Autorinnenbeitrag: Wie PR vegane Food-Brands erfolgreich macht

Eine ganze Branche muss sich kommunikativ neu erfinden: Raus aus der Nische, rein in den Mainstream. Doch wie lassen sich Veggie-Alternativen einer möglichst breiten Zielgruppe schmackhaft machen? Wie gelingt es, am Point of Sale Einkaufsgewohnheiten zu durchbrechen und zum Kauf veganer Angebote zu animieren. Antworten auf diese Fragen gibt Katrin Kasper, die seit zehn Jahren überwiegend PR für vegane Marken macht.

Vorbei die Zeiten, als vegane Food-Brands müde belächelt – und ihre Kunden als weltfremde Revoluzzer geschmäht wurden. Wer heute etwas auf sich hält, trinkt seinen Latte mit Hafermilch, legt beim Grillen die Veggie-Wurst auf und bestellt im Restaurant veganen Wein. Jedenfalls, wenn man in Berlin, Hamburg oder München wohnt, über ein überdurchschnittliches Einkommen und höhere Bildung verfügt – rein statistisch gesehen. Fest steht: Der Veganvirus hat seinen Siegeszug durch den Mainstream angetreten. Nicht immer, aber immer öfter, lautet für viele Konsumenten die Devise. Man muss ja nicht gleich auf alles verzichten, aber warum nicht ab und zu mal was Neues probieren? Das gute Gewissen gibt’s gratis oben drauf – und Anerkennung aus der Peer Group.

Schon über die Hälfte der Deutschen zählt sich laut Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur stetig wachsenden Gruppe der so genannten Flexitarier: Sie wollen den Konsum von Tierprodukten bewusst reduzieren, aber nicht komplett aufgeben. Befeuert wird der Trend von den vielen Alternativen zu Tierprodukten, die derzeit auf den Markt drängen: Thunfisch auf Sojabasis, Camembert aus Cashews, Bratwurst aus Erbsenprotein, Joghurt- und Milchersatz aus Hanf, Mandeln, Lupinen und Nüssen – die Innovationen kommen im Wochentakt. Dahinter steckt längst nicht mehr nur eine Handvoll idealistischer Pioniere: Immer mehr Start-ups mischen mit, oft gepimpt mit Millionen von Venture Capital. Denn vor dem Hintergrund der Klimakrise haben auch Investoren den Trend zu einer langfristigen Ernährungswende erkannt und schichten ihre Portfolios um in Richtung Plant-based.

Old Economy versus Newcomer

Auch die Old Economy ist aufgewacht und will ein Stück abhaben vom Kuchen: Tönnies und die PHW-Gruppe mit Marken wie Wiesenhof und Bruzzler expandieren im Veggiemarkt, Rügenwalder Mühle verkauft sogar schon mehr vegane und vegetarische Produkte als Fleisch und Wurst. Auch Deutschlands größte Molkerei, das Deutsche Milchkontor mit Marken wie Milram und Oldenburger, baut ihr veganes Sortiment immer weiter aus. Die Großkonzerne verfügen über etablierte Strukturen, starke Lobbys, bekannte Marken – und das nötige Kleingeld für professionelle Kommunikation. Ein riesiger Wettbewerbsvorteil, der die Newcomer chancenlos lässt? Nicht unbedingt.

Neben dem Preis ist das Marken- und das Unternehmensimage das wichtigste Differenzierungsmerkmal. Dabei spielt klassische PR eine große Rolle, denn sie ist essenziell für die Corporate Story. Zudem haben wir es mit äußerst erklärungsbedürftigen Produkten zu tun: Vielen Menschen leuchtet es nicht ein, warum sie statt des Billigschnitzels aus dem Supermarkt einen womöglich dreimal so teuren „Ersatz“ aus Soja kaufen sollten – der womöglich auch noch anders schmeckt als das Gewohnte. Hier ist Storytelling gefragt, und genau dabei sind vegane Marken deutlich im Vorteil.

Authentizität ist Gold

Ein Unternehmen, dessen Dasein darin begründet ist, die Umwelt, die Tiere und die menschliche Gesundheit zu schützen, hat per se einen höheren Zweck – einen Purpose. Und genau diese Authentizität ist Gold wert in der Kommunikation. Gelingt es, sie erfolgreich rüberzubringen, sind Kunden auch bereit, höhere Preise zu zahlen oder Einbußen beim Geschmack in Kauf zu nehmen. Nachwuchskräfte werden hier gerne anheuern, und Skandale perlen an diesen Unternehmen ab wie Wasser an einer Ente.

Allein, das zu erreichen ist leichter gesagt als getan. Denn die Aufgabe ist nicht unheikel: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, er lässt sich nur ungern von seiner Einkaufsroutine abbringen. Veränderungen kosten Zeit und Energie – und ewig lockt das Schnitzel zu Schnäppchenpreisen und mit allen Finessen der Werbekunst, eingespurt über Jahrzehnte der Old Economy. Moralpredigten bringen da schlimmstenfalls Trotzreaktionen. Damit Menschen ihren gewohnten Konsum ändern, braucht man starke Marken – und die baut man mit starken Inhalten auf.

