PR-Interview zu den Young Lions 2020: Herzblut investieren und um die Ecke denken

Am 29. April steht die Sitzung der deutschen PR-Jury für die Young Lions 2020 an. An diesem Tag entscheidet sich, welches Duo aus Deutschland im Juni am Young Lions Wettbewerb 2020 in Cannes teilnehmen wird. Zahlreiche PR-Nachwuchstalente haben sich für die Teilnahme am prestigeträchtigen Nachwuchs-PR-Wettbewerb beworben. Die GPRA unterstützt den Kreativ-Wettbewerb in diesem Jahr wieder in der Kategorie PR. Schon einmal bis nach Südfrankreich geschafft haben es die Vorentscheid-Gewinnerinnen des vergangenen Jahres, Alicia Ziegler und Lisa-Kristin Wilts – damals beide noch bei der Hamburger Agentur achtung! tätig. Welche Hürden die beiden Beraterinnen dafür überwinden mussten und welche Ratschläge sie den diesjährigen Teilnehmern mitgeben, verrieten sie nun dem „PR-Journal“.

Alicia Ziegler (links) und Lisa-Kristin Wilts, die deutschen „PR Young Lions“ aus 2019, geben Tipps für die Kandidaten 2020.

PR-Journal: Eine Frage vorweg: Young Lions? Gehen hier nur blutige PR-Anfänger an den Start oder muss man Erfahrung mitbringen?
Alicia Ziegler: Es ist gut und wichtig zu wissen, wie das Kommunikationsinstrument Public Relations funktioniert. Und den einen oder anderen coolen aktuellen Case sollte man kennen, das ist eine Hausaufgabe, die man gemacht haben muss. Zu wissen, welche Cases in Cannes bereits erfolgreich waren, ist ein Vorteil.

PR-Journal: Und woher kam bei euch der Anreiz, sich für die Young Lions bewerben?
Ziegler: Lisa und ich verstehen uns nicht nur freundschaftlich gut, sondern ähneln uns auch im Workflow. Also dachten wir uns, wir probieren es einfach mal.
Lisa-Kristin Wilts: Außerdem hatten wir Bock darauf, einfach mal zu zeigen, was wir können.
Ziegler: Dass die Reise am Ende soweit geht, hätten wir allerdings nicht gedacht.

PR-Journal: Die führte bekanntlich bis an die Côte d’Azur. Wie habt ihr es zunächst geschafft, den nationalen Vorentscheid zu überstehen?
Wilts: Es war vor allem die Teamfähigkeit, die wir an den Tag legen, die uns geholfen hat. Das habe ich so noch nicht erlebt. Wir respektieren uns, wir haben beide bestimmte Fähigkeiten und haben das höhere Ziel vor Augen. Da war zu Null Prozent falscher Egoismus oder Konkurrenz im Spiel.
Ziegler: Außerdem hat es uns enorm geholfen, dass wir von unserer Idee wirklich überzeugt waren. Wir standen mit Herzblut dahinter, fanden es selber cool und haben nicht irgendwas verkaufen wollen, was wir selber nicht für gut befanden.

PR-Journal: Was waren die größten Schwierigkeiten?
Wilts: Wir sind während der Bearbeitung durch alle Stadien gegangen, die es gibt: Erst waren wir geschockt, denn wir waren von Produkt-PR ausgegangen, bekamen es aber mit einem Event zu tun. Zusätzlich mussten wir den Case auf Englisch umsetzen. Danach hatten wir 500 Einfälle, die wir alle verworfen haben. Irgendwann waren wir richtig verzweifelt, weil die zündende Idee nicht kommen wollte.
Ziegler: Genau da muss man aufpassen, nicht in Panik zu verfallen. Auch einfach mal rausgehen, um den Kopf freizukriegen. Standen wir auf dem Schlauch, sind wir um den Block gegangen und haben über andere Sachen gesprochen. Wir haben das ja für uns gemacht, es sollte ja auch Spaß machen.

