Studien Studie offenbart Versäumnisse: Coms-Abteilungen brauchen klareres Profil
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Ein Forschungsteam der Universität Leipzig hat die Wahrnehmung und die Positionierung von Kommunikationsabteilungen in deutschen Unternehmen untersucht. Die Ergebnisse werden PR-Professionals zu denken geben: Nur 50 Prozent der Personen im Top-Management und 36 Prozent im mittleren Management sind davon überzeugt, dass die Unternehmenskommunikation ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hilft.
Für die Studie wurden 1.147 Personen aus dem Top- und mittleren Management sowie Mitarbeitende von einem Forscherteam um Professor Ansgar Zerfaß befragt, wie sie die Ziele, Aufgaben und Bedeutung ihrer Kommunikationsabteilung einschätzen. Der geringe Rückhalt im Top-Management und im mittleren Management gibt zu denken. Auch die Ausstattung mit Personal und finanziellen Mitteln werden in Frage gestellt: Fast jede zweite Managerin und jeder zweite Manager bezweifelt, dass die Ressourcen und Budgets für die Kommunikationsabteilung im eigenen Unternehmen gerechtfertigt sind. Daher fordert eine Mehrheit aller Befragten, dass Kommunikationsabteilungen besser erklären müssen, was sie tun und wie sie Wert schaffen.
Wertschätzung nimmt ab
Viele Kommunikationsabteilungen befinden sich derzeit in einer paradoxen Situation. Einerseits wird die interne und externe Unternehmenskommunikation in Zeiten der Digitalisierung und geopolitischer Konflikte immer wichtiger. Andererseits nehmen die Wertschätzung und die verfügbaren Ressourcen für diese Fachabteilungen kaum zu oder sinken sogar. Wie passt das zusammen? Ist dem Top-Management und den anderen Abteilungen überhaupt klar, welche Leistungen die Kommunikationsteams erbringen und wie sie zum Unternehmenserfolg beitragen?
Die neue Studie der Universität Leipzig hat dazu 1.147 Personen aus dem Top-Management (Vorstand, Geschäftsführung), aus der mittleren Führungsebene (Leiterinnen und Leiter von Geschäftsbereichen bzw. Abteilungen) sowie Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung befragt, wie sie die Ziele, Aufgaben und Bedeutung der Kommunikationsabteilung im eigenen Unternehmen einschätzen: „Die Ergebnisse zeigen, dass Kommunikationsprofis zwar allgemein ein hohes Ansehen genießen. Aber man schätzt sie überwiegend als Träger operativer Funktionen, weniger aufgrund ihrer strategischen Aufgaben“, sagt Professor Ansgar Zerfaß vom Lehrstuhl für Strategische Kommunikation.
Sechs wesentliche Erkenntnisse der Studie:
- Das Ansehen und die Leistungen der Kommunikationsabteilung sind nur beim Top-Management gut.
87 Prozent der befragten Top-Managerinnen und Manager zeigen sich zufrieden mit der eigenen Unternehmenskommunikation und 97 Prozent bescheinigen der zuständigen Kommunikationsabteilung ein hohes Ansehen – ein sehr positives Ergebnis, auf dem man aufbauen kann. Im mittleren Management und bei den Mitarbeitenden sinken die Zustimmungswerte jedoch: Hier sind nur noch 60 Prozent beziehungsweise 51 Prozent mit der Kommunikationsarbeit zufrieden. Ähnliches gilt, wenn man Wettbewerber als Vergleichsmaßstab ins Spiel bringt: Nur im Top-Management sind drei von vier Befragten überzeugt, dass die eigene Unternehmenskommunikation besser ist als die der Konkurrenz. Auf den anderen Hierarchieebenen ist es nicht einmal jede beziehungsweise jeder Zweite. - Viele im Unternehmen sind nicht mit den Aufgaben und Zielen der Kommunikationsabteilung vertraut.
Kommunikatorinnen und Kommunikatoren werden auf allen Ebenen vor allem aufgrund ihrer operativen Aufgaben wahrgenommen. Die meisten Befragten glauben, dass sie Inhalte erstellen, Kampagnen umsetzen und Veranstaltungen organisieren, die öffentliche Meinung beobachten und für Sprachregelungen beziehungsweise Corporate Design-Richtlinien zuständig sind. Von der Vielzahl strategisch relevanter Aufgaben wird am häufigsten das Reputations- und Markenmanagement genannt. Dennoch sehen nur 60 Prozent der Top-Managerinnen und Manager diese Aufgabe bei der Kommunikationsabteilung. Die Ziele der Kommunikationseinheiten kennen auf der obersten Ebene 80 Prozent der Befragten. Im mittleren Management sind es aber nur noch 58 Prozent und bei den Mitarbeitenden lediglich 40 Prozent. Diese Wissenslücke zu schließen, kann zu mehr Akzeptanz im Unternehmen führen. - Die Zielerreichung von Managerinnen und Managern sowie Mitarbeitenden im Unternehmen wird nur unzureichend unterstützt.
