Studien Studie über die Green Claims Directive Viele Kommunikatoren leben im Tal der Ahnungslosen

Die EU regelt, welche Spielräume Unternehmen in ihrer Umweltkommunikation haben und kaum einer weiß es. Eine aktuelle Studie zur neuen Green Claims Directive bringt zutage, dass man hierzulande in der Kommunikation noch im Tal der Ahnungslosen lebt und nur unzureichend über das bereits bestehende EU-Gesetz informiert ist. Ein Drittel der Befragten glaubt, dass die Richtlinie Regularien für aktiven Umweltschutz umfasst.

Professor Christopher Morasch ist der Studienautor. (Foto: W-HS Gelsenkirchen)

Eine Untersuchung von Simon Hagedorn und Professor Christopher Morasch vom Institut für Journalismus und Public Relations im Februar 2024 kommt zu dem Ergebnis, dass nur gut 25 Prozent von insgesamt 31 untersuchten Umweltaussagen konform mit der neuen Gesetzesvorlage für nachhaltige Kommunikation sind.

Green Claims Directive kaum bekannt

Die Ergebnisse einer weiteren Umfrage, die zwischen dem 8. Februar und dem 11. April 2024 durchgeführt wurde, zeigen, dass die Green Claims Directive nur bei gut der Hälfte der Befragten bekannt ist und inhaltlich oft nicht einmal mit dem Thema Greenwashing verknüpft wird, sondern lediglich allgemeinen Themen wie „Umweltschutz“ oder der „Reduzierung der Kohlendioxidemissionen“ zugeordnet wird.

Von den Kommunikatoren, die angeben, die Green Claims Directive zu kennen, verstehen nur knapp 43 Prozent richtig, dass es sich um eine Regulierung gegen Greenwashing und irreführende Kommunikation handelt.

Wenig Know-how

Bei der Beurteilung, ob ein Claim konform mit der Green Claims Directive ist, zeigt sich eine erhebliche Unsicherheit unter den Befragten. Lediglich gut 20 Prozent der angegebenen Claims werden korrekt als nicht konform zur Richtlinie eingeschätzt. Dabei schneiden Agenturen insgesamt etwas besser ab als die Kommunikationsabteilungen. Interessanterweise sind die Kommunikationsabteilungen aber den Agenturen in der Anpassung an die neuen Regularien voraus und übertreffen diese in allen Dimensionen.

In Anbetracht der Tatsache, dass die EU-Mitgliedsstaaten von nun an nur noch gut 18 Monate haben, die neue Regulierung in nationalen Gesetze zu übersetzen, wird es Zeit sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Idee der Green Claims Directive

Die Green Claims Directive (GCD) ist eine Regulierung der Europäischen Union mit dem Ziel, falsche oder irreführende Werbung zu verhindern, die den ökologischen Wandel behindern könnte. Die Idee dahinter: Unternehmen dürfen nur dann kommerzielle Vorteile aus der Verwendung umweltfreundlicher Behauptungen ziehen, wenn diese überprüft und bestätigt wurden. Ausnahmen soll es nur für Kleinstunternehmen geben. Hintergrund der GCD war eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2020 nach der 53 Prozent der untersuchten Umweltaussagen (Green Claims) vage, irreführend und nicht mit ausreichend Informationen versehen waren, um die Aussagen auf Richtigkeit beurteilen zu können. 40 Prozent der Umweltaussagen waren sogar völlig unbegründet.

Am 17. Januar 2024 hat das EU-Parlament die neue Regulierung verabschiedet und am 20. Februar 2024 wurde die GCD vom Europäischen Rat bestätigt (Tarradellas Espuny, 2024). Die Uhr tickt also. (European Parliament, 2024).

Handlungsempfehlung zur besseren Aufklärung

Basierend auf den Ergebnissen der Studie und der Relevanz der Green Claims Directive leitet Professor Morasch mehrere Handlungsempfehlungen für die EU ab:

  • Gezielte Aufklärungskampagnen starten: Da nur gut 52 Prozent der befragten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren die Green Claims Directive kennen, sollte die EU umfassende Informations- und Aufklärungskampagnen durchführen. Diese Kampagnen sollten klar definieren, was die Green Claims Directive ist, welche Ziele sie verfolgt und welche konkreten Anforderungen sie stellt. Dabei könnten insbesondere Online-Plattformen und Branchenmedien genutzt werden, um eine breite Zielgruppe zu erreichen.
  • Schulungen und Workshops anbieten: Um die Unsicherheiten bei der Einschätzung der Konformität von Claims zu reduzieren, sollte die EU Schulungen und Workshops für Kommunikationsfachleute anbieten. Diese sollten praxisorientiert sein und konkrete Beispiele für konforme und nicht konforme Claims behandeln. Solche Schulungen könnten sowohl online als auch offline stattfinden, um eine möglichst hohe Teilnahme zu gewährleisten.
  • Ressourcen und Tools bereitstellen: Die EU könnte Online-Tools und Ressourcen entwickeln, die den Kommunikatoren dabei helfen, ihre Claims auf Konformität mit der Green Claims Directive zu überprüfen. Ein interaktives Tool, das Schritt für Schritt durch die Anforderungen führt, könnte Unsicherheiten abbauen und die Einhaltung der Richtlinie erleichtern.
  • Engere Zusammenarbeit mit Kommunikationsabteilungen und Agenturen: Die Studie zeigt, dass Kommunikationsabteilungen bei der Anpassung an die neuen Regularien den Agenturen voraus sind. Die EU könnte daher gezielt Partnerschaften mit führenden Kommunikationsabteilungen eingehen, um Best Practices zu identifizieren und zu verbreiten. Diese könnten dann als Vorbilder für andere Organisationen dienen.
  • Stärkere Fokussierung auf Greenwashing-Aufklärung: Da viele Kommunikatoren die Green Claims Directive fälschlicherweise mit allgemeinen Umweltschutzmaßnahmen in Verbindung bringen, sollte die EU ihre Kommunikationsmaßnahmen stärker auf die spezifische Thematik des Greenwashings fokussieren. Klarheit über die Unterschiede zwischen Greenwashing und echtem Umweltschutz ist entscheidend, um die Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten.
  • Kontinuierliche Evaluierung und Feedback-Schleifen: Die EU sollte die Umsetzung und Wirksamkeit ihrer Maßnahmen kontinuierlich evaluieren und Feedback von Kommunikationsfachleuten einholen. Regelmäßige Befragungen und Feedback-Runden könnten dabei helfen, aktuelle Herausforderungen zu identifizieren und die Maßnahmen entsprechend anzupassen.

Nach Meinung von Professor Morasch kann durch die Umsetzung dieser Handlungsempfehlungen die EU dazu beitragen, die Bekanntheit und das Verständnis der Green Claims Directive zu erhöhen und somit die Einhaltung der Richtlinie zu verbessern.

Stahlhofen Sebastian Gf Talk OnlineÜber die Studie: Die Umfrage wurde zwischen dem 8. Februar und dem 11. April 2024 über das Talk Online Panel von Sebastian Stahlhofen (Foto © Talk) und mit Leserinnen und Lesern des PR-JOURNALS durchgeführt. Studienautor ist Christopher Morasch, Professor für Public Relations an der Westfälischen Hochschule. Er ist zusätzlich Gründer und Geschäftsführer der digitell.me GmbH, eines auf Onlineumfragen ausgerichtetes Software-Unternehmens. Das vollständige Whitepaper zur Studie kann kostenlos per E-Mail an die digitell.me GmbH bestellt werden.

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