LPRS im Gespräch mit Daniel Wixforth: "Die bessere Beratung kommt aus diversen Teams"

Regelmäßig stellt der Leipziger Public Relation Studenten e.V. (LPRS) "Drei Fragen an" Persönlichkeiten aus der PR- und Kommunikationsbranche und möchte dabei mehr über die neuesten Trends und aktuelle Herausforderungen herausfinden. Studentin Verena Ribnitzky spricht nun mit Daniel Wixforth, Partner bei 365 Sherpas Corporate Affairs & Policy Advice, unter anderem über aktuelle politische Kommunikation und die zunehmende Datenabhängigkeit von Geschäftsmodellen.

Daniel Wixforth, Partner bei 365 Sherpas Corporate Affairs & Policy Advice

Ribnitzky: Herr Wixforth, Sie haben im April 7-jähriges Jubiläum bei 365 Sherpas und sind bereits seit 12 Jahren in der politischen Kommunikation tätig: Wie hat sich diese verändert und worauf kommt es heute in der Branche an?

Wixforth: Es gibt sehr viele Veränderungen – zum Glück, muss man sagen! Zum Beispiel ist es auch für die Public Affairs-Branche existenziell wichtig, sich zu digitalisieren. Und damit meine ich nicht, Public Affairs auf digitalen Kanälen auszuspielen – das geschieht ja seit Jahren. Was ich meine, ist das Back-End unserer Arbeit. Also die Frage, wo wir Algorithmen, KI und Big Data in unser Tun integrieren können – und auch, wo wir das nicht sollten. Um es konkret zu machen: Wie kann man datenbasierte beraterische Entscheidungen treffen? Damit geht auch eine kritische Reflexion einher, also: Sind solche Entscheidungen, die nicht primär auf Basis beraterischer Erfahrung hergeleitet sind, automatisch die besseren? Ich wäre da zumindest vorsichtig, am Ende wird es beides brauchen.

Neben Wissen im Bereich datenbasierter Kommunikation ist Neugier als Persönlichkeitseigenschaft in unserer Branche nach wie vor extrem relevant. Man muss Lust haben, sich in relativ kurzer Zeit in neue Sachverhalte einzuarbeiten. Auch die Fähigkeit, Dissens auszuhalten, ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil von Beratung. Man sollte sich mit Kunden und Kundinnen auch mal produktiv streiten können. Natürlich ist Konflikt kein Wert an sich – er muss in der Sache weiterbringen. Als Berater muss ich in jedem Fall in der Lage sein, Dinge zu hinterfragen – und das auch entsprechend zum Ausdruck zu bringen.

Wenn es um Recruiting geht, spielt darüber hinaus auch Diversität eine große Rolle. Es ist kein Geheimnis, dass unsere Branche tendenziell noch zu wenig divers ist. Wir bei 365 Sherpas rücken das in unserer Teamentwicklung jetzt sehr stark in den Fokus. Nicht, weil wir irgendwelche Quoten erfüllen möchten, sondern weil wir fest davon überzeugt sind, dass die bessere politisch-strategische Beratung aus diversen Teams kommt.

Ribnitzky: Apropos Veränderung: Welche Megatrends tangieren den Bereich der politischen Kommunikation gerade besonders und warum?

Wixforth: Die beiden Megatrends sind Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Das klingt oftmals trivial, beschäftigt uns als Politikberatung aber in fast allen Mandaten. Am Ende sind Digitalisierung und Nachhaltigkeit ja auch keine abstrakten Konzepte, sondern reale Entwicklungen, die beinahe jedes Geschäftsmodell umkrempeln – oder zumindest unter starken Veränderungsdruck setzen.

Dabei geht es etwa um die zunehmende Datenabhängigkeit von Geschäftsmodellen. Was vor fünf Jahren noch als „Tech-Frage“ galt, ist heute eine sehr politische und gesellschaftlich relevante Frage geworden. Die größten Regulierungsvorhaben der Europäischen Union etwa kreisen gerade um die Frage, wie man die Datenabhängigkeit von Geschäftsmodellen im Wettbewerbsrecht, im Verbraucherschutz, im Urheberrecht usw. angemessen berücksichtigt. Wir sind da in einer sehr transformativen Phase angelangt und merken alle deren Auswirkungen: Vom Online-Shopping in der Pandemie bis zum Sperren eines Social-Media-Accounts eines US-Präsidenten. Auch im digitalen Raum gilt mittlerweile: Alles ist politisch. Für Unternehmen heißt das, diese Dinge zunehmend integriert zu denken und zu behandeln. Kommunikationsabteilungen müssen bei solchen Fragen genauso einbezogen werden wie Public Affairs-Verantwortliche, Strategie- und M&A-Units. Am Ende geht es hier oft um Entscheidungen, die auf Top-Level getroffen werden sollten.

