Die Grafik zeigt, wie häufig in welchen Medien Corona-Informationen gesucht wurden. (Grafik: Matysiak; Daten nach Viehmann et al. (2020))

Die Öffentlichkeitsarbeit der Pressestellen von Behörden und Forschungseinrichtungen war in der Hochphase der Corona-Krise die zweitwichtigste Informationsquelle der Bevölkerung. Das ergibt sich aus einer Studie von Kommunikationswissenschaftlern der Universitäten Mainz und Düsseldorf. Die Forscher hatten vom 24. bis 26. März im Wege einer repräsentativen Online-Umfrage gut 2.000 Menschen danach gefragt, wie häufig und aus welchen Quellen sie aktuelle Informationen über das Corona-Virus bekommen hatten. Das am häufigsten genutzte Medium war der öffentlich-rechtliche Rundfunk (inkl. Online-Angebot), den zwei Drittel der Befragten täglich nutzten. Bereits auf Platz 2 der wichtigsten Angebote rangierten die Informationen von Behörden und Forschungseinrichtungen, deren Webseiten oder Social-Media-Auftritte von 57 Prozent der Befragten besucht wurden.

Beinahe ebenso wichtige Informationsquellen waren das persönliche Gespräch (55 Prozent) und Kontakte in sozialen Netzwerken (54 Prozent). Die PR-Arbeit der Pressestellen von Behörden und Forschungseinrichtungen war damit relevanter als die digitalen und analogen An­gebote der Regional- und Lokalzeitungen (44 %) sowie der überregionalen Tageszei­tungen („FAZ“, „Süddeutsche Zeitung“ etc.) und der po­liti­schen Wochenzeitschriften („Spiegel“, „Stern“ etc.) mit 34 Prozent.

Vor allem die recht geringe Bedeutung von Qualitäts­me­dien wie „SZ“, „FAZ“ oder „Spiegel“ überrascht. Da sie über eigene Wissen­schafts­re­daktionen verfügen, waren sie bislang ein wesentlicher Pfeiler der journalistischen Gesundheits­bericht­er­stattung gewesen. Diese publizistische Funktion haben in der ersten Hochphase zu einem Teil die Pres­sestellen von Be­hör­den und Forschungs­ein­richtungen übernommen.

Indem die PR von Be­hör­den und For­schungs­einrich­tun­gen zur zweit­­wich­tigs­­ten In­for­­­mationsquelle wurde, stellte sie die Wis­­sen­­schafts- bzw. Gesund­heits­­be­richt­­er­stat­tung der Qualitätsmedien weit in den Schatten. Da­mit wurde zu­gleich die unmittelbare Kom­mu­nikation von Pressestellen und Öffentlichkeit deutlich wichtiger als die mit­tel­bare Kommunikation über die Medien.

Hintergrundinformationen Domäne der PR

Als Domäne der Pressestellen erwies sich ins­besondere die Hintergrundbericht­erstat­tung, wie eine Studie der Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung ergab. Ein Ergebnis: Wenn die Befrag­ten auf die Su­che nach Hin­tergrund­informationen gin­gen, besuch­ten sie das Informationsangebot von Pressestellen wie der des Robert-Koch-Instituts, des Bundegesundheitsministeriums oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung am häufigsten (47 %). (siehe folgende Abbildung)

Matysiak Grafik2 Woher Corona Hintergrundinfos

Die Grafik weist aus, wo sich Menschen Hintergrundinformationen zur Corona-Pandemie besorgten. (Grafik: Matysiak; Daten nach Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung 2020, S. 2 (2020))

Auf Rang zwei folgte das Angebot der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender (44 %). Die Corona-Informationen der Nach­richt­enmagazine und das Online-An­gebot eta­blier­ter Medien erreichten jeweils 37 Pro­zent der Bevölkerung. Die fünfthäufigste Informati­ons­­­quel­le waren nach dieser Untersu­chung ge­meinsam die TV-Nach­rich­ten­sender und Pod­­casts (jeweils 36 %). Die sogenannten Qualitätsmedien spielten auch nach dieser Umfrage keine primäre Rolle.

Die Daten zeigen, dass die Public Rela­tions der Pressestellen in der Hochphase der Pandemie bei der Verbreitung tiefer rei­chen­den Wissens den wichtigsten Beitrag lei­steten.

Public Relations gilt als vertrauenswürdig

Die Stärke der Pressestellen bestätigte sich, als die Bevölkerung während der Hochphase der Corona­pandemie gefragt wurde, welchen Informationsquellen sie ver­traut. In einer Studie der Uni Erfurt schnitten die Pressestellen auch hier am besten ab. (Abbildung 3) Auf einer sie­benstufigen Skala von 1 (sehr wenig Ver­trau­en) bis 7 (sehr viel Vertrauen) erreichten die Webseiten von Bundesgesundheitsminis­te­ri­um, Robert-Koch-Institut oder Bundeszen­tra­le für gesundheitliche Aufklärung mit 5,42 den mit Abstand höchsten Wert.

Matysiak Grafik3 Welchen Infoquellen Menschen vertrauen

Diese Grafik zeigt, welchen Informationsquellen die Menschen vertrauen. (Grafik: Matysiak; Daten nach Betsch 2020)

Stark gewachsenes Informationsbedürfnis

Insgesamt hat die Corona-Pandemie zu einer starken Nutzung von Medien geführt. Wäh­rend der Hochphase des Geschehens, von Mitte März bis Mitte April, informierten sich drei Viertel der Deutschen häufig über die Pan­demie.

Gegenüber den Vor-Corona-Zeiten ist ein ge­wachsener Informationshunger festzu­stel­len. 41 Prozent der Bevölkerung in­for­mierte sich an­gesichts der Be­drohung in den Medien „et­was häufiger“ als zuvor, bei 38 Prozent war es sogar „sehr viel häu­fi­ger“.

Beim Robert-Koch-Institut, während der Corona-Pandemie der Hotspot der Informationsvermittlung, vervielfachten sich Klickzahlen. Anfang Februar besuchten nach Angaben der RKI-Pressestelle täglich durchschnittlich 30.000 Personen die Internetseiten. Seit März stiegen die Zahlen deutlich an und erreichten am 16. März einen Höhepunkt von etwa 1,7 Millionen Besuchern. Im Mai gingen die Zahlen auf etwa 250.000 Visits am Tag zurück. Der überwiegende Teil dieses Besucherzuwachses – gut 98 Prozent – ging auf das Bedürfnis nach Corona-Informationen zurück.

Über den Autor: Dr. Stefan Matysiak ist Kommunikationswissenschaftler, Journalist und Dozent für Journalismus und PR. Er betreibt in Göttingen das Institut für Presseforschung und fertigt medienwissenschaftliche oder medienwirtschaftliche Studien. Das „PR-Journal“ bedankt sich bei Stefan Matysiak für die Bereitstellung des Beitrags.


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