Sabine Hückmann

Der Abstieg von Ketchum Pleon geht weiter. Auch die als Nachfolgerin von Victoria Wagner seit Februar 2018 im Amt befindliche neue Chefin der Agentur, Sabine Hückmann, vermochte es offensichtlich nicht, die wirtschaftliche Negativentwicklung aufzuhalten. Jetzt gab die Agenturführung bekannt, dass zum Jahresende 2018 das Berliner Büro geschlossen wird - wenige Wochen vor seinem 20. Geburtstag im Januar 2019. 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren in der Hauptstadt ihren Arbeitsplatz. An den Standorten Düsseldorf, Frankfurt am Main und München müssen weitere Angestellte gehen.

Gegenüber dem „PR-Journal“ äußerte sich Hückmann zur Schließung des Berliner Büros sehr emotional: „Es tut mir in der Seele weh, diese Entscheidung treffen zu müssen. Insbesondere die Trennung von Anja Rechtsteiner tut weh, weil sie - seit sie im April zu uns kam, einen tollen Job gemacht hat.“ Aber natürlich bedauere sie auch alle anderen Abgänge.

Kleinster Standort muss geschlossen werden

In einem offiziellen Statement begründete Ketchum Pleon die Schließung des Berliner Büros mit bereits seit längerer Zeit andauernden wirtschaftlichen Schwierigkeiten: „Wir haben die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Standort Berlin zu schließen. Berlin ist der mit Abstand kleinste Standort unserer Gruppe und befindet sich seit Jahren in deutlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.“ Weiter hieß es, das Team vor Ort habe mit sehr großem Engagement am Turnaround gearbeitet. Dennoch sei aufgrund der Größe des Standortes, der strukturellen Rahmenbedingungen und des in Berlin vorhandenen Kundengeschäfts nicht absehbar, dass der Standort in dieser Form langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein könne.

Den Berliner Standort zu schließen bedeutet für die einst größte deutsche PR-Agentur eine Zäsur. Politische Kommunikation steht damit nicht mehr ganz vorne im Schaufenster. Viel mehr wolle man sich künftig auf die Wachstumsfelder Energy & Industry, Technology, Transportation und Digital Health konzentrieren. Im Bereich der Unternehmens- und Markenkommunikation kämen dann die Spezialdisziplinen Analytics, Digital and Influencer Marketing hinzu.

Weitere „Personalanpassungen“

Das bisher in Berlin vorhandene Kundengeschäft wird auf andere Standorte verlagert. Ziel ist es, damit eine tragfähige und langfristig erfolgreiche Aufstellung der Agentur sicherzustellen. Das schließt weitere Kündigungen ein, an den Standorten Düsseldorf, Frankfurt am Main und München müssen weitere Angestellte gehen. Die genaue Zahl ließ die Agentur nicht verlauten, sie stellte lediglich klar, dass es weniger als zehn sind. In dem Agenturstatement ist in diesem Zusammengang von „Personalanpassungen“ die Rede, die notwendig seien, um der Kundenstruktur gerecht zu werden. Hückmann fügte aber hinzu: „Uns ist bewusst, was diese Entscheidungen für die betroffenen Mitarbeiter bedeuten. Wir unterstützen die Mitarbeiter daher so weit wie möglich.“

„Wie müssen unbedingt wieder Ruhe reinbringen“, erklärte Hückmann mit Blick auf die rund 270 Köpfe, die es für Ketchum Pleon in Deutschland im kommenden Jahr richten sollen. Dabei dürfte die Agenturchefin vor allem an die Flexibilität ihrer Kolleginnen und Kollegen appellieren. Denn die steigende Volatilität und Projektorientierung des Kommunikationsgeschäfts stelle die Agenturen vor große Herausforderungen. Hückmann: „Die Bedürfnisse unserer Kunden verändern sich massiv. Sie brauchen einen Partner, der zum einen die gesamte Palette von Dienstleistungen, die sie von einem globalen Unternehmen erwarten können, bietet, zum anderen aber auch das Profil einer Spezialagentur abbilden kann. Übergeordnete Ziel ist es, Kunden jeder Größe auf lokaler oder globaler Ebene das Richtige zu bieten. Um ihnen zu begegnen, verändern wir unsere Strukturen in Deutschland.“

Executive Board in neuer Zusammensetzung

Der weitere Umbruch bei Ketchum Pleon wird vom Executive Board gesteuert. Mitglieder sind: Sabine Hückmann als CEO sowie Simone Hoch (COO), Susanne Kochs (Chief Client Services Officer), Michaela Menken (Chief Data & Analytics Officer), Oliver Welz (Director Finance), Kerstin Steglich (CCO) und Nadine Schulz (CMO). Nicht mehr dabei sind Ralf Kuttruff, der Vorgänger von Welz als Finanzchef, und die bisherige Personalchefin Beatrice Winkler, die beide Ketchum Pleon verlassen. Ebenfalls von Bord gegangen sind Stephanie Altemöller und Britta Gaffrey, die den Düsseldorfer Standort bis zuletzt geleitet hatten. Diese Aufgabe wird nun zusätzlich von Michaela Menken übernommen.

Mehr Kooperationen unter dem Omnicom-Dach

Um den Turnaround zu schaffen, will Hückmann künftig stärker als das zuletzt der Fall war, auf Kooperationen im gesamten Agenturnetzwerk setzen. „Wir müssen jede Art von Agenturegoismus überwinden und unseren Kunden die bestmögliche Lösung anbieten. Und wenn wir die nicht mit unserer Agenturmarke erbringen können, kann es vielleicht eine andere Agentur aus dem Netzwerk. Gelingt uns dieses Zusammenspiel, halten wir die Kunden bei uns. Das muss das oberste Ziel sein“, erklärte sie. Als Beispiel führte sie den Bereich Public Affairs an. Da diese Leistungen in Berlin nun nicht mehr angeboten werden könnten, müsse es das Ziel sein, diese Kunden oder künftige Anfragen zu diesem Thema zur Schwesteragentur Fleishman-Hillard zu lenken, die wie Ketchum Pleon auch zum Omnicom-Netzwerk gehört.

Unruhige Zeiten seit 2016

Wagner Victoria Popp DirkSeit dem Abschied von CEO Dirk Popp (Foto r.) im Sommer 2016 hat Ketchum Pleon unruhige Zeiten hinter sich. Sowohl unter der Führung von Victoria Wagner (Foto l.), CEO von Juli 2016 bis Januar 2018, als unter Sabine Hückmann, CEO seit Februar 2018, standen Umstrukturierungen und Personalabbau im Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung. Durchaus vorhandene Kundengewinne in dieser Zeit konnten diese Entwicklung nicht aufhalten. Nun bleibt zu hoffen, dass es Hückmann gelingt, die Lage wieder zu beruhigen. Denn immer noch rund 270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen in Diensten der einst größten deutschen PR-Agentur.


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