Vor-Sondierungen? Wie Du wollen.

Wie machen sich Habeck, Laschet, Baerbock, Scholz und Co. rhetorisch? Unser Sprach-Optimist Murtaza Akbar (Foto) widmet sich dafür seinem Kerngeschäft der Wortwahl, Kommunikation und Rhetorik – und hat deshalb nicht nur die Bundestagswahl verfolgt, sondern vor allem die Vor-Sondierungen danach oder sind es doch schon Nach-Sondierungen vor den Verhandlungen. Klingt verworren. Deshalb ist es Zeit, das mal sauber zu entwirren, damit der Kanzler an den Start gehen kann. Wer das sein könnte, wer von den Politikern wie ein Lehrer spricht und warum die Kolumne mit einer Tankstelle losgeht, das erfahren Sie hier und jetzt.

Von Murtaza Akbar, Neu-Isenburg

Ich wollte hier eigentlich direkt mit Vor-Sondierungen starten, aber davor muss ich Ihnen unbedingt kurz erzählen, was mir an einer Tankstelle passiert ist. Das hatte ich nämlich ewig nicht mehr. Ich kam vom Sport, sagt man ja so, konkret heißt das in diesem meinem Fall vom Volleyball spielen, und fuhr abends auf dem Nachhauseweg zur Tankstelle, na klar, zum Tanken. Alles bestens. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass ich Sportklamotten trug und, ultrakrass, die Baseballkappe andersrum auf dem Kopf hatte. Ich geh also mit Baseballkappe verkehrtherum und Maske in die Tanke zum Bezahlen, schau den älteren Herrn hinter der Theke an – und bevor ich grüßen kann, sagt er zu mir: „Wie du wollen zahlen?“

So geil. Darf ich das an dieser Stelle schreiben? Ich mach’s einfach. Vor vielen Jahren hätte mir so eine Frage noch was (einiges) ausgemacht, inzwischen finde ich es sehr amüsant, weil mir das – leider (in Wirklichkeit natürlich glücklicherweise) – so gut wie nie mehr passiert. Erst recht nicht in Frankfurt. Ich habe über die Jahrzehnte nämlich so viele wunderbare Antworten auf solche Fragen oder Bemerkungen gesammelt, ich könnte ganze Vorträge darüber halten (mach ich ja auch inzwischen, zumindest mit der ein oder anderen amüsanten Anekdote). Dieses Mal entgegnete ich der Frage direkt mit Goethe (kein Scherz): „Es hört doch jeder nur, was er versteht.“ Das wiederum hat der Typ hinter dem Tresen nicht verstanden. Vielleicht lag’s an meiner Maske (oder an meinem orientalischen Teppich, den ich unterm Arm trug, Scherz!). Egal, ich hab bezahlt und ihm einen schönen Abend gewünscht.

Akbar Murtaza im Staedel Goethe 2021

Eines der absoluten Lieblingsbilder von Murtaza Akbar im Frankfurter Museum Städel: Unser Sprach-Optimist ist zweifelsohne ein großer Fan von Johann Wolfgang von Goethes Zitaten. (Foto: Wortwahl)

Es wird wohl noch etwas dauern, bis das so trendige Thema Vielfalt überall angekommen ist. Wenn wir uns bei der immer vielfältiger werdenden Sprache schon so schwertun, wie soll das erst bei den Menschen werden? Das sollten wir alle mal gemeinsam sondieren (was ein Übergang, oder?). Denn davon will ich Ihnen ja eigentlich berichten. Vom Sondieren. Sind Grüne und FDP denn nach ihren Wahltriumphen inzwischen schon aus ihren bilateralen Vor-Sondierungen raus? Und kommen danach die Nach-Sondierungen oder schon die Vor-Verhandlungen? Und alsbald folgen Koalitionsvereinbarungen, sofern Christian Lindner nicht wieder sagt: „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Das wiederum sieht Armin Laschet ganz anders (zum Zeitpunkt, an dem ich diese Kolumne schreibe, ist er noch im Amt!).

Eine Frage zwischendurch an Sie: Wie kann ein einzelner Mensch wie Laschet so viel Häme, Spott und Angriffe ertragen? Ist mir ein Rätsel. Klar, Politiker, dicke Haut und so. Aber das ist doch echt eine Menge. Während Lindner sich gerne reden hört (welcher Politiker tut das nicht) und einst davon sprach, dass „Probleme dornige Chancen“ seien (danke an die heute-show), ist die Rhetorik von Laschet, sagen wir, von schwammig über unberechenbar bis ausbaufähig. Ich berate ja auch Vorstände, GFs und CEOs (klingt am coolsten) bei der Wortwahl, aber an Laschet wäre ich wohl verzweifelt. 

Anders beim kumpelhaften Robert Habeck. Der spricht – achten Sie mal drauf – sein Leben gerne in Bildern. Von Schrauben, Bergen, Heimwerkern. Herrlich. Manchmal zumindest. Annalena Baerbock tut sich da schwerer. Nicht bei den Aussagen, die sitzen meistens. Nur ihre Betonung wirkt oft recht bemüht. Aber immer noch besser als Markus Söder, der mit seinen kurzen Sätzen zwar sehr einfach und verständlich spricht, aber eher wie ein Lehrer wirkt, der mit seinen Schülern redet. Waren jetzt alle dabei? Oder fehlt noch einer? Ach, klar Olaf Scholz. Natürlich. Der große Gewinner und kommende Kanzler. Respekt, sage ich da nur. Und zu seiner Rhetorik? Hat der eine Frage schon mal konkret beantwortet? Bin mir unsicher. Warten Sie, ich recherchiere mal. 

Der Autor: Murtaza Akbar ist Geschäftsführer von Wortwahl – Agentur für Unternehmens- und Onlinekommunikation in Neu-Isenburg. Der gebürtige Frankfurter mit pakistanischen Wurzeln ist zudem Dozent an der Hochschule Darmstadt im Studiengang Onlinekommunikation sowie Speaker, Trainer und Coach zum Thema Sprache und (Kunden-)Kommunikation – hier geht’s zu seiner Speaker-Broschüre. Zu erreichen ist Murtaza Akbar per E-Mail beziehungsweise via TwitterInstagram und Facebook.

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