PR-Journal: Nicht in Panik verfallen, ist schonmal ein guter Ratschlag. Habt ihr weitere spezielle Tipps für die diesjährigen Teilnehmer?
Wilts: Schreckt niemals vor zu ausgefallenen Ideen zurück. Es muss zu sehen sein, dass man Bock drauf hat und kreativ denken kann.
Ziegler: Die Teilnehmer sollten für alles offen sein. Denn man weiß nie, was nachher kommt. Es ist letztlich wichtig, nicht einfach diese klassischen PR-Maßnahmen umzusetzen, sondern noch einen drauf zu setzen. Dass man um die Ecke denkt und überlegt, was noch etwas cooler wäre – sodass es fast nicht mehr umsetzbar erscheint. – Denn genauso ist Cannes.
Wilts: Genau. Man sollte sich vor dem Vorentscheid nicht nur Cases anschauen. Man muss auch schauen, was da für Mechaniken hinter sind. Woraus besteht der Kern des Ganzen? Es ist in der Regel ein gesellschaftliches Problem, das durch diese PR-Kommunikation angegangen wird. Also muss man schauen, was akute gesellschaftliche Themen sind. Man muss den Zeitgeist verstehen und so eine Grundlage für sein Konzept schaffen. So errichtet man ein wertiges Fundament. Wenn man dann noch eine kreative Idee und eine Mechanik raufsetzt, bestehen gute Chancen.
Ziegler: Und das alles klappt am besten, wenn man mit einem freien Kopf an die Sache herangeht.

PR-Journal: Bei den Young Lions tritt man im Zweierteam an – Fluch oder Segen?
Wilts: In unserem Fall hat das Projekt von der Partnerarbeit profitiert. Wir ergänzen uns perfekt. Aber es ist auch essenziell, ehrlich miteinander zu sein. Selbst wenn man persönlich gut miteinander auskommt, muss man seinem Partner sagen können, wenn man etwas nicht gut findet.
Ziegler: Kennt man sich noch nicht wirklich, kann man sich vorher mal zu einem Essen treffen, um als Team zusammenzuwachsen. Wie gut man miteinander auskommt – das Menschliche –, strahlt auch nach außen und hilft bei der Bewertung.
Wilts: Genau. Es ist wichtig, einen guten Team-Buddy zu haben. Wenn man noch nicht so oft miteinander gearbeitet hat, kann es eine Herausforderung sein, ein gutes Ergebnis abzuliefern. Und wenn da jemand am Werk ist, der nur seine Ego-Show abzieht, funktioniert es nicht.

PR-Journal: Gewonnen habt ihr in Cannes leider nicht – inwiefern hat sich die Teilnahme bei den Young Lions trotzdem gelohnt?
Wilts: Wir wurden zusammengeschweißt durch die Erfahrungen vor Ort. Da ging es nicht mehr darum, eine Medaille zu ergattern. Es ist ohnehin eine Once-In-A-Lifetime-Chance, die wir jedem empfehlen können.
Ziegler: Wir waren so oder so Gewinner. Es ging um die Erfahrung, und nicht um den Lebenslauf. Wir mussten dort niemandem etwas beweisen. Außerdem lernt man enorm viel über die Gesellschaft und über die Branche. Durch all das gewinnt man an Reife.
Wilts: Wir haben aber auch Wert darauf gelegt, die Dinge vor Ort kritisch zu betrachten. Das führt zu einem wichtigen Lernprozess. Nicht nur für uns persönlich, sondern auch für zukünftige Jobs. Für das, was wir mit unser Arbeit machen wollen. Wir können Stereotypen ändern und Cases umsetzen, die einen Impact haben und nicht nur schön aufpoliert für Awards sind. Man hat durch diese Reichweite die Möglichkeit, auf bestimmte Dinge aufmerksam zu machen. Gerade durch diesen Wettbewerb wird es einem bewusst.
Ziegler: Neben der Reichweite erkennt man aber eben auch, was in der Branche noch nicht so gut klappt. Das motiviert besonders, etwas in der Welt zu verändern. Die Branche ist geil und wir können so viele Themen ansprechen und Menschen erreichen – genau da haben wir Bock drauf. Für unsere Zukunft und auch die Generation nach uns. Das haben wir am meisten vom ganzen Wettbewerb mitgenommen.

