Ein Jahr Corona - wie die Pandemie IT- und Tech-Pressearbeit in Deutschland und Europa verändert

Sind die Tage des Präsenzmodells in Agenturen gezählt? Freddy Staudt, Gründer der IT-PR-Agentur Web&Tech PR berichtet, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Agenturen-Branche in Deutschland hat und gibt Einblick in die Arbeit seiner europäischen Kollegen.
Vor gut einem Jahr veränderte ein Virus unser Leben. Die Einschnitte in unser privates und berufliches Leben waren so hart, wie sie bisher kaum jemand von uns erlebt hat. Heute leben und arbeiten wir anders. Passend dazu fragte mein niederländischer Kollege Eric Dragt, Inhaber der auf IT-PR spezialisierten Agentur En Serio, unlängst mich und europäische Kollegen: Wie hat sich eure Arbeit im letzten Jahr verändert? Nachfolgend unsere Antworten.

Corona löst Präsenzmodell in Agenturen ab

Von jetzt auf gleich waren im März 2020 fast alle unserer Kunden und Ansprechpartner in den Medien da, wo wir schon seit 2012 waren: im Home-Office. Das neue Zusammenarbeiten fordert einen Wandel in Kommunikation und Führungsstil in PR-Agenturen rigoros ein. Auch bei uns fehlen die monatlichen persönlichen Treffen und die vielen informellen Zusammenkünfte rund um Events und Kundentermine.

Ich bewerte diese Umwälzung unter dem Strich positiv und glaube, dass der Trend unumkehrbar ist. Dennoch zeigen Studien, dass ein Gutteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf lange Sicht wieder im Büro arbeiten möchte. Zumindest teilweise. Viele PR-Agenturen werden sich langfristig auf ein Mischmodell einstellen, um rar gesäte PR-Berater halten und neue Kollegen gewinnen zu können.

Dieser Kulturwandel kostet Mühe. Auch nach fast zehn Jahren schleifen wir täglich an unseren Prozessen, um das Miteinander der Kolleginnen und Kollegen möglichst effizient, aber auch kollegial zu gestalten. Als Agenturleiter ist es im Distanz- oder Mischmodell viel schwieriger mitzubekommen, ob es allen Mitarbeitern gut geht, was sie gerade brauchen, woran sie im Moment arbeiten. Die „New Work“ verlangt von mir als Chef Flexibilität und ein feines Gespür, zum Beispiel für Untertöne in Chat-Nachrichten. Von meinen Mitarbeitern fordert sie Motivation und Eigeninitiative. Sie müssen Kommunikationsstrategien entwickeln, um in Kontakt und auf dem Laufenden zu bleiben.

Virtuelle Meeting-Formate setzen sich durch

Auch der Pressekontakt musste neu entwickelt werden: Messen und Events waren im Vor-Corona-Zeitalter klassische Ansätze, um mit Journalistinnen und Journalisten ins Gespräch zu kommen. Es war laut, alle hatten es eilig, aber selbst kurze Pressegespräche sorgten für den sozialen Kitt in der Zusammenarbeit. Zusätzlich gehörten Redaktionsbesuche oder informelle Zusammenkünfte zum Alltag.

Corona wischte diese Meeting-Möglichkeiten vom Tisch. Pressegespräche waren damit aber nicht passé. Ich fand es erstaunlich, wie schnell und flexibel Journalisten und Unternehmen sich auf digitale Meeting-Formate eingelassen haben. Pressegespräche finden nun über Zoom, Teams und Co. statt. Jeder schaltet selbstverständlich seine Kamera an. Auch das ist neu. Virtuelle Meetings haben sich für Pressegespräche etabliert.

Wenn man es richtig konzipiert, gibt es sogar wieder Raum für ein Comeback der guten alten Pressekonferenz in digitaler Form. Dieses Format geriet aufgrund der Verkleinerung der Redaktionen im IT-Fachmedienbereich in den letzten Jahren ins Hintertreffen. Weil Online-Meetings Mainstream sind, ist es einfacher geworden, Teilnehmer zu finden, vorausgesetzt die Veranstaltung ist kurz und kompakt und der Anlass angemessen.

