Frank Behrendt: Ein persönlicher Branchen-Blick zurück und voraus zum Jubiläum

Als Thomas Dillmann, Chefredakteur des „PR-Journals“, mich fragte, ob ich einen Textbeitrag anlässlich dieses 750. Newsletters verfassen möchte, da bin ich erstmal zusammengezuckt: Die Zahl ist gewaltig, man muss sie mal ausschreiben: Siebenhundertfünfzig. Chapeau! Da geht es um viele Jahre, um viel Vergangenheit, um ein Kommen und Gehen aber auch das Hier und Jetzt. Denn der Newsletter kommt auch nach 17 Jahren vollgepackt mit allem, was in der Branche zählt, zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Was mich am meisten erschreckte: Ich war schon einige Jahre in der Branche, als der erste Newsletter 2004 erschien. Zum Glück sagt mir meine Frau oft, dass ich mich seitdem kaum verändert hätte.

Auch bei Alumni-Treffen der vergangenen Agenturmarke PLEON wird mir des Öfteren bestätigt, dass ich noch genauso dynamisch aussehe wie früher. Die Menschen sind ausgesprochen nett zu mir, Dankeschön!

Während ich zurückblicke, sehe ich sofort Gerhard Pfeffer vor mir, einen raumfüllenden Urvater unserer Zunft. Als er vor einigen Jahren bei den „PR Report“-Awards den Preis für sein Lebenswerk verliehen bekam, gab es Standing Ovations. Zurecht. Gerhard schrieb einst die ersten Zeilen des Newsletters, pointiert, klug, auf den Punkt. Sein Nachfolger Thomas steht ihm in nichts nach. Das „PR Journal“ ist sich immer treu geblieben, wer oder was kann das schon nach so vielen Jahren von sich behaupten?

Ich solle keine „reine Glückwunschadresse“ schreiben, eher einen Beitrag, „der sich mit der Zukunft der PR- Und Kommunikationsbranche nach Corona“ beschäftigt. Mhm. Nicht einfach. Corona ist nicht weg und wer weiß, ob es nicht irgendwie immer bleiben wird. Wahrscheinlich werden wir lernen (müssen), mit derartigen Phänomenen umzugehen, sie zu bekämpfen, ein Stück weit zu akzeptieren.

Als Daueroptimist bin ich immer lösungsorientiert

Der von meinem Vater, einem Lehrer, verehrte Schriftsteller Erich Kästner hat mal einen weisen Satz gesagt. Er gilt noch immer: „Wird`s besser? Wird`s schlimmer?, fragt man alljährlich. Aber seien wir ehrlich, Leben ist immer lebensgefährlich.“ Als Daueroptimist, der ich bin, bedrückt oder erschreckt mich das nicht, ich denke immer lösungsorientiert und bin Fan von Menschen, die ebenso ticken. So wie Özlem und Ugur Sahin, das Ehepaar, dem wir den Impfstoff Biontech zu verdanken haben. Die Sahins verstehen sich als „Immuningenieure“, die versuchen, die antiviralen Mechanismen des Körpers zu nutzen. – Immuningenieure, ein wunderbar treffender Begriff, der ein gutes Bild von intelligenter Arbeit erzeugt.

Mit Sicherheit kann man sagen, dass Forscherinnen und Forscher im medizinischen Bereich in Zukunft absolut gesucht werden und junge Menschen, die dafür Talent und Interesse haben, sich definitiv keine Sorgen über Beschäftigungsmangel machen müssen. Aber auch wir Kommunikatoren und Kommunikatorinnen müssen nicht bange sein, wir werden auch künftig mehr denn je gebraucht. Auch in der Corona-Pandemie haben wir erlebt, wie entscheidend Kommunikation ist. Mal hilft sie, tut gut, lenkt und ordnet. Mal sorgt sie aber auch für Chaos, Verwirrung und Verunsicherung. Kommunikation führt zu Entscheidungen – so oder so. Worte sind Waffen, sie zünden, zündeln, zerstören. Aber sie können auch das gute Gegenteil bewirken. Es kommt immer darauf an, wer sie wann wie in welchem Kontext wählt.

"Malen mit Worten"

„Der Frank malt mit Worten“, hat meine Mutter einer älteren Tante von mir mal beschrieben, was ich beruflich mache. Denn „PR-Berater“ hätte ihr nichts gesagt. Das Malen mit Worten finde ich ein schönes Bild für unsere Branche. Die Farben können dabei ganz verschieden sein, denn die Situationen sind schließlich auch unterschiedlich. Auch der Untergrund, auf dem wir malen, kann variieren. Früher schrieben wir auf Papier, heute nutzen wir digitale Devices. Aber ein Bild entsteht immer noch, vor allem im Kopf.

Als ich kürzlich auf dem Gymnasium meines Sohnes dem Jahrgang vor dem Abitur im Rahmen einer Job-Orientierungswoche unsere Branche vorstellte, da sagte der begleitende Lehrer, ich wäre so etwas wie ein „moderner Geschichtenerzähler“. Gut erkannt. Denn Storytelling rockt. Deshalb rate ich auch immer jungen Menschen, dass sie sich mit Geschichten befassen. Egal wo. In Büchern, auf Netflix, in Podcasts, im Leben. Hinter jedem und allem steckt eine Geschichte. Und zwar selten eine langweilige. Die Kunst ist es, sie herauszufiltern, auf die Suche nach der Essenz zu gehen, das Wesentliche, das Überraschende, das Besondere herauszuarbeiten.