Alarmierend sind die Aussagen zur Relevanz professioneller Kommunikationsarbeit. Nur jede zweite Person im Top-Management (50 %) und rund jede dritte Person im mittleren Management (36 %) beziehungsweise Mitarbeitende (30%) gibt an, dass die Kommunikationsabteilung sie bei der Erfüllung der eigenen Aufgaben unterstützt. Entsprechend kritisch sind die Befragten, wenn es um den personellen und finanziellen Aufwand für die Kommunikation geht: Nur 53 Prozent der Personen im Top-Management, 59 Prozent im mittleren Management und 40 Prozent der Mitarbeitenden sagen, dass diese Ressourcen gerechtfertigt sind. Das erklärt, warum Kommunikationsabteilungen im internen Kampf um Mittel oft leer ausgehen, obwohl die Bedeutung der Unternehmenskommunikation gerade in Krisenzeiten steigt. - Nur jede beziehungsweise jeder Zweite sieht die Kommunikationsabteilung als kompetent an.
Eine hohe Kompetenz schreiben der Kommunikationsabteilung lediglich 57 Prozent der Personen im Top-Management, 54 Prozent im mittleren Management und 52 Prozent der Mitarbeitenden zu. Das könnte erklären, warum die Kommunikationsabteilung bei wichtigen Dingen oft nicht gefragt wird. Nur jede zweite Top-Managerin und jeder zweite Top-Manager weist der Kommunikationsabteilung im eigenen Unternehmen eine beratende Funktion bei strategischen Entscheidungen zu. Und nur zwei von drei sagen, dass es zu den Aufgaben der Kommunikatorinnen und Kommunikatoren gehört, sie als Vorstand oder Geschäftsführung bei der eigenen Kommunikation zu unterstützen oder zu coachen. Damit wird das häufig anzutreffende Selbstbild von Kommunikationsprofis als Berater und Coaches in Frage gestellt. - Je enger der Kontakt zur Kommunikationsabteilung, desto besser die Bewertungen.
Die Studie belegt: Je häufiger die Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen mit der Kommunikationsabteilung im Kontakt stehen, desto besser wissen sie über deren Zuständigkeiten, Aufgaben und Ziele Bescheid. Dann werden auch Ansehen, Einfluss und Kompetenzen positiver bewertet. Im Umkehrschluss heißt das: Mangelndes Wissen über die Arbeit der Kommunikationsabteilung wirkt sich negativ auf deren Ansehen und deren Positionierung im Unternehmen aus. Noch ein zweiter Zusammenhang konnte statistisch belegt werden: Wenn andere im Unternehmen die Kommunikation als wesentlichen Erfolgsfaktor für die Organisation ansehen, dann finden sie auch den Aufwand für die Kommunikationsabteilung gerechtfertigt. Insofern kann auch ein besseres Verständnis von Unternehmenskommunikation und ihrem Wertbeitrag die Akzeptanz der zuständigen Teams erhöhen. - Kommunikationsarbeit braucht mehr Profil und interne Überzeugungsarbeit.
„Kommunikatoren benötigen eine überzeugende Mission und eine konsistente Story für ihre Arbeit“, so das Fazit von Professor Ansgar Zerfaß. Kommunikationsverantwortliche sollten im Unternehmen strategisch über ihre Arbeit und Erfolge kommunizieren, um sich zu legitimieren – beispielsweise bei internen Projekten mit anderen Abteilungen, in der Führungskräfte-Weiterbildung und bei Onboarding-Prozessen. „Nur wer gefragt und akzeptiert wird, kann seine Expertise einbringen. Vor allem im Verhältnis zum mittleren Management gibt es noch viel Potenzial. Das sind die Top-Entscheider von morgen.“
Studienbericht zum Download
Der Studienbericht enthält weitere Details zur quantitativen Befragung sowie Erkenntnisse aus zusätzlich durchgeführten qualitativen Interviews mit 32 Kommunikationsleiterinnen und -leitern zur Thematik sowie Schlussfolgerungen für die Praxis. Der Bericht ist in englischer Sprache verfasst und steht hier zum Download zur Verfügung.
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