Autorenbeitrag: Wo sich PR und Start-ups uneins sind – drei typische Missverständnisse

Reichweiten-Rekorde bei Social Media auf der einen, Auflagenschwund auf der anderen Seite. Ich kann nachvollziehen, weshalb Start-ups eher neue als klassische Medien bespielen wollen. Doch können Instagram, LinkedIn & Co. allein leisten was nötig ist, um Reputation in der Öffentlichkeit zu erlangen? Ein klares Nein! Was passiert also, wenn Gründerinnen und Gründer Medienarbeit machen? Antworten auf diese Fragen gibt im nachfolgenden Beitrag Daniel Rottinger (Foto) aus Berlin. Der gelernte Journalist arbeitet derzeit als freiberuflicher PR-Berater und unterstützt Start-ups dabei, Stories über ihre Entwicklung und ihre Gründerpersönlichkeiten zielgerichtet in die Medien zu bringen.

Von Daniel Rottinger, Berlin

Drei klassische Irrtümer, die zutage treten, wenn Gründerinnen und Gründer von Start-ups über PR- und Medienarbeit nachdenken.

1. Medienarbeit läuft nebenher!

Der Gründer-Alltag ist übermäßig voll, gerade in der Anfangsphase. Es stehen viele richtungsweisende Entscheidungen an: ein tragfähiges Geschäftsmodell will gefunden, der Prototyp entwickelt und mit Nutzern getestet werden. Dass da kaum Zeit und Geld für anderes bleibt, ist logisch. Häufig fällt die Medienarbeit hinten runter, wird entweder gar nicht oder halbherzig durch den Gründer gemacht. Dies hat allerdings weniger mit Unvermögen oder mangelnder Einsicht, sondern schlichtweg mit fehlenden Ressourcen zu tun.

Die Folge: Media Relations, oder eher Media (one time) Relations, verkommen zur Eintagsfliege. Nachdem alle “wichtigen” Aufgaben erledigt sind und bevor man den Laptop zuklappt, so hat es eine PR-Kollegin treffend beschrieben, wird noch schnell eine Pressemitteilung (PM) verfasst und an einen mehr oder weniger sorgfältig recherchierten Verteiler gesendet. In Ausnahmen kann das funktionieren, meist dürfte sie von der redaktion@-Adresse verschluckt werden. Sollte der Empfänger die Mail dennoch öffnen, ist fraglich, ob das Thema außer dem Start-up wirklich jemanden interessiert. Mangels Zeit findet oft keine Auseinandersetzung damit statt, wen man mit der Kommunikation erreichen möchte.

Tipp: Weniger ist mehr. Statt eine PM an möglichst viele Redaktionen zu schicken, sollte man sich auf wenige fokussieren. Bei den Medien nicht so stark auf deren Größe achten, sondern ob es eine Übereinstimmung zwischen angestrebter Zielgruppe (z.B. potenzielle Mitarbeiter) und der Leserschaft gibt.

Am Anfang sollte die Frage stehen: Welches Ziel verfolge ich? Diese sollte man sich vor dem Klick auf den Senden-Button erneut stellen – und erst draufklicken, wenn man eine eindeutige Antwort darauf hat.

2. Erfolge müssen direkt sichtbar sein!

Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht ein neuer Ratgeber für (angehende) Gründerinnen und Gründer erscheint. Einer der bekannteren ist Lean Startup von Eric Ries. Was Ries populär gemacht hat? Das “build, measure, learn”-Prinzip (zu Deutsch: ‘Bauen, messen, lernen‘). Statt langem Tüfteln schickt man sein Produkt oder seinen Service in einen Feedback-Loop – mögliches Scheitern einkalkuliert. Übertragen auf die Online-Kommunikation kann man etwa bei Paid Social ohne weiteres per A/B-Test herausfinden, welche Variante oder welcher Kanal besonders gut performt. Medienarbeit wirkt im Kontrast schwerfällig und wenig kalkulierbar. Denn zunächst ist ungewiss, ob die Story, die sich die Gründer überlegt haben, überhaupt erscheinen wird oder sie der Journalist als Gatekeeper links liegen lässt.