SEO und Content Marketing eröffnen Chancen für PR

Genauso wie Journalisten nutzten auch Unternehmen im Beschaffungsprozess früher Messen und Veranstaltungen, um sich über Produkte und den Markt zu informieren. Weil diese Plattform der Informationsbeschaffung aktuell wegfällt, findet die Recherche ihrer Zielgruppen momentan fast nur noch online statt. Somit steigt die Bedeutung von Suchmaschinenoptimierung, Online-Werbung und Content-Marketing und nicht zuletzt klassischer Medienarbeit.

Das birgt für uns als PR-Verantwortliche viele Chancen. Content ist unser Steckenpferd. Mit unserem Markt-, Produkt- und Technologie-Wissen helfen wir dem Marketing, ihr Produkt in prägnante, verständliche und authentische Sprache zu „übersetzen“. Unsere Aufgabe ist es, diese Chancen zu ergreifen und die Medienarbeit mit SEO-, Werbe- und Social-Media-Aktivitäten noch stärker zu verzahnen als bisher. Das gemeinsame Ziel: Sichtbarkeit und ein überzeugendes Gesamtbild im Netz.

Blick nach Europa…

Eric Dragt von En Serio fragte weitere Tech-PR-Köpfe in Europa, wie die Entwicklung in ihren Märkten verläuft. Hier einige Aussagen:

Virtuelle Pressegespräche werden Mainstream in England

James Carter ist Gründer der internationalen Tech-PR-Agentur Touchdown mit Hauptsitz in England. Er sieht die Entwicklung in puncto virtueller Meetings ähnlich wie ich: „2020 war definitiv das Jahr, in dem Video Conferencing Mainstream wurde.“

IT-Unternehmen schaffen es in Frankreich in die Massenmedien

Natacha Favry, Gründerin der französischen IT-PR-Agentur L’AgenceRP, sieht in ihrem Land den Trend, dass es IT-Unternehmen leichter als früher haben, in Massenmedien zu kommen. „B2B Tech wurde als gesellschaftsbeeinflussender Faktor erkannt, der Unternehmen und der Bevölkerung dabei hilft, durch schwierige Zeiten wie diese Pandemie zu kommen“, so Favry.

Zahlengetriebene Kommunikation gewinnt an Bedeutung in Schweden

Catarina Wigen, Head of Tech bei der schwedischen PR-Agentur Springtime-Intellecta, sieht die Bedeutung datengetriebener Kommunikation, beispielsweise durch Studiendaten, steigen. „Unternehmen, die relevante, aufschlussreiche Daten in konsistenter Form kommunizieren können, werden von Medien und der Gesellschaft mit Vertrauen und Expertenstatus belohnt“, fasst Wigen zusammen.

Podcasts als PR-Zielgruppe in Belgien und den Niederlanden

In Belgien beobachtet Corneel Haine, Gründer der Agentur Evoke, den Siegeszug der Podcasts. „Im letzten Jahr gewannen Podcasts sehr an Attraktivität. Man kann regelrecht von eine Überversorgung sprechen. In 2021 wird sich entscheiden, welche Podcasts relevant bleiben und welche nicht.“

Auch Eric Dragt von En Serio begann im Jahr 2020 damit, Podcasts in seine PR-Aktivitäten zu integrieren. „In den Niederlanden erreichen Business-Podcasts kritische Publikumszahlen. Auch Rundfunkanstalten und Verlage nutzen Podcasts mehr und mehr zur Verbreitung von Long-Form-Content“, fasst Dragt zusammen.

Online-Medien hinter Paywalls in Dänemark und den Niederlanden

Der dänische PR-Profi Jakob Kemp Hessellund, Partner bei der Tech-PR-Agentur Kemp & Kjaer und Agentur-Inhaber Dragt aus den Niederlanden sehen in ihren Märkten eine Zunahme so genannter Paywalls, also Bezahlschranken in Online-Medien. „Tageszeitungen und Fachmedien greifen mehr und mehr zu Paywalls. Das hat aus meiner Sicht damit zu tun, dass im Lockdown der Konsum von Online-Inhalten zunahm und die Medien diese neuen Wege der Monetarisierung berechtigterweise erschließen wollen“, erklärt Dragt.

