Storytelling Symposium HannoverKommunikationsexperten, Wissenschaftler und Studierende trafen sich am 26. und 27. Mai zum ersten Storytelling-Symposium an der Hochschule Hannover (HsH) auf der Expo Plaza. An zwei Veranstaltungstagen wurde das Trendthema umfassend beleuchtet. Was braucht eine gute Geschichte? Und was bedeutet Storytelling in der Unternehmenskommunikation, dem Journalismus und im Design? Das Fazit der Tagung: Storytelling ist interdisziplinär und bezieht sich auf jegliche Form der Kommunikation. Die Beschäftigung mit dem Thema umfasst die Makro-, Meso- und Mikro-Ebene. Ein Austausch von unterschiedlicher Perspektiven, akademischer Disziplinen und Anwendung sollte gefördert werden und liefert wertvolle Inspirationen für Wissenschaft und Praxis. Im Anschluss an die Tagung erscheint in Kürze ein Herausgeberband mit den Beiträgen bei Springer Gabler.

Eine gute Geschichte lebt von der Spannung. Eindrucksvoll eröffnete Veit Etzold die Tagung mit spannenden Einblicken in seine Arbeit als Thriller-Autor und konnte die Zuhörer mit einer blutrünstigen Geschichte fesseln – mit Cliffhanger, denn das Ende gibt es nur auf Anfrage. Doch eine gute Geschichte kann nur der erzählen, der sich mit den Archetypen einer Kultur auseinandersetzt. Wer nicht bibelfest ist oder Homer gelesen hat, wird niemals PR können, sagt Klaus Kocks, PR-Berater und Professor für Kommunikationsmanagement an der Fachhochschule Osnabrück, und verweist auf die narrativen Rituale einer Gesellschaft. Florian Krüger, Kommunikationsmanager bei Verivox, beschreibt die Gründe, warum Storytelling zwar als Buzzword in aller Munde ist, aber konkret in der PR-Praxis noch ausbaufähig ist.

Storytelling Symposium BegriffeAusgehend von der Lebensgeschichte einer Organisation als Basisnarration, sind Beziehungsgeschichten wesentlich, die aus verschiedenen Perspektiven beschrieben werden können. Eine systemtheoretische Sicht, die Peter Szyszka, Professor für Organisationskommunikation, Public Relations und Kommunikationsmanagement an HsH, in seinem Vortrag erläuterte. Eine Geschichte kann zwar die wesentlichen inhaltlichen Elemente aufweisen, aber dennoch nicht narrativ getextet sein. Den Aspekt der Sprache stellte Annika Schach, Verwaltungsprofessorin für Angewandte PR an der HsH, mittels einer Analyse der Firmengeschichte der DAX30-Unternehmen vor. Jede gute Geschichte braucht einen Grund erzählt zu werden, zumindest in der Unternehmenskommunikation. Und sie sollte einen Konflikt enthalten, der die Spannung fördert. Viele Unternehmen sind da zurückhaltend oder wollen sich selbst als Helden darstellen.

Petra Sammer von Ketchum Pleon erklärte in ihrem Vortrag beispielhaft, wie Unternehmen als Unterstützer oder „Enabler“ die Lösung eines Problems von Menschen möglich machen können – und somit ihre wesentlichen Werte kommunizieren können. Die Wirkung von Bildern kann eine Geschichte dabei wesentlich beeinflussen. Storytelling als Grundlage des Fotojournalismus, die seit Erfindung der Fotografie verfolgt wird - das Thema von Lars Bauernschmitt, Professor für Fotojournalismus an der HsH. Und selbst, wenn die heutige Kommunikation von Schnelligkeit geprägt ist, kann eines für eine gute Geschichte essentiell sein – langsames Beobachten und Erzählen, das Hans-Jörg Kapp, Professor für Dramaturgie und Regie an der HsH, am Beispiel des Film Boyhood darstellte.

Storytelling und Glaubwürdigkeit – wie geht das zusammen? Dem Aspekt widmete sich Olaf Hoffjann, Professur für Medien und Marketing an der Ostfalia Hochschule, indem er strategische Erzählungen beschreibt, die versuchen durch Elemente wie Spannung und Sympathie Kommunikationsziele zu erreichen.

Die Relevanz von Geschichten für die Produktentwicklung stellte Gunnar Spellmeyer, Professor für Produktdesign an der HsH, eindrucksvoll anhand von kreativen Ideen von Absolventen vor, die aus einem Design plus Geschichte einen großen Verkaufserfolg erzielen konnten. Und auch die Welt der Mode zeigt, wie sich eine Kollektion durch Referenzen auf Musik, Film und Kultur zu einer Designgeschichte erzählen lässt – was Professor Johannes Assig in seinem Abschluss des Tages den Zuhörern am Beispiel des Unternehmens Gucci vermitteln konnte.

Den zweiten Tag eröffneten Professor Dieter Herbst, deutscher Marken- und Kommunikationsexperte, und Thomas Musiolik, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität der Künste Berlin: Wie kann eine Unternehmensgeschichte als persönliche Erfahrung der Bezugsgruppen abgespeichert werden? Kognitionspsychologische Erkenntnisse sind für das Storytelling enorm wichtig.

Narrative Strukturen sind jedoch nicht nur in der emotionalen Markenkommunikation relevant. Selbst klassische deskriptive Bereiche wie die Darstellung von Forscherkarrieren werden durch innovative Darstellungsformen zu Geschichten, wie Ina Blümel, Verwaltungsprofessorin für Informationsmanagement an der HsH, anhand von Linked Open Data zeigte. Auf der Suche nach einer guten Story sind insbesondere Journalisten eigentlich immer.

Untersuchungen zeigen, dass narrative Elemente auch Informationen für das TV-Publikum leichter zugänglich machen, wie Wilfried Köpke, Professor für Journalistik in Hannover, erklärte. Dabei befindet sich der Journalist auf einem schmalen Grat zwischen Fakten und Fantasie. Er muss aber den Pulsschlag der Story emotional vermitteln, so Peter Kunz, Leiter der ZDF-Landesstudios in Hannover.

Kommunikationswissenschaftlerin Silvia Ettl-Huber weist in ihrem Vortrag darauf hin, dass es in Unternehmen verschiedene Stufen gibt – von den mündlichen Geschichten von Mitarbeitern bis zum strategischen Storytelling festgeschrieben im Wesen der Organisation. Der Suche nach Virtualität widmete sich Florian Festl, Chief Content Officer von Seniorbook, und schloss die Veranstaltung mit den sieben wichtigsten Fakten für Social Writing.


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