Das Homeoffice-Leben führt zu einigen ganz neuen Dialogformen. Obwohl es früher schon nicht an klassischem Büro-Sprech gemangelt hat. Jetzt kommt noch das Homeoffice-Sprech hinzu. Nicht zu vergessen das ganz spezielle Videokonferenzen-Sprech. Lauter Sprechs, bei denen unser Sprach-Optimist Murtaza Akbar (Foto) natürlich genau hinhört, zumal er ja selbst oft genug aktiver Teilnehmer einer solchen Sprechrunde ist. Der ein oder andere Satz, den er dabei hört oder liest, tut ihm fast körperlich weh. Und bei einem bestimmten Wort haut er auch einfach ab. Da kennt er keine Kompromisse. Welches Wort das ist und was es alles Neues an Homeoffice-Sprech gibt, das lesen Sie in seiner neuen Kolumne. Und wenn Sie davon noch keinen einzigen Satz jemals gesagt oder geschrieben haben, dann ja dann …, nein, das kann gar nicht sein.

Von Murtaza Akbar, Neu-Isenburg

Unser Arbeitsleben hat sich verändert. Ja, nur die Unbeständigkeit ist beständig. Viele von uns haben gerade ein Zoom-Meeting nach dem anderen. Sorry, es sind ja meist Teams-Calls. Oder sollen wir neutral sagen: Ich schick Dir ne Outlook-Einladung. Ach nee, Outlook ist ja auch von Microsoft. Alles von diesem Milliardär Bill Gates. Der ist doch schuld an? Nein, lassen wir das. Schicken Sie mir lieber eine ganz normale Mail. Darauf freue ich mich. Aber bitte nur mir. Oder gehören Sie zu denen, die immer mindestens 14 Leute in CC setzen? Damit auch jeder sieht, was Sie alles leisten? Oder keiner sagen kann, dass er von nichts wusste? Fyi an alle. Am schönsten ist es, wenn dann einer antwortet: asap. Natürlich per Mail an alle. Herrlich. Nur was und wer ist damit dann gemeint?

Oder Sie fragen leichtsinnigerweise vorher schon, bis wann er oder sie das Ergebnis braucht? Dann heißt es oft mit einem Lächeln: am besten bis gestern! Antworten Sie dann einfach: Wir sind am Thema dran. Und natürlich, dass Sie alle im Loop halten. Ich hoffe nicht, dass Sie dafür extra die Prozesse optimieren müssen. Falls ja, schreiben Sie es einfach auf die To-Do-Liste. Vorausgesetzt, Sie brauchen keinen Quick-Win. Sonst müssen Sie das Thema nochmal challengen, weil das Timing ja schon sehr sportlich wäre. Hauptsache, Sie fokussieren sich auf das Wesentliche.

Und wenn es endlich mit der Umsetzung losgeht, briefe ich Sie am besten dazu. Schade, dass es dabei nicht um echte Briefe geht. Denn wenn Sie jemand mal wirklich überraschen wollen, schreiben Sie ihm oder ihr einen Brief, so mit Adresse und Briefmarke, handgeschrieben natürlich. Dann sind Sie der Star. Ach was, der Superstar. Das wird er oder sie Ihnen nicht vergessen. So einfach geht das manchmal. Ja, man muss sich nur committen. Halt. Stopp. Wenn das jemand zu mir sagt, dann könnte das zu einem neuen Rekord führen. Beim Wort „committen“ haue ich nämlich ab, sofort und extrem schnell. Ich schätze, dass ich dabei locker in zehn Sekunden mindestens 100 Meter schaffe. Und dass nur wegen eines einzigen Wortes.

Okay, das klingt etwas angeberisch. Dann hole ich Sie am besten nochmal ab. Ich erkläre Ihnen das Big Picture und welche Learnings ich als Sprach-Optimist daraus gezogen habe. Das mache ich dieses Mal selbst, weil der Kollege zu Tisch ist. Sein Schalter ist gerade geschlossen. Das hat für ihn keine Prio. Und wenn Sie ihn heute Mittag treffen, sagen Sie „Mahlzeit“. Das liebt er. Im Gegensatz zu mir. Aber er ist ja hier auch auf der Arbeit und nicht auf der Flucht. Das klebt jedenfalls auf seiner Pinnwand neben seinem Monitor. Wunderbar diese Klischees.

Ach, Sie sind im Homeoffice? Sorry, ich kann Sie gerade nicht sehen, aber hören. Oder andersrum. Ah, Sie haben die Kamera aus. Okay, wollen wir nicht erstmal eine Vorstellungsrunde machen? Wir sind alle so modern, voll remote. Schwierig nur, wenn bei einem gerade das Internet down ist. Mein Tipp: Loggen Sie sich aus und wieder ein. Klappt fast immer. Und wenn wir wieder alle dabei sind, gibt’s den Elevator Pitch. Aber nur kurz natürlich, weil jeder von uns danach garantiert wieder einen dringenden weiteren Call hat. Homeoffice-Leben halt, kennen Sie ja.

Muss nun auch mal so gehen. Wollen Sie mal einen Call mit mir machen? Ich würde mich sehr freuen. Warten Sie, ich schaue mal, wann ich wieder einen Slot frei habe. Die Details klären wir dann am besten in einem Folgetermin. Nur eine Bitte hätte ich: Sie müssen das Protokoll führen. So steht es im Projektplan. Später erhalten Sie dafür auch die Freigabe, damit Sie die nötige Präsentation fertigmachen können. Denn am Ende des Tages zählt das Ergebnis. So haben wir das schon immer gemacht. Da bin ich ganz bei Ihnen.

Über den Autor: Murtaza Akbar ist Geschäftsführer von Wortwahl – Agentur für Unternehmens- und Onlinekommunikation in Neu-Isenburg. Der gebürtige Frankfurter mit pakistanischen Wurzeln ist zudem Dozent an der Hochschule Darmstadt im Studiengang Onlinekommunikation sowie Speaker, Trainer und Coach zum Thema Sprache und (Kunden-)Kommunikation. Zu erreichen ist Murtaza Akbar per E-Mail beziehungsweise via TwitterInstagram und Facebook.


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