Agenturen Krise bei Ketchum Pleon hält an – Omnicom PR Group auch in Deutschland?

Die Zeiten bei der Ketchum Pleon GmbH in Deutschland bleiben unruhig – und zeitweise auch undurchsichtig. Nach zahlreichen Abgängen von sehr erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jahren 2017 und 2018, nach dem Führungswechsel von Victoria Wagner zu Sabine Hückmann im Februar 2018 und nach der Schließung des Berliner Büros zum 31. Dezember 2018, will sich einfach keine Ruhe – und damit auch wohl zunächst keine Konsolidierung – einstellen. Wie jetzt aufgrund von Recherchen des „PR-Journals“ bekannt wurde, werden drei Mitglieder aus dem aktuellen Managementboard die Agentur verlassen. Wer sie ersetzen wird, ist bisher in zwei Fällen bekannt.

Verlassen die Ketchum-Agenturgruppe in Deutschland: v.l. Susanne Kochs, Michaela Menken und Nadine Schulz.

Wie das „PR-Journal“ erfuhr werden mit Susanne Kochs, Leiterin des Münchener Standorts, Geschäftsführerin der Ketchum Tochter Emanate und Chief Client Services Officer, Michaela Menken, Leiterin der Ketchum-Standorte Düsseldorf und Bonn sowie Chief Data & Analytics Officer, und Nadine Schulz, General Manager der Ketchum Tochter Brandzeichen und Chief Marketing Officer, drei Board Mitglieder die Ketchum Pleon Gruppe verlassen.

Zwei von ihnen hatten bereits vor der Ankündigung vom 30. November 2018, das Berliner Büro zu schließen, gekündigt. Ein weiteres Boardmitglied kurz danach. Doch der bevorstehende Abgang der drei wurde lange nicht offiziell verkündet – weder Kunden noch Mitarbeitern. Erst am späten Nachmittag des 11. Februar beantwortete die Agenturführung die entsprechenden Fragen des „PR-Journals“ und verkündete die Nachfolgeregelungen auch intern.

Demnach wird Anja Rechtsteiner, die bis Ende 2018 den Berliner Standort von Ketchum Pleon geleitet hatte, künftig die Agentur Brandzeichen führen und an die Stelle von Nadine Schulz treten. Auch in München geht ein neues Team an den Start: Gina Elsholz und Volker Matheis sind dort künftig gemeinsam für die Marken Emanate und Ketchum Pleon verantwortlich. Sie ersetzen somit Susanne Kochs, die bisherige Leiterin des Münchener Standorts. Wer die Nachfolge von Michaela Menken antritt, ist nach Informationen von CEO Sabine Hückmann noch nicht abschließend geklärt: „Für das Thema Research & Analytics sowie für eine langfristige Office-Head-Lösung für unseren Standort Düsseldorf schließen wir gerade die Gespräche ab.“

Zwei Kündigungen bereits im September

Zwei der drei Board-Mitglieder haben bereits im September gekündigt, die dritte im Bunde Anfang Dezember. Zwar ist verständlich, dass eine Agentur bei der Bekanntgabe von Abgängen immer auch unmittelbar eine Nachfolgeregelung präsentieren möchte, doch das lange Schweigen – rund fünf Monate – dürfte bei den verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu weiterer Verunsicherung geführt haben. So ist letztendlich nachvollziehbar, dass sich solche Meldungen trotz Verschwiegenheitsverpflichtung am Ende doch verselbständigen und auch externen Beobachtern nicht mehr verborgen bleibt.

Auf persönliche Ansprache des „PR-Journals“ am 11. Februar dementierten weder Kochs noch Menken und Schulz ihren bevorstehenden Ausstieg und legten Wert auf die Tatsache, dass sie aus freien Stücken gehen. Das verwundert, schließlich sind Kochs und Menken erst im April 2018 ins Board berufen worden. Und Schulz als General Manager von Brandzeichen stand zuletzt weniger im Fokus der Turbulenzen bei Ketchum. Trotz mehrfacher Nachfrage weigerten sich Kochs, Menken und Schulz, die Situation bei Ketchum in Deutschland einzuordnen oder gar zu kommentieren.

