Die Website „Hate Speech entgegentreten“ bietet u. a. eine Reihe von Expertenbeiträgen zum Umgang mit Hate Speech. (© Screenshot von „Hate Speech entgegentreten“)

45 Prozent der professionellen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren in Deutschland haben in ihrer täglichen Arbeit mit Hasskommentaren zu tun, die sie über die sozialen Medien erreichen. Insgesamt nehmen die Kommunikationsexperten einen Anstieg des Phänomens insbesondere seit 2015 wahr. Ein Großteil der Betroffenen (41 Prozent) sieht sich etwa alle drei Monate mit einem Fall von Hate Speech in Unternehmen oder Organisation konfrontiert, zehn Prozent sogar wöchentlich. Das sind Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie, für die 715 Kommunikationsverantwortliche in Deutschland online befragt wurden.

Die Studie hat Professor Daniela Stockmann von der Hertie School in Berlin im Auftrag des Bundesverbands der Kommunikatoren (BdKom – ehemals BdP, Bundesverband deutscher Pressesprecher), der Forschungsgruppe Modellprojekte und der Amadeu Antonio Stiftung durchgeführt. Es handelt sich um die erste Studie dieser Art in Deutschland.

Insgesamt sind Behörden (59 %) und Nichtregierungsorganisationen (55 %) von Hate Speech stärker betroffen als Unternehmen, aber auch hier sind es noch knapp 33 Prozent. Die Frage nach den Reaktionen ergibt ein uneinheitliches Bild. Am häufigsten wird zum Mittel der aufklärenden Kommentierung gegriffen. Behördensprecher sind eher bereit, Nutzer zu melden beziehungsweise Strafanzeige zu stellen. Experten in Nichtregierungsorganisationen tendierten besonders häufig dazu, eigene Unterstützer zu mobilisieren und beantworten Hassrede mit „Gegenrede“ (Counter Speech). Die Hälfte der Kommunikationsexperten gibt an, sich schon einmal bewusst entschieden zu haben, ein Thema nicht in den Sozialen Medien zu erwähnen, um negative Kommentare zu vermeiden. „Dieses Ergebnis macht deutlich, dass Hassrede eine ernste Bedrohung des öffentlichen Diskurses darstellt“, so Daniela Stockmann.

Auf der neuen Website „Hate Speech entgegentreten“ finden Interessierte nun nicht nur die Studienergebnisse, sondern eine Reihe von Expertenbeiträgen zum Umgang mit Hate Speech. Anhand von Fallbeispielen werden erfolgreiche Gegenstrategien erklärt. Zur Verfügung stehen auch eine umfangreiche Darstellung und Analyse der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

„Heute glaubt keiner mehr, dass Hate Speech in den sozialen Medien ein Spuk ist, der einfach so vorübergeht. Unser Projekt hat gezeigt, dass die ganze Breite der Gesellschaft betroffen ist und keineswegs nur Politik und Behörden. Professionelle Kommunikatoren können einen wichtigen Beitrag leisten, um eine wirksame gesellschaftliche Antwort auf Hass im Netz zu geben. Dabei will der BdKom sie unterstützen. Hingegen sind wir skeptisch, was die Fülle bestehender und geplanter gesetzlicher Maßnahmen angeht. Verbote, die die Meinungsfreiheit einschränken, am Ende aber nicht durchgesetzt werden können oder gar die Falschen treffen, helfen nicht weiter“, sagt Regine Kreitz, Präsidentin des BdKom.

„Der Hass im Netz ist gut organisiert und oft reicht ein nichtiger Anlass, um eine Welle von Wut und Empörung loszutreten. Rechtsextreme wissen sehr genau, wie sie die Dynamiken des Netzes nutzen können, um es mit ihren Botschaften zu fluten. Den Hatern geht es darum, die Debatte zu bestimmen und die Deutungshoheit zu gewinnen. Die Antwort auf Hate Speech liegt nicht im Löschen, sondern im Haltung zeigen. Nur eine lautstarke digitale Zivilgesellschaft, zu der auch Unternehmen und Organisationen gehören, kann das Netz wieder zu einem demokratischen Diskussionsraum machen“ sagt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Das Informationsangebot ist Teil des Projekts „Hate Speech entgegentreten“, das BdKom, Amadeu Antonio Stiftung und Forschungsgruppe Modellprojekte im Rahmen des Programms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) durchgeführt haben.


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