kommunikationsberatungen für „sehr vertrauenswürdig“. (Quelle: Mentefactum/GPRA-Befragung März 2020)

Eine Neuigkeit für die Kommunikationsbranche ist es nicht mehr: Bereits im März dieses Jahres hatte die Gesellschaft PR-Agenturen angekündigt, eine Qualitätsoffensive zu starten. Dazu soll die bisherige Qualitätszertifizierung erweitert werden und an den international anerkannten Consultancy Management Standard (CMS lll) angepasst werden. Soweit – so bekannt. Doch welchen Hintergrund diese Entscheidung hatte, hatte die GPRA im März nicht offenbart. Erst jetzt veröffentlichte der Agenturverband Ergebnisse einer selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung. Die Befragung von 152 Unternehmensvertretern durch das Markt- und Meinungsforschungsunternehmen Mentefactum des früheren Emnid-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner hat teils alarmierende Ergebnisse für Agenturen gebracht. So gibt es unter anderem ein erhebliches Vertrauensdefizit. (Zu dem Thema hat die Redaktion auch ein Interview mit GPRA-Chairman Uwe Kohrs geführt.)

Bei der Befragung im Zeitraum von Februar bis März dieses Jahres ging es um die Bewertung der Arbeit und Reputation von Kommunikationsberatern und -agenturen allgemein durch Geschäftsführer und Kommunikationsverantwortliche deutscher Unternehmen. Auch wenn die GPRA der Auftraggeber war, die Ergebnisse beziehen sich nicht allein auf die Mitglieds- oder allgemein PR-Agenturen, sondern auf nicht näher eingegrenzte Kommunikationsberater und -agenturen.

Die Ergebnisse sind aus Sicht der Agenturen durchwachsen bis ernüchternd. Beispielsweise halten nur 24 Prozent der Befragten, die Arbeit von Kommunikationsberatungen für „sehr vertrauenswürdig“. Schlechte Bewertungen gab es für so wichtige Themen wie „Einhaltung ethischer Standards“, „Personalqualität“ und „Innovation“. Ein Drittel der befragten Unternehmensvertreter misstraut externen Beratern und 84 Prozent wünschen sich mehr Transparenz sowie Einheitlichkeit in den Beratungsprozessen.

GPRA Mentefactum Befragung Unternehmensvertreter 03 2020 Chart 2 Defizite

Die Defizit-Liste für externe Kommunikationberater, Angaben in Prozent. (Quelle: Mentefactum/GPRA-Befragung März 2020)

Notwendigkeit des Handelns

Daraus ergibt sich großer Handlungsbedarf für die Agenturlandschaft. Die GPRA will sich dem stellen, in dem sie mit ihren Agenturen einen Beitrag zu mehr Transparenz und Einheitlichkeit in den Beratungsprozessen leisten will. In der Pressemitteilung der GPRA heißt es: „Angesichts der wachsenden Komplexität von Kommunikation sind Vergleichbarkeit und transparente Prozesse wesentliche Voraussetzungen für die Akzeptanz von Beratungsleistungen von Agenturen im gesamten Kommunikationsmarkt.“

Unternehmen fordern Qualitätsstandard von Agenturen

Anders als in der Industrie lässt sich die Qualität geleisteter Arbeit in der Kommunikationsbranche bislang nicht an einem Standard messen. Leistungen wie Ideenentwicklungen, Konzeptionen oder auch kreatives Arbeiten sind nicht objektiv bewertbar. Jede Agentur kann daher Beratungsqualität für sich beanspruchen, ohne dass dies überprüfbar ist.

Der neue Consultancy Management Standard (CMS lll) ist nun das Instrument, auf das die GPRA setzt. Der Agenturverband geht davon aus, dass mit der neuen Zertifizierung die Arbeit von Agenturen evaluierbarer wird und für Unternehmen einfacher zu vergleichen ist. Gleichzeitig dokumentieren zertifizierte Agenturen aus Sicht der GPRA, dass sie den hohen Prozess- und Compliance-Anforderungen der Auftraggeber entsprechen.

Der Standard CMS III

Der CMS III-Standard ist ein Qualitätsmanagementsystem, das vom internationalen Kommunikations-Branchenverband ICCO explizit auf die Ansprüche von Kommunikationsagenturen angepasst wurde. Nach erfolgreichem Zertifizierungsprozess durch unabhängige Auditoren wird den Agenturen anhand des Gütesiegels bescheinigt, dass sie ihre Arbeitsweise in insgesamt acht Prozessbereichen auf ein hohes Qualitätsmanagement ausrichten und den internationalen Vorgaben entsprechen. Die Bereiche umfassen beispielsweise Leistungen der Führung und Kommunikation, Unternehmensentwicklung, Kundenzufriedenheit, New Business und die Durchführung von Projekten und Kampagnen.

GPRA-Mitglieder bis 2023 nach CMS III zertifiziert

Schulz Christiane CEO Edelman Germany 2020In Deutschland wird das CMS III-Gütesiegel exklusiv von der GPRA ausgegeben. „Ich bin sehr stolz, dass wir einen messbaren Qualitätsstandard und damit ein Gütesiegel für unsere Branche auf den Weg bringen konnten. Unsere Mitglieder werden die ersten Agenturen sein, die das CMS III-Zertifikat tragen. Sie sind damit Vorreiter für die gesamte Kommunikationsbranche in Deutschland“, sagt Christiane Schulz (Foto), CEO von Edelman Deutschland und Präsidentin der GPRA.

Zum Selbstverständnis der GPRA gehörte immer schon einer hoher Qualitätsanspruch. Das will der Verband nun auch im Zusammenhang mit der Durchsetzung des CMS III-Standard betonen und hat dessen Kriterien um ethische und ausbildungsbezogene Anforderungen im deutschen Markt erweitert. Schon jetzt kündigte die GPRA an, dass sich die aktuellen Mitgliedsagenturen bis zum Jahr 2023 zertifizieren lassen. Mit FleishmanHillard, Fink & Fuchs, OSK und Heinrich Kommunikation haben bereits vier Agenturen die CMS III-Zertifizierung durchlaufen und das neue GPRA-Gütesiegel erhalten. Die dazu gehörige Urkunde bekamen die Vertreterinnen und Vertreter der Agenturen am 24. September bei einem Managementmeeting der GPRA.

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Foto von links: Peter Heinrich, Alexandra Groß, Hanning Kempe und Michael Kemme mit GPRA-Präsidentin Christiane Schulz.

Weitere Informationen zur CMS III-Zertifizierung und der Studie zur „Bewertung der Arbeit von Kommunikationsberatern und -agenturen“ können in der Geschäftsstelle der GPRA erfragt werden.


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