Jeff Jarvis appellierte beim scoopcamp 2020 an die Medienbranche: "Build something new!"

Medien müssen besser zuhören und offener gegenüber neuen Formen von Journalismus sein. Das ist eine zentrale Erkenntnis der diesjährigen Innovationskonferenz für Medien, die erstmals als hybride Live-Veranstaltung durchgeführt wurde. In Keynotes, Panels und Masterclasses diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer digital und vor Ort beim scoopcamp 2020 über aktuelle Herausforderungen und Innovationen der Medienlandschaft. Das zwölfte scoopcamp fand erstmals in hybrider Form im Hamburger Designzentrum designxport statt und rückte aktuelle Trends und Themen an der Schnittstelle zwischen Redaktion, Programmierung und Produktentwicklung in den Fokus.

Preisträger Jeff Jarvis (City University of New York) bei seiner Online-Keynote. (© obs / dpa /Christian Charisius)

In einer Laudatio auf den diesjährigen scoop Award-Preisträger Jeff Jarvis (City University of New York) hob Carsten Brosda, Hamburgs Senator für Kultur und Medien, die Bedeutung der Innovationskonferenz für Medien hervor und lobte den New Yorker Medienexperten und Journalismus-Professor für seine Verdienste um die digitale Zukunft des Journalismus. Jeff Jarvis habe Brücken zwischen Medienhäusern und Digital-Plattformen gebaut. Dass beide Seiten mehr Verständnis füreinander entwickelt haben, sei ganz wesentlich sein Verdienst.

"Medien radikal hinterfragen"

Im Anschluss an die digitale Preisverleihung ergriff Jeff Jarvis schließlich selbst das Wort und zeigte in seiner Keynote auf, wie sich der Journalismus aufstellen sollte, um zukünftige Herausforderungen zu meistern. Dabei betonte er, dass digitale Plattformen nicht als Verursacher für rückläufige Einnahmen und Auflagen der Medien kritisiert werden dürften. Google, Twitter und Facebook seien schließlich nicht dafür erfunden worden, um über Nachrichten zu informieren. Es sei vielmehr der Mangel an vergleichbaren Angeboten gewesen, der Nutzer dazu gebracht hätte, Inhalte auf digitalen Plattformen zu teilen und zu diskutieren. Klassische Medien sollten sich daher ein Beispiel an ihnen nehmen und selbst mehr digitale Angebote schaffen, die informieren und Austausch ermöglichen. Nur so könne mehr gegenseitiges Verständnis hergestellt und der öffentliche Diskurs verbessert werden, so der renommierte Journalismus-Professor, der für seinen Vortrag live aus New York zugeschaltet war. Jetzt sei der Moment, Medien radikal zu hinterfragen und einen neuen Journalismus aufzubauen, der nicht nur spricht, sondern auch zuhört. "Build something new!" lautete entsprechend Jarvis' zentrale Forderung.

Wenn es nach Chris Waiting, Geschäftsführer von The Conversation UK, geht, sollten Journalisten dabei vor allem Wissenschaftlern mehr Gehör verleihen. Mit seinem Verlag setzt sich der zweite Keynote-Speaker dafür ein, dass Wissen, das in Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen oftmals verborgen bleibt, für eine breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht und interessant aufbereitet wird. The Conversation UK baue hierbei auf zahlreiche Kooperationen mit Universitäten und Medienpartnern. Kollaborationen seien allgemein ein entscheidender Hebel, um Wissen zu demokratisieren und den öffentlichen Diskurs zu verbessern, so Waiting. Dieses Ziel sollte die gesamte News-Branche als übergeordneten Auftrag begreifen.

"Der Markt wartet nicht auf uns."

Exklusive Einblicke in ihre Nachrichtenorganisationen gewährten danach Christina Elmer („Spiegel“), Juliane Leopold (ARD-aktuell) und Julia Lumma (Verlagsgruppe Rhein Main, VRM), die gemeinsam im Gespräch mit Moderator Meinolf Ellers (Deutsche Presse-Agentur) den Wandel der Newsrooms thematisierten. So seien Prozesse, die hinter der Entwicklung und Implementierung neuer Technologien stecken, oftmals sehr langwierig, so Christina Elmer. Es sei daher umso wichtiger, dass Medien Wege finden, mit denen sie flexibel bleiben und immer wieder an neue Systeme andocken können. Ähnlich sah es Julia Lumma, die Neugier und Mut der Mitarbeiter als wesentliche Digitalisierungsfaktoren ausmacht: "Es braucht Leute, die Lust haben, etwas Neues auszuprobieren. Dann überträgt sich dieser Gedanke nach dem Schneeballsystem in alle Redaktionen." Juliane Leopold appellierte zudem an ihre Kolleginnen und Kollegen: "Der Markt wartet nicht auf uns. Wir müssen dahin gehen, wo die Menschen sind." Mittelfristig helfe nur eine Kombination aus starken eigenen Kanälen und einer starken Distribution.

Das Abschlusspanel mit Jessica Staschen (Zeit-Stiftung), Luca Caracciolo („t3n“) und Peter Kropsch (dpa) bildete schließlich das Finale der zwölften Innovationskonferenz für Medien. Gemeinsam diskutierten sie die Erkenntnisse des Tages und die Frage, wie Medien auch in Zukunft relevant bleiben können. Jessica Staschen unterstrich einmal mehr, dass es zukünftig darauf ankommen würde, noch besser zuzuhören - sowohl Nutzern als auch Wissenschaftlern. Hierzu gehöre auch, dass Journalistinnen und Journalisten neuen Plattformen und Entwicklungen mit Demut begegnen sollten, ergänzte Luca Caracciolo. Peter Kropsch wies außerdem auf das Potenzial von Kollaborationen hin, die zukünftig noch wichtiger würden.

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