CEO Sabine Hückmann sagte: „Die drei Kollegen, die uns verlassen werden, haben ganz unterschiedliche Beweggründe: Susanne Kochs möchte sich beruflich neu orientieren. Michaela Menken plant, sich selbstständig zu machen. Und Nadine Schulz möchte sich neu im Agenturumfeld orientieren. Für jedes der drei Themenfelder haben wir ein neues Setup entwickelt – im Einklang mit unserer nationalen und internationalen Strategie. Dabei setzen wir zum einen auf sehr starke, interne Kollegen – zum anderen auf hochkarätige Hires von extern.“

Zu den feststehenden Nachfolgerinnen und Nachfolgern sagte Hückmann: „Anja Rechtsteiner ist eine ausgewiesene Brand-Expertin. In den vergangenen zwölf Jahren hat sie zahlreiche Markenkampagnen entwickelt und Produkt-Launches begleitet. Wir schätzen ihre Kreativität und den Unternehmergeist, mit dem sie sich ihren Aufgaben widmet. Deshalb war es uns wichtig, ihr Wissen und Können in unserer Agenturgruppe zu halten. Wir freuen uns sehr, dass sie die Aufgabe, künftig unsere Agentur Brandzeichen zu führen, übernommen hat. „Anja passt hervorragend in das Team und zu den Aufgaben von Brandzeichen.“

Gina Elsholz startete ihre Karriere auf Unternehmensseite, bevor sie Anfang 2012 zu Emanate wechselte. Über sie sagte Hückmann: „Gina ist eine hervorragende Markenstrategin und mitreißende Führungspersönlichkeit. Gemeinsam mit ihrem Team wurde sie für zahlreiche Kampagnen ausgezeichnet, zuletzt mit zwei Cannes Lions für den Kunden Burger King.“

Volker Matheis gilt als Experte in internationaler Unternehmens- und Markenkommunikation sowohl im B2B- als auch B2C-Umfeld. Seine Karriere in der Ketchum Gruppe startete vor mehr als zehn Jahren und war zuletzt in verschiedenen leitenden Positionen sowohl bei Emanate als auch bei Ketchum Pleon tätig. Zuvor arbeitete er als Sales Manager auf Unternehmensseite. Hückmann: „Matheis ist ein überaus erfolgreicher Kundenberater sowie Teamworker mit einem großen Netzwerk innerhalb und außerhalb unserer Agenturgruppe. Das schätzen wir sehr an ihm.“

Schwierige Situation für die Ketchum Agenturgruppe

Doch selbst wenn die Neuzugänge einschlagen und Positives bewirken, dürfte die Situation für Ketchum Agenturgruppe in Deutschland mit Ketchum Pleon, Brandzeichen und Emanate schwierig bleiben. Sie belegte in Pfeffers Umsatz- und Mitarbeiter-Ranking der PR-Agenturen für das Jahr 2017 mit einem Umsatz von 46 Millionen Euro und 380 Mitarbeitern den 3. Platz. Im Ranking 2018, das aktuell ermittelt und im kommenden April veröffentlicht wird, dürfte dieser Platz nicht zu halten sein. Nach Schließung des Berliner Büros unterhält Ketchum in Deutschland noch sechs Agenturstandorte in Düsseldorf, Dresden, Frankfurt am Main, Stuttgart, München und Bonn. Die im Zuge der Berichterstattung zur Schließung des Berliner Büros genannte Mitarbeiterzahl von 270 blieb zwar unwidersprochen, dürfte inzwischen jedoch weiter gesunken sein.

Denn die Abgänge – speziell von Führungskräften – dürften weitere Kündigungen nach sich gezogen haben. Gut unterrichtete Kreise gehen davon aus, dass die Gesamtzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland bald unter 200 liegen könnte – in Vergleich zu den offiziellen Zahlen von 2016 eine Halbierung.

Internationaler Blickwinkel

Die Situation für Ketchum scheint auch international schwierig zu sein. Erst am 29. Januar wurde via „Holmes Report“ bekannt, dass in Nordamerika Anfang Januar 15 Stellen gestrichen worden sind. Die Entlassung vor allem von Senior Executives sei Teil einer breit angelegten Umstrukturierung zur Anpassung des Angebots von Ketchum an die Kundenwünsche. Immerhin wurde das in einem offiziellen Statement von Ketchum gegenüber dem „Holmes Report“ bestätigt und ein Bedauern zum Ausdruck gebracht.