„Übersetze Stimmungen und Beobachtungen in Worte, skizziere Menschen mit deinen Zeilen wie ein Zeichner, dann bekommen Leser einen anderen Zugang zu Menschen, die du ihnen vorstellst.“ Das hat mir mal unser Gast-Dozent an der Deutschen Journalistenschule in München, Dagobert Lindlau, mit auf den Weg gegeben. Der legendäre und begnadete langjährige Chefreporter vom Bayerischen Fernsehen hat mich damals schwer beeindruckt, ich habe seine Sätze im Klassenraum am Altheimer Eck regelrecht aufgesogen und nie vergessen.

Passion für Kommunikation

Und deshalb sehe ich auch jetzt, wo ich über das Jubiläum eines Newsletters räsoniere, viele Menschen vor mir: Frauen, Männer, ältere und jüngere – jede Einzelne und jeder Einzelne ist und bleibt besonders, ein individuelles Statement. Ich traf sie im Job, auf den vielen Branchenevents, an Hochschulen oder in der letzten Zeit oft auf dem Bildschirm meines Notebooks. Sie alle waren und sind Teil unserer Branche, uns alle eint die Passion für Kommunikation. Es gab, gibt und wird immer technische Weiterentwicklungen geben, die unsere Arbeit modifizieren oder das Medien-Nutzungsverhalten unserer Rezipienten verändern.

Aber eines wird bleiben: Dass Menschen Geschichten erzählt bekommen möchten, in denen Menschen eine Rolle spielen. Bewegende, erschreckende, zum Weinen schöne. Und deshalb lese ich auch seit 750 Episoden den Newsletter vom „PR-Journal“. Weil er mehr von Menschen und ihrer Arbeit erzählt, als von Zahlen. Ich bin sehr sicher, das bleibt auch die nächsten 750 Ausgaben so. Herzlichen Glückwunsch - von Mensch zu Mensch!

Über den Autor: Frank Behrendt, Köln, ist heute Senior Advisor bei Serviceplan Public Relations & Content. Zuvor bekleidete er verschiedene Vorstandspositionen, unter anderem bei den Agenturen fischerAppelt AG und Ketchum Pleon. Zudem ist er als Kolumnist, Autor und Speaker erfolgreich.

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Personalien

Michael Schattenmann folgt auf Stefan Caspari

Michael SchattenmannMichael Schattenmann (49) wird zum 1. Juni 2024 neuer Leiter der Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bei der Andreas Stihl AG & Co. KG in Waiblingen. Er übernimmt die Position von Stefan Caspari (61), der den Bereich über zwei Jahrzehnte geleitet hat und nun die passive Phase seiner Altersteilzeit antritt. Er berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden Michael Traub.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Von wegen Mittelmaß! Deutsche Marken im Siegermodus

Top 10 Grafik mit UnternehmenslogosAlle deutschen Top 10 Marken sind zweistellige Markenmilliardäre und bringen zusammen über 350 Milliarden Markenwert auf die Waage. Das schafft mit weitem Abstand kein anderes Land in Europa. Das geht aus dem aktuellen „Brand Finance Report“ 2024 hervor. Interessant: Die Händlermarken Lidl (9) und Aldi Süd (10) sind nun beide in den Top 10, da Aldi Süd den Vorjahreszehnten adidas überholt hat.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neues Intensivtraining

Karen HoffmannDie Deutsche Akademie für Public Relations dapr, Düsseldorf, startet ihr neues Intensivtraining Corporate Community Manager am 18. September 2024. Ab sofort können sich Interessierte dazu anmelden. Im dreitägigen Seminar lernen Mitarbeitende und Führungskräfte aus Kommunikation, Marketing, PR, HR sowie Change-Management, wie sie interne Gemeinschaften aufbauen und managen.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Das Königshaus und seine PR

Kate, Prinzessin von WalesEine Frau, eine Parkbank, eine Botschaft. In der vergangenen Woche machte die Prinzessin von Wales persönlich in einem Video ihre Krebskrankheit öffentlich. Auch das ist Public Relations. „Kate hat Krebs“ – diese Alliteration zieht sich seither durch die Berichterstattung. Beiläufig wird darüber diskutiert, ob das Königshaus mit guter oder schlechter PR glänzte, worüber sich streiten lässt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Auszeichnung für zwei Gewinnerinnen

Caroline Siegel, Lina Blenninger und Günter BenteleLina Blenninger und Caroline Siegel sind die Gewinnerin des Günter-Thiele-Preises 2024 und werden mit dem gleichnamigen Forschungsstipendium 2024 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 12. April 2024 im Rahmen der Veranstaltung „Refresh“ des Lehrbereichs Communication Management an der Universität Leipzig statt. Der Jury-Vorsitzende ist Professor Günter Bentele.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.