Universität Hohenheim analysiert CEO-Reden der DAX-40-Unternehmen

Das Top-Management im Verständlichkeits-Check: Die Universität Hohenheim, Stuttgart, hat CEO-Reden der DAX-40-Unternehmen analysiert und stellt eine im Vergleich zum Vorjahr leicht sinkende Verständlichkeit fest. Das Team um Prof. Dr. Frank Brettschneider untersucht bereits seit 2012, wie verständlich die Vorstandsvorsitzenden der DAX-30- bzw. DAX-40-Unternehmen auf den Hauptversammlungen ihrer Unternehmen sprechen. Continental-Chef Nikolai Setzer glänzt mit Top-Verständlichkeitswerten.  

Überlange Sätze, Fachbegriffe, Fremdwörter u.v.m. werden mithilfe einer Analyse-Software ermittelt. Der daraus errechnete Hohenheimer Verständlichkeitsindex rangiert von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich). Mit 20,0 Punkten hielt Nikolai Setzer (Continental) die formal verständlichste Rede. Auf Platz 2 (19,8 Punkte) folgt der Vorstandsvorsitzende der Telekom, Timotheus Höttges und auf dem dritten Platz (18,8 Punkte) befindet sich Dr. Theodor Weimer, CEO der Deutschen Börse. 

Im Schnitt erreichen die Reden einen Verständlichkeits-Wert von 14,3 Punkten. Das sind 0,6 Punkte weniger als im letzten Jahr (14,9), aber stolze 4,5 Punkte mehr als noch vor 10 Jahren (9,8). Fünf Reden haben mehr als 18 Punkte erreicht. Nur drei Reden liegen unter zehn Punkten. Fast alle „Neulinge“ im Vergleich zu 2021 landen in der unteren Hälfte der Verständlichkeits-Rangfolge. Den letzten Platz teilen sich mit jeweils 7,1 Punkten Dominik S. Richter von HelloFresh und Hans Dieter Pötsch von Porsche SE. Insgesamt sind die Reden der neu in das Ranking aufgenommenen Vorstandsvorsitzenden mit 11,3 Punkten deutlich unverständlicher als die Reden der Routiniers, die auf 15,6 Punkte kommen.

Automobil-Branche erneut mit deutlichem Verständlichkeits-Plus

Im Vergleich zu 2021 setzt sich ein Trend fort: „Im letzten Jahr hatten wir bei den drei Automobil-Herstellern VW, Daimler und BMW wesentlich verständlichere Reden als in den Jahren zuvor. Früher wurden ungünstige Botschaften – etwa rund um den Diesel-Skandal – in unverständliche Schachtelsätze gepackt. 2021 versuchten die CEOs, mit positiven Botschaften rund um die Elektromobilität wieder in die Offensive zu kommen. Und diese Botschaften formulierten sie deutlich verständlicher. Dieser Trend hat sich – außer bei BMW – auch 2022 fortgesetzt“, erläutert Brettschneider. Die Vorstandsvorsitzenden nutzten die Hauptversammlung für Reden, die auch für eine breitere Öffentlichkeit verständlich seien. Für den Auf- und Ausbau von Reputation sei dies sinnvoll. 

Bandwurmsätze und Wortungetüme werden seltener

Die Vorstandsvorsitzenden greifen immer seltener auf komplizierte Fachausdrücke zurück, die höchstens die Fachleute im Publikum verstehen. Vor allem Anglizismen und Ausdrücke wie „Digital Car Tech Stack“ (Zipse, BMW), „ready-to-eat-Angebot“ (Richter, HelloFresh) und „cross-domain-HPC” (Setzer, Continental) kommen inzwischen insgesamt vergleichsweise selten vor – zudem fällt auf, dass die Vortragenden immer häufiger schwierige Begriffe erklären.

Die formale Verständlichkeit sei zwar nicht das einzige Kriterium für eine gelungene Rede, vor allem der Inhalt und auch der Aufbau oder der Vortragsstil seien entscheidend. Dennoch rät Brettschneider Vortragenden, nicht zu vergessen: „Formal verständliche Botschaften werden von den Zuhörenden besser verstanden und erinnert. Und verständliche Botschaften genießen mehr 

Über die Studie 

Die Kommunikationswissenschaftler der Uni Hohenheim berechnen den Hohenheimer Verständlichkeitsindex mit Hilfe der Verständlichkeits-Software TextLab, entwickelt von der Ulmer Agentur H&H CommunicationLab und der Universität Hohenheim. Sie berechnet verschiedene Lesbarkeitsformeln sowie Textfaktoren, die für die Verständlichkeit relevant sind (z. B. Satzlängen, Wortlängen, Schachtelsätze und den Anteil abstrakter Wörter). Aus diesen Werten setzt sich Index zusammen und bildet die Verständlichkeit von Texten auf einer Skala von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich) ab. Zum Vergleich: Doktorarbeiten in Politikwissenschaft haben eine durchschnittliche Verständlichkeit von 4,3 Punkten. Hörfunk-Nachrichten kommen im Schnitt auf 16,4 Punkte, Politikbeiträge überregionaler Zeitungen wie „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Welt“ oder „Süddeutsche Zeitung“ kommen auf Werte zwischen 11 und 14.

 


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