PR-Journal: Vielen Dank, dass ihr euch Zeit genommen habt für das Gespräch.

Seitennavigation

Personalien

Zuwachs für Boldt in Berlin und Köln

Wehrs Julia SenCons Boldt 2024Bienias Marius SenCons Boldt 2024Julia Wehrs (Foto l.) und Marius Bienias (r., © Boldt) sind als Senior Consultants neue Mitglieder im Team der internationalen Kommunikationsberatung Boldt. Bienias ergänzt seit März das Team in Köln. Zuvor arbeitete er unter anderem als Senior Account Manager bei den Agenturen Team Lewis und Edelman. Wehrs unterstützt seit April den Bereich Corporate und Public Affairs in Berlin. Zuletzt war sie Account Managerin im Public Affairs-Team von BCW (Burson Cohn & Wolfe) Deutschland.

Etats

Targobank vertraut auf newskontor

Marco Cabras und Tanja PlebuchDie Targobank wird sich zukünftig in Kommunikationsfragen von newskontor beraten und unterstützen lassen. Die Bank, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehört, hat die in Düsseldorf beheimatete Agentur als neuen Partner an Bord geholt. Das Mandat umfasst neben der Beratung auch Corporate Communications und Contenterstellung. Die Zusammenarbeit hat im 1. Quartal 2024 begonnen.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Noch Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

Deckblatt des PwC Global Top 100 RankingNach einem schwierigen Jahr 2023 haben die 100 wertvollsten Unternehmen der Welt laut dem jährlichen „Global Top 100“-Ranking von PwC wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von 39,9 Billionen US-Dollar zum 31. März 2024 übertrafen sie ihren bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2022 von 35 Billionen US-Dollar. Deutschland landet im Länderranking auf Platz 13.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Harte Fakten und Kennzahlen fehlen

Schriftzug CR BenchmarkNachhaltigkeitskommunikation ist auf den Corporate Websites zentral positioniert. Immer mehr Unternehmen verknüpfen den Geschäftserfolg inhaltlich mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Bedenklich ist aber die seit mehreren Jahren rückläufige Transparenz. Wichtige Kennzahlen verschwinden allmählich aus der Nachhaltigkeitskommunikation. Der neue CR Benchmark von NetFed zeigt die aktuellen Entwicklungen.

Aus- und Weiterbildung

Neue Website veröffentlicht

Screenshot der neuen dapr-WebsiteDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr) hat ihre neue Website. Sie bietet Userinnen und Usern nach eigenen Angaben fortan mehr Serviceorientierung, ein zeitgemäßes Design und eine stark vereinfachte Nutzerführung, unter anderem durch eine neue Suchfunktion sowie durch die Zusammenführung mit dem ehemals separaten dapr-Shop. Interessenten können nun die individuell passende Qualifizierung schneller finden.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Weg mit der Paywall

Kathrin Behrens Ihr kennt es: Ihr stolpert über einen Artikel, klickt ihn an, beginnt zu lesen. Sobald es spannend wird, ist Schluss. Eine Bezahlschranke, angelsächsisch „Paywall“, poppt auf. Von hier aus geht es nur mit einem langfristigen Vertrag weiter, it's Abo-Time: Rund 24,00 Euro kostet dieses digital bei der „Zeit“, 41,00 Euro bei der „FAZ“ und 43,00 Euro bei der „SZ“. Fixkosten, die ich meide. Ich finde Paywalls ätzend und wenig innovativ, sie verderben mir regelmäßig die Laune.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Stolze Gewinnerinnen und Gewinner

Von links: Christoph Heshmatpour, Johanna Wittner, Michael Rotschädl und Lukas KalteisDie Erstplatzierten des diesjährigen Franz-Bogner-Wissenschaftspreises für PR stehen fest: Es sind Johanna Wittner, Michael Rotschädl, Christoph Heshmatpour und Lukas Kalteis. Insgesamt wurden 33 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Jahr 2023 in vier Kategorien eingereicht. Zehn Arbeiten erhielten bei der Verleihung am 22. April in Wien eine Auszeichnung. Das Preisgeld beträgt insgesamt 8.900,00 Euro.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.