Jakob Hessellund sieht Paywalls für die PR eher kritisch: „Es stellt sich die Frage: Will ich meine Story einem Medium hinter einer Paywall geben, von dem ich nicht mal weiß, wie viele Leser es erreicht?“

Die Statements der europäischen PR-Agenturen erschienen zuerst auf dem Blog der zitierten niederländischen PR-Agentur En Serio.

Über den Autor: Freddy Staudt ist Gründer und Geschäftsführer von Web&Tech PR und VP DACH der internationalen PR-Agentur Touchdown PR. Mit einem zehnköpfigen Team betreut er Kunden aus IT, Telekommunikation und E-Commerce.

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Personalien

Michael Schattenmann folgt auf Stefan Caspari

Michael SchattenmannMichael Schattenmann (49) wird zum 1. Juni 2024 neuer Leiter der Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bei der Andreas Stihl AG & Co. KG in Waiblingen. Er übernimmt die Position von Stefan Caspari (61), der den Bereich über zwei Jahrzehnte geleitet hat und nun die passive Phase seiner Altersteilzeit antritt. Er berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden Michael Traub.

Agenturen

Letzte Frist zur Abgabe verlängert bis 23. April

Pfeil mit ÄpfelnDer Endspurt für die Teilnahme am Pfeffer-PR-Journal-Ranking 2024 ist eingeläutet. Die Frist zur Einreichung der Daten aus dem Geschäftsjahr 2023 wurde letztmalig bis zum 23. April verlängert. Noch bis zu diesem Zeitpunkt können „Agenturen mit PR-DNA“ die Zahlen zur Umsatz- und Mitarbeiterentwicklung aus dem vergangenen Jahr melden.

Unternehmen

Allianz-Chef Bäte erfolgreichster DAX-CEO im Social Web

Studie DAX-CEO Social MediaAuf den Plattformen LinkedIn und Instagram soll Allianz-Chef Oliver Bäte in Summe besser kommunizieren als die restlichen DAX-40-Konzernchefs. Das legt jetzt die aktuelle Auflage des „Social CEO-Checks“ offen - der gemeinsam von der Kommunikationsagentur cocodibu und der Hochschule Macromedia herausgegeben wird.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neues Intensivtraining

Karen HoffmannDie Deutsche Akademie für Public Relations dapr, Düsseldorf, startet ihr neues Intensivtraining Corporate Community Manager am 18. September 2024. Ab sofort können sich Interessierte dazu anmelden. Im dreitägigen Seminar lernen Mitarbeitende und Führungskräfte aus Kommunikation, Marketing, PR, HR sowie Change-Management, wie sie interne Gemeinschaften aufbauen und managen.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Das Königshaus und seine PR

Kate, Prinzessin von WalesEine Frau, eine Parkbank, eine Botschaft. In der vergangenen Woche machte die Prinzessin von Wales persönlich in einem Video ihre Krebskrankheit öffentlich. Auch das ist Public Relations. „Kate hat Krebs“ – diese Alliteration zieht sich seither durch die Berichterstattung. Beiläufig wird darüber diskutiert, ob das Königshaus mit guter oder schlechter PR glänzte, worüber sich streiten lässt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Auszeichnung für zwei Gewinnerinnen

Caroline Siegel, Lina Blenninger und Günter BenteleLina Blenninger und Caroline Siegel sind die Gewinnerin des Günter-Thiele-Preises 2024 und werden mit dem gleichnamigen Forschungsstipendium 2024 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 12. April 2024 im Rahmen der Veranstaltung „Refresh“ des Lehrbereichs Communication Management an der Universität Leipzig statt. Der Jury-Vorsitzende ist Professor Günter Bentele.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.