Ähnlich ist es bei den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Spätestens, wenn sich der „Pandemie-Schleier“ legt und sich die Wirtschaft verstärkt darum bemüht, wieder aus der Krise herauszukommen, werden wir uns mit der Frage beschäftigen, wie man politisch Anreize setzen und diese mit Nachhaltigkeitszielen verbinden kann. Ab diesem oder spätestens nächstem Jahr wird es in Europa verstärkt eine grüne Stimulus-Politik geben – und damit meine ich nicht zwingend das parteipolitische grün. Solche Nachhaltigkeitsaspekte beim Wiederaufbau der Wirtschaft sind ja ohne Zweifel auch richtig und notwendig. Aber sie erzeugen eben auch hohen Transformationsdruck. Damit adäquat umzugehen, wird immer stärker der Fokus unserer Beratungsmandate.

Ribnitzky: Blicken wir auf die unmittelbare Zukunft: Was ist an dem Jahr 2021 so besonders und was bedeutet das für die politische Kommunikation?

Wixforth: Beginnen wir mit den sichtbaren Fakten: Zum einen gibt es die Pandemie, deren mittel- bis langfristige Auswirkungen wir heute allenfalls schätzen können. Zum anderen gibt es in Deutschland eine historische Wahlsituation: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik findet eine Bundestagswahl statt, ohne dass die Amtsinhaberin oder der Amtsinhaber versucht, wiedergewählt zu werden. Dazu gibt es in diesem Jahr sechs Landtagswahlen. Wir haben es also auch in der politischen Landschaft mit einer Transformation zu tun, wie es sie so bislang nicht gab – und die in engen Wechselwirkungen mit den beschriebenen gesellschaftlichen, technologischen und ökonomischen Transformationen steht.

Ich glaube, wir müssen uns wirklich bewusst machen: Diese Bundestagswahl – mit all ihren Besonderheiten – ist kein singuläres Ereignis, sondern ein Ausdruck von größeren, teils durch die Pandemie beschleunigten Wandlungsprozessen. Allein deshalb, so ist meine Prognose, wird es ein erneutes Schwarz-Rotes Regierungsbündnis nicht mehr geben. Die Menschen spüren, dass wir neue Antwortkonstellationen brauchen. Die Frage wird nur sein, welche Teile des Parteienspektrums dies am glaubwürdigsten verkörpern und welche politischen Mehrheiten man damit dann erzielen kann.

Darüber hinaus wird es auf operativer Ebene in einem pandemiegeprägten Wahlkampf natürlich eine Herausforderung werden, die richtige Symbiose zwischen analogen und digitalen Formaten zu finden. Das sehen wir ja jetzt schon in den Landtagswahlkämpfen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Vor der Pandemie hätte man große Veranstaltungen organisiert, ausdrucksstarke Bilder der Kandidatinnen und Kandidaten produziert und diese dann digital verwertet und verlängert. Das wird in diesem Jahr nicht machbar sein – der digitale Wahlkampf wird aus sich selber heraus Bilder und Emotionen kreieren müssen. Das hat Auswirkungen auf die Schnelligkeit, die Ästhetik und letztlich auch auf die Botschaften von Wahlkampf-Kommunikation. Aus heutiger Sicht wissen wir ja noch nicht einmal, ob wir im Sommer im Rausch des Sieges über die Pandemie oder in der dritten oder vierten Welle stecken. Auch Szenarienplanung ist deshalb wichtiger als je zuvor. Ein letzter Punkt: Die Wahlkämpfenden werden vermutlich in der Lage sein müssen, die Stimmungen der Wählerinnen und Wähler aufzugreifen, ohne dafür durch das Land fahren und Nähe zu möglichst vielen Menschen suchen zu können. Auch hierfür wird man eine Art digitale Sensorik entwickeln müssen.

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Von wegen Mittelmaß! Deutsche Marken im Siegermodus

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Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

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Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.