Studien Wissensbedarf in Krisenzeiten: Öffentlichkeitsarbeit eine der wichtigsten Informationsquellen
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- von Stefan Matysiak, Göttingen
Die Öffentlichkeitsarbeit der Pressestellen von Behörden und Forschungseinrichtungen war in der Hochphase der Corona-Krise die zweitwichtigste Informationsquelle der Bevölkerung. Das ergibt sich aus einer Studie von Kommunikationswissenschaftlern der Universitäten Mainz und Düsseldorf. Die Forscher hatten vom 24. bis 26. März im Wege einer repräsentativen Online-Umfrage gut 2.000 Menschen danach gefragt, wie häufig und aus welchen Quellen sie aktuelle Informationen über das Corona-Virus bekommen hatten. Das am häufigsten genutzte Medium war der öffentlich-rechtliche Rundfunk (inkl. Online-Angebot), den zwei Drittel der Befragten täglich nutzten. Bereits auf Platz 2 der wichtigsten Angebote rangierten die Informationen von Behörden und Forschungseinrichtungen, deren Webseiten oder Social-Media-Auftritte von 57 Prozent der Befragten besucht wurden.
Beinahe ebenso wichtige Informationsquellen waren das persönliche Gespräch (55 Prozent) und Kontakte in sozialen Netzwerken (54 Prozent). Die PR-Arbeit der Pressestellen von Behörden und Forschungseinrichtungen war damit relevanter als die digitalen und analogen Angebote der Regional- und Lokalzeitungen (44 %) sowie der überregionalen Tageszeitungen („FAZ“, „Süddeutsche Zeitung“ etc.) und der politischen Wochenzeitschriften („Spiegel“, „Stern“ etc.) mit 34 Prozent.
Vor allem die recht geringe Bedeutung von Qualitätsmedien wie „SZ“, „FAZ“ oder „Spiegel“ überrascht. Da sie über eigene Wissenschaftsredaktionen verfügen, waren sie bislang ein wesentlicher Pfeiler der journalistischen Gesundheitsberichterstattung gewesen. Diese publizistische Funktion haben in der ersten Hochphase zu einem Teil die Pressestellen von Behörden und Forschungseinrichtungen übernommen.
Indem die PR von Behörden und Forschungseinrichtungen zur zweitwichtigsten Informationsquelle wurde, stellte sie die Wissenschafts- bzw. Gesundheitsberichterstattung der Qualitätsmedien weit in den Schatten. Damit wurde zugleich die unmittelbare Kommunikation von Pressestellen und Öffentlichkeit deutlich wichtiger als die mittelbare Kommunikation über die Medien.
Hintergrundinformationen Domäne der PR
Als Domäne der Pressestellen erwies sich insbesondere die Hintergrundberichterstattung, wie eine Studie der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung ergab. Ein Ergebnis: Wenn die Befragten auf die Suche nach Hintergrundinformationen gingen, besuchten sie das Informationsangebot von Pressestellen wie der des Robert-Koch-Instituts, des Bundegesundheitsministeriums oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung am häufigsten (47 %). (siehe folgende Abbildung)
Die Grafik weist aus, wo sich Menschen Hintergrundinformationen zur Corona-Pandemie besorgten. (Grafik: Matysiak; Daten nach Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung 2020, S. 2 (2020))
Auf Rang zwei folgte das Angebot der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender (44 %). Die Corona-Informationen der Nachrichtenmagazine und das Online-Angebot etablierter Medien erreichten jeweils 37 Prozent der Bevölkerung. Die fünfthäufigste Informationsquelle waren nach dieser Untersuchung gemeinsam die TV-Nachrichtensender und Podcasts (jeweils 36 %). Die sogenannten Qualitätsmedien spielten auch nach dieser Umfrage keine primäre Rolle.
Die Daten zeigen, dass die Public Relations der Pressestellen in der Hochphase der Pandemie bei der Verbreitung tiefer reichenden Wissens den wichtigsten Beitrag leisteten.
Public Relations gilt als vertrauenswürdig
Die Stärke der Pressestellen bestätigte sich, als die Bevölkerung während der Hochphase der Coronapandemie gefragt wurde, welchen Informationsquellen sie vertraut. In einer Studie der Uni Erfurt schnitten die Pressestellen auch hier am besten ab. (Abbildung 3) Auf einer siebenstufigen Skala von 1 (sehr wenig Vertrauen) bis 7 (sehr viel Vertrauen) erreichten die Webseiten von Bundesgesundheitsministerium, Robert-Koch-Institut oder Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit 5,42 den mit Abstand höchsten Wert.
Diese Grafik zeigt, welchen Informationsquellen die Menschen vertrauen. (Grafik: Matysiak; Daten nach Betsch 2020)
Stark gewachsenes Informationsbedürfnis
Insgesamt hat die Corona-Pandemie zu einer starken Nutzung von Medien geführt. Während der Hochphase des Geschehens, von Mitte März bis Mitte April, informierten sich drei Viertel der Deutschen häufig über die Pandemie.
Gegenüber den Vor-Corona-Zeiten ist ein gewachsener Informationshunger festzustellen. 41 Prozent der Bevölkerung informierte sich angesichts der Bedrohung in den Medien „etwas häufiger“ als zuvor, bei 38 Prozent war es sogar „sehr viel häufiger“.
Beim Robert-Koch-Institut, während der Corona-Pandemie der Hotspot der Informationsvermittlung, vervielfachten sich Klickzahlen. Anfang Februar besuchten nach Angaben der RKI-Pressestelle täglich durchschnittlich 30.000 Personen die Internetseiten. Seit März stiegen die Zahlen deutlich an und erreichten am 16. März einen Höhepunkt von etwa 1,7 Millionen Besuchern. Im Mai gingen die Zahlen auf etwa 250.000 Visits am Tag zurück. Der überwiegende Teil dieses Besucherzuwachses – gut 98 Prozent – ging auf das Bedürfnis nach Corona-Informationen zurück.
Über den Autor: Dr. Stefan Matysiak ist Kommunikationswissenschaftler, Journalist und Dozent für Journalismus und PR. Er betreibt in Göttingen das Institut für Presseforschung und fertigt medienwissenschaftliche oder medienwirtschaftliche Studien. Das „PR-Journal“ bedankt sich bei Stefan Matysiak für die Bereitstellung des Beitrags.
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