Von außen gleicht es wohl häufig einer Zeit und Geld verschlingenden Black Box. Doch sollte ein Performance-Kanal überhaupt mit einer Reputations-Maschine wie der Medienarbeit verglichen werden? Unabhängig von der Antwort, muss sich eine Gründerin oder ein Gründer häufig zwischen A oder B entscheiden, da nur für eines die Mittel vorhanden sind.

Tipp: Als PR-Profi muss man zunächst ein Verständnis dafür entwickeln, wieso Gründer so denken wie sie denken. Man sollte nicht automatisch disqualifizieren, weshalb ewig lange Kampagnenkonzeptionen auf das Start-up befremdlich wirken. Vielmehr ist zu erklären, wieso die Black Box ‘Medienarbeit’, gar nicht so sehr Black Box ist wie es im ersten Moment scheint. 

3. Wir legen los, wenn wir mal größer sind!

Wer sich bislang noch kaum mit Start-ups auseinandergesetzt hat, wird vermutlich sagen, dass man ab einem gewissen Alter schon einmal davon gelesen oder gehört haben sollte. Zielführend ist allerdings eine Unterteilung nach der sogenannten Gründungsphase. Abhängig davon haben Start-ups andere Zielsetzungen (zum Beispiel in der Start-up-Phase den Abschluss der Entwicklungsarbeiten bzw. den Produktionsbeginn) und entsprechend passt sich auch die Kommunikation an. Doch wann fängt man mit der Medienarbeit genau an?


Infokasten: Wie sieht die deutsche Start-up Landschaft aus?

Laut der Erhebung des Deutschen Startup Monitor 2020 befinden sich in Summe über 73 Prozent der teilnehmenden Start-ups (n=1.832) in den sogenannten early stages, also der Seed- (22,4%) bzw. Start-up-Stage (50,7%). Auf die Start-up-Phase mit ersten Umsätzen folgt die Wachstumsphase mit starkem Umsatz- oder Nutzerzugewinn. Die restlichen Unternehmen sind keine Start-ups im klassischen Sinne, sondern sogenannte Grown-ups.


Tipp: Einen allgemeingültigen “sweet spot” für den Beginn der Medienarbeit festzulegen ist kaum möglich. Fragen stellen und beantworten kann helfen: Wie stark bin ich auf externe Stakeholder angewiesen? Gibt es entlang meines Geschäftsmodells Gruppen, die ich von meiner Legitimität überzeugen muss?

Den Reputationsaufbau sollte man nicht von heute auf morgen aufziehen. Zu dieser Einschätzung kommt auch der Start-up Experte Dan Ram. Und liefert ein passendes Beispiel: Man muss Investoren und andere Stakeholder ähnlich wie einen „love interest“ umgarnen und nicht ewig verbergen, dass es einen gibt. Nur so kann die Wahrscheinlichkeit gesteigert werden, dass sie später auf die Frage "wanna go with me?" mit Ja antworten.

Ist die Kluft zwischen Start-ups und Media Relations also unüberwindbar groß? Ich meine ‘Nein’. Denn wo Missverständnisse existieren, sind gerade Kommunikatoren gefragt, diese auszuräumen. Zudem: Wie man Herausforderungen und Probleme smart löst, stellen speziell Start-ups vielfach unter Beweis!

Über den Autor: Daniel Rottinger (30) ist gelernter Redakteur. Er hat PR in Stuttgart studiert und nebenbei in einem Tech-Start-up gearbeitet. Als freiberuflicher PR-Berater unterstützt er Start-ups dabei, Stories über ihre Entwicklung und ihre GründerInnen zielgerichtet in die Medien zu bringen. 

