Sensibles Thema: Wie Vorstandsvorsitzende im DAX ihre Investoren im Aktionärsbrief anreden

Piwinger Manfred quer grossInvestitionsentscheidungen wollen wohl überlegt sein. Umso sensibler ist aus Unternehmenssicht die Ansprache von Aktionärinnen und Aktionären. „PR-Journal“-Autor und Publizist Manfred Piwinger (Foto) hat sich des Themas angenommen und die Anredeformen in den sogenannten „Aktionärsbriefen“ der DAX-Unternehmen untersucht. Dabei stand für ihn die Frage im Vordergrund, ob die gewählte Anrede adäquat ist und zum Erscheinungsbild der betreffenden Gesellschaft passt. Der jährliche Aktionärsbrief steht in den Geschäftsberichten börsennotierter Unternehmen an vorderster Stelle und leitet die Finanzberichterstattung ein.

Von Manfred Piwinger, Wuppertal

Verfasst, und nicht selten mit einer faksimilierten handschriftlichen Anrede versehen, wird der Aktionärsbrief von dem jeweiligen CEO. Es ist der einzige Text im Geschäftsbericht, in dem Investoren sowie Gesellschafter persönlich angesprochen werden können. Verpflichtend ist ein Aktionärsbrief nicht, doch kaum ein börsennotiertes Unternehmen verzichtet darauf. Siemens bildet eine der seltenen Ausnahmen.

Aktionärsbrief 2020: Zunächst eine Übersicht, wie die DAX-Unternehmen die Ansprache in ihren Aktionärsbriefen handhaben:

Piwinger Beitrag Tabelle Ansprache Aktionaere 092021

Die Auflistung lässt erkennen, dass Beidbezeichnungen, also die Nutzung der weiblichen und männlichen Form, in den Aktionärsbriefen im DAX beinahe die Regel geworden sind. Im Übrigen – für viele wahrscheinlich erstaunlich – ist das nicht ganz neu. Denn Beidbezeichnungen finden wir auch schon in früheren Jahrgängen zu Beginn der 2000er Jahre. Einzig Munich Re spricht seine Aktionäre derzeit noch mit „Sehr geehrte Damen und Herren an“; Allianz mit „Sehr geehrte Investoren“ – bezeichnenderweise beides Versicherungsunternehmen, deren Geschäftsmodell stark vertrauensbasiert ist. Schließlich sind das die Leute, um die es auf dem Finanzmarkt geht!

Deutsche Post DHL vergisst gar, wer der eigentliche Adressat ist und wendet sich an die „Liebe(n) Leserinnen und Leser“. Eingebürgert hat sich daneben bei zahlreichen anderen Unternehmen – ähnlich wie bei der Deutschen Post DHL – die Anrede mit „liebe“. Aktiengesellschaften sind anonyme Gesellschaften. Meine Meinung: Das vertrauliche „liebe“ hat an dieser Stelle keinen Platz.

Der Versuch, dadurch eine gewisse Nähe zum Unternehmen herzustellen, führt bei Merck zu der Anrede: „Liebe Aktionärinnen und Aktionäre und Freunde des Unternehmens“. Der Ausdruck „Freunde des Unternehmens“ taucht auch bei einer Anzahl weiterer Unternehmen auf. Infineon adressiert seine Anrede noch breiter. Dort heißt es: „Sehr geehrte Aktionäre und Geschäftspartner, lieber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Infineon“. Eine gewisse Inkonsistenz der Sprachformen ist darin unschwer zu erkennen.

Bei der Deutschen Börse wird zu viel gesagt. Schon eher fragwürdig ist bei Deutsche Börse und beinahe wortgleich bei Vonovia die Ansprache „Liebe Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Damen und Herren“, da ein Aktionär sowohl ein Mann oder eine Frau sein kann. Die ausführlichsten Anredeformen leisten sich HeidelbergCement sowie Infineon, was dann so klingt, als wolle man das ganze Erdenrund umschlingen. Bei Infineon steht es beispielsweise so: „Sehr geehrte Aktionäre und Geschäftspartner, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Infineon“. Etwas aus der Reihe fällt Delivery Hero, welches den „lieben Aktionärinnen und Aktionären“ noch ein „liebe Hereos“ anhängt.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der das Thema der Ansprache betrifft, ist bis hierher noch nicht angesprochen worden. Gemeint ist die Passung. Mit anderen Worten: Passt die Gebrauchsform der Personennomina zu dem jeweiligen Unternehmen, und welche Form wäre bezüglich des etablierten Unternehmensbildes angebracht? Hier sollte man nicht immer auf sich selbst schauen, sondern bedenken, welcher Eindruck beim Adressaten entsteht und inwieweit der individuelle Eindruck dem entspricht, was sich der das Unternehmen davon verspricht. Hier geht es um Stilfragen, um Intention und Interpretation.

Bei der Deutschen Bank würden wir als Außenstehender eher die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ erwarten, was der Gesellschaft gut zu Gesicht stünde. Doch stattdessen verfällt die Bank in den Mainstream und wendet sich zeitgeistig an die „Sehr geehrte(n) Aktionärinnen und Aktionäre“. Das passt nicht so recht zur gewollten Seriosität einer Großbank, die wie alle Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung trägt. Ähnliches mag für Siemens, Daimler, BASF, Merck und andere gelten. Hier geht es sowohl um Stilfragen, Passung wie auch um den intendierten Eindruck.

Doch wie sollte nun die richtige Ansprache aussehen? Und wird darauf überhaupt geachtet? Wer macht sich Gedanken darüber? Bereits in den früheren Jahren zwischen 2011 und 2013 wurden in zahlreichen Fällen identische Anredeformen gewählt wie im aktuellen Geschäftsjahr 2020. Keinen Fehler wird man machen, wenn man sich vor Augen hält, mit wem man es zu tun. Das sind immer noch zuerst die Eigner und Investoren, zunehmend allerdings auch bestimmte gesellschaftliche Gruppierungen.

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