In der Gesamtbetrachtung der zur Omnicom Gruppe gehörenden PR-Firmen – unter anderem Ketchum, Porter Novelli, FleishmanHillard – sei aber in 2018 während der ersten drei Quartale (die Zahlen für das 4. Quartal lagen noch nicht vor) ein leichter Aufwärtstrend erkennbar gewesen, schließt der Bericht. 2018 war übrigens auch das erste Jahr unter der Führung von Ketchum CEO Barri Rafferty. Sie steht seit Januar 2018 als erste Frau an der Spitze von Ketchum.

Bündelung der Kräfte?

Apropos Gesamtbetrachtung: Vor Jahresfrist wurde bekannt, dass die weltweit größte Werbeholding WPP die zu ihrem Netzwerk gehörenden PR-Agenturen Cohn & Wolfe und Burson Marsteller zur neuen Kommunikationsagentur Burson Cohn & Wolfe (BCW) fusioniert hat. Nachdem der Merger im Februar auf internationaler Ebene vollzogen wurde, dauerte es noch bis Juli, bis dann auch in Deutschland aus den beiden bis dahin selbständigen Agenturen Burson Cohn & Wolfe wurde.

Wäre eine ähnliche Entwicklung auch für die deutschen PR-Agenturen der Omnicom-Gruppe vorstellbar? Zu diesem Zeitpunkt – das sei ausdrücklich hinzugefügt – ist das reine Spekulation. Aber Ketchum Pleon CEO für Deutschland, Sabine Hückmann, hatte erst im November gegenüber dem „PR-Journal“ erklärt, man wolle künftig stärker als das zuletzt der Fall gewesen sei, auf Kooperationen im gesamten Agenturnetzwerk setzen. Sie sagte damals: „Wir müssen jede Art von Agenturegoismus überwinden und unseren Kunden die bestmögliche Lösung anbieten. Und wenn wir die nicht mit unserer Agenturmarke erbringen können, kann es vielleicht eine andere Agentur aus dem Netzwerk. Gelingt uns dieses Zusammenspiel, halten wir die Kunden bei uns. Das muss das oberste Ziel sein.“ Als Beispiel führte sie seinerzeit den Bereich Public Affairs an. Da diese Leistungen in Berlin nun nicht mehr von Ketchum angeboten werden könnten, müsse es das Ziel sein, diese Kunden oder künftige Anfragen zu diesem Thema zur Schwesteragentur FleishmanHillard zu lenken, die wie Ketchum Pleon auch zum Omnicom-Netzwerk gehört.

Omincom PR Group (OPRG) in Frankreich, Italien, Niederlanden und Spanien

Unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklung bei Ketchum – auch international – liegen hier möglicherweise Anhaltspunkte für eine stärkere Kooperation – oder gar Zusammenlegung der Kräfte – der Omnicom-PR-Agenturen auch in Deutschland. Denn in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Spanien hat der Konzern unter dem Namen Omincom PR Group (OPRG) bereits die Kräfte der Agenturen Ketchum, FleishmanHillard und Porter Novelli gebündelt. Sabine Hückmann wies diese Spekulationen nachdrücklich zurück und sagte: „Wir arbeiten eng und erfolgreich mit unseren Partnern innerhalb der Omnicom-Gruppe im In- und Ausland zusammen. Es gibt in Deutschland keine Pläne für eine Zusammenführung der Ketchum-Gruppe mit anderen Unternehmen der Omnicom-Gruppe.“

Wie es nun konkret mit Ketchum in Deutschland weitergeht, wird die Zukunft zeigen. Als Mitglieder im Board verbleiben aktuell noch: Sabine Hückmann als CEO, Simone Hoch (COO), und Kerstin Steglich (CCO). Oliver Welz als Director Finance ist nicht Mitglied im Board. Vor Kochs, Menken und Schulz hatten im Herbst 2018 bereits Ralf Kuttruff, der Vorgänger von Welz als Finanzchef, und die frühere Personalchefin Beatrice Winkler, Ketchum Pleon verlassen.