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Hirschler leitet Kommunikation und Marketing

Sven HirschlerDie CURA Unternehmensgruppe, Berlin, macht Sven Hirschler zum neuen Leiter für Kommunikation und Marketing. Hirschler kommt von der Deutschen Hospitality, wo er während der vergangenen acht Jahre als Senior Director Corporate Communications die Unternehmenskommunikation der Hotelgruppe um Steigenberger Hotels verantwortete.

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Targobank vertraut auf newskontor

Marco Cabras und Tanja PlebuchDie Targobank wird sich zukünftig in Kommunikationsfragen von newskontor beraten und unterstützen lassen. Die Bank, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehört, hat die in Düsseldorf beheimatete Agentur als neuen Partner an Bord geholt. Das Mandat umfasst neben der Beratung auch Corporate Communications und Contenterstellung. Die Zusammenarbeit hat im 1. Quartal 2024 begonnen.

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Neues Joint Venture für Krisenkommunikation

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Noch Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

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DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

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Gehaltsstillstand in der PR

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Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

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Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

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Rechte Kommunikation erkennen und bekämpfen

Felix Meyer-WykUnsere Vorstellung von Rechtsextremen beschränkt sich oft auf offensichtliche Verfassungsfeinde: Glatzen mit Springerstiefel oder „Ausländer raus“-Rufe. Keine Frage, diese Gruppen sind gefährlich. Deutlich unauffälliger, aber mindestens genauso gefährlich sind die Neuen Rechten. Für uns als Kommunikatorinnen und Kommunikatoren ist es wichtig, ihre Denkmuster und Strategien zu kennen, denn mit ihren Auftritten werden wir es vermehrt zu tun haben.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

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Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Harte Fakten und Kennzahlen fehlen

Schriftzug CR BenchmarkNachhaltigkeitskommunikation ist auf den Corporate Websites zentral positioniert. Immer mehr Unternehmen verknüpfen den Geschäftserfolg inhaltlich mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Bedenklich ist aber die seit mehreren Jahren rückläufige Transparenz. Wichtige Kennzahlen verschwinden allmählich aus der Nachhaltigkeitskommunikation. Der neue CR Benchmark von NetFed zeigt die aktuellen Entwicklungen.

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Neue Website veröffentlicht

Screenshot der neuen dapr-WebsiteDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr) hat ihre neue Website. Sie bietet Userinnen und Usern nach eigenen Angaben fortan mehr Serviceorientierung, ein zeitgemäßes Design und eine stark vereinfachte Nutzerführung, unter anderem durch eine neue Suchfunktion sowie durch die Zusammenführung mit dem ehemals separaten dapr-Shop. Interessenten können nun die individuell passende Qualifizierung schneller finden.

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Agile Denkpause

Weg mit der Paywall

Kathrin Behrens Ihr kennt es: Ihr stolpert über einen Artikel, klickt ihn an, beginnt zu lesen. Sobald es spannend wird, ist Schluss. Eine Bezahlschranke, angelsächsisch „Paywall“, poppt auf. Von hier aus geht es nur mit einem langfristigen Vertrag weiter, it's Abo-Time: Rund 24,00 Euro kostet dieses digital bei der „Zeit“, 41,00 Euro bei der „FAZ“ und 43,00 Euro bei der „SZ“. Fixkosten, die ich meide. Ich finde Paywalls ätzend und wenig innovativ, sie verderben mir regelmäßig die Laune.

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Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

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Stolze Gewinnerinnen und Gewinner

Von links: Christoph Heshmatpour, Johanna Wittner, Michael Rotschädl und Lukas KalteisDie Erstplatzierten des diesjährigen Franz-Bogner-Wissenschaftspreises für PR stehen fest: Es sind Johanna Wittner, Michael Rotschädl, Christoph Heshmatpour und Lukas Kalteis. Insgesamt wurden 33 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Jahr 2023 in vier Kategorien eingereicht. Zehn Arbeiten erhielten bei der Verleihung am 22. April in Wien eine Auszeichnung. Das Preisgeld beträgt insgesamt 8.900,00 Euro.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.