Storytelling statt Werbe-Blabla

Gefragt ist eine ehrliche und inklusive Kommunikation: Storytelling statt Werbe-Blabla, humorvoll statt belehrend, unkonventionell statt austauschbar. Und das durchgängig auf allen Kanälen, von der Website über die Pressearbeit bis zum Instagram-Post. Sicher, die eine Lösung für alle gibt es nicht. Doch Hersteller wie der schwedische Hafermilch-Hersteller Oatly, der quasi über Nacht zur It-Marke wurde, machen’s vor: Sie zeigen Haltung – offen, unverblümt, nicht selten provokant. Aber immer mit Charme und Witz, statt mit erhobenem Zeigefinger.

Oatly Berlin Werbemotiv vegane Milch c Oatly

Das Foto zeigt Werbemotive von Oatly, dem schwedischen Hafermilch-Hersteller, der quasi über Nacht zur It-Marke wurde. (© Oatly)

Das Ausweisen des Klima- oder Tierwohl-Impacts beispielsweise zeigt Konsumenten auf, dass sie eine soziale Verantwortung haben – während spielerische Grafiken Leichtigkeit und Spaß vermitteln. Nicht zu unterschätzen ist auch der Wert der Pressearbeit: Je häufiger Medien positiv über die vegane Ernährungsweise berichten, desto normaler wird sie in unserer Wahrnehmung. Wir Menschen sind soziale Wesen und machen gerne, was andere machen. Und wenn Dritte uns vegane Produkte empfehlen, ist das wesentlich glaubwürdiger als jede Werbung. Das gleiche gilt für authentische Influencer, die zur Marke passen – auf Performance schielende Plattform-Kampagnen und stumpfe Rabattcode-Schlachten hingegen verwässern die Markenidentität.

Authentische Hersteller können so auch ohne Riesenbudget kommunikativ überzeugen – und sich gegenüber Trittbrettfahrern behaupten. Denn bei vielen von ihnen klafft eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Edeka beispielsweise brachte vor einem Jahr sein Vegan-Sortiment „Vehappy“ in die Regale – und erhielt wenige Monate später von Greenpeace die „Goldene Kotzwurst“ verliehen: für besondere Unverdienste beim Tier- und Klimaschutz.

Über die Autorin: Katrin Kasper macht seit 25 Jahren PR – die letzten zehn Jahre überwiegend für vegane Marken wie Oatly, Biovegan, iChoc und SoFine. Ihre Karriere begann die studierte Politikwissenschaftlerin bei Ericsson in Düsseldorf, anschließend ging sie als Projektmanagerin für Kellogg zur Webagentur Artundweise in Bremen. 2001 gründete sie ihre Agentur Kasper Kommunikation in Hamburg. Sie unterstützt Unternehmen mit Pressearbeit, Content Marketing und Influencer Relations.

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Personalien

Michael Schattenmann folgt auf Stefan Caspari

Michael SchattenmannMichael Schattenmann (49) wird zum 1. Juni 2024 neuer Leiter der Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bei der Andreas Stihl AG & Co. KG in Waiblingen. Er übernimmt die Position von Stefan Caspari (61), der den Bereich über zwei Jahrzehnte geleitet hat und nun die passive Phase seiner Altersteilzeit antritt. Er berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden Michael Traub.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Von wegen Mittelmaß! Deutsche Marken im Siegermodus

Top 10 Grafik mit UnternehmenslogosAlle deutschen Top 10 Marken sind zweistellige Markenmilliardäre und bringen zusammen über 350 Milliarden Markenwert auf die Waage. Das schafft mit weitem Abstand kein anderes Land in Europa. Das geht aus dem aktuellen „Brand Finance Report“ 2024 hervor. Interessant: Die Händlermarken Lidl (9) und Aldi Süd (10) sind nun beide in den Top 10, da Aldi Süd den Vorjahreszehnten adidas überholt hat.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neues Intensivtraining

Karen HoffmannDie Deutsche Akademie für Public Relations dapr, Düsseldorf, startet ihr neues Intensivtraining Corporate Community Manager am 18. September 2024. Ab sofort können sich Interessierte dazu anmelden. Im dreitägigen Seminar lernen Mitarbeitende und Führungskräfte aus Kommunikation, Marketing, PR, HR sowie Change-Management, wie sie interne Gemeinschaften aufbauen und managen.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Das Königshaus und seine PR

Kate, Prinzessin von WalesEine Frau, eine Parkbank, eine Botschaft. In der vergangenen Woche machte die Prinzessin von Wales persönlich in einem Video ihre Krebskrankheit öffentlich. Auch das ist Public Relations. „Kate hat Krebs“ – diese Alliteration zieht sich seither durch die Berichterstattung. Beiläufig wird darüber diskutiert, ob das Königshaus mit guter oder schlechter PR glänzte, worüber sich streiten lässt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Auszeichnung für zwei Gewinnerinnen

Caroline Siegel, Lina Blenninger und Günter BenteleLina Blenninger und Caroline Siegel sind die Gewinnerin des Günter-Thiele-Preises 2024 und werden mit dem gleichnamigen Forschungsstipendium 2024 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 12. April 2024 im Rahmen der Veranstaltung „Refresh“ des Lehrbereichs Communication Management an der Universität Leipzig statt. Der Jury-Vorsitzende ist Professor Günter Bentele.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.