Thorsten Sperlich

Für Kommunikationschef Thorsten Sperlich ist das Thema wie ein Sechser im Lotto

Märkte verändern sich, die Digitalisierung hält Einzug in Branchen, bei denen man es auf den ersten Blick nicht unbedingt erwartet. Die Sanitärbranche, insbesondere das technologische Angebot für Bäder und Küchen, ist da ein Beispiel. In diesem Markt aktiv ist die Grohe AG, eine globale Marke für ganzheitliche Badlösungen und Küchenarmaturen. Das Unternehmen gehört seit 2014 zur japanischen LIXIL Group Corporation. In Deutschland gibt es in Hemer, Lahr und Porta Westfalica noch drei Fertigungsstätten, der Hauptsitz ist in Düsseldorf. Das „PR-Journal“ sprach mit Kommunikationschef Thorsten Sperlich über die kommunikativen Herausforderungen für sein Unternehmen.

PR-Journal: Um zunächst einmal Klarheit zu schaffen, Herr Sperlich. Als Chief Communications Officer sprechen Sie für die Grohe AG und nicht etwa für Ihren Konkurrenten Hansgrohe aus Süddeutschland. Kommt es da immer noch zu Verwechslungen?
Thorsten Sperlich: Sie haben recht, bei den Endkonsumenten gibt es hier oft noch eine Verwechslung. Anders bei Experten aus der Branche, dem Großhandel oder auch informierten Kundeninnen und Kunden – die können uns sehr wohl unterscheiden und wissen insbesondere auch um unsere innovativen Produktkategorien. Im Grunde genommen verhält es sich ähnlich wie bei adidas und Puma, nur dass die Grohes keine Brüder waren, sondern Vater Hans Grohe (hansgrohe) und Sohn Friedrich Grohe (GROHE). Aber wir sehen das sportlich, wir operieren in 150 Märkten und der Sanitärmarkt ist groß genug.

„Widerstände gab es nicht“

PR-Journal: Nach Ihrem Abschied von Ketchum Pleon sind Sie jetzt bald fast zwei Jahre bei Grohe, haben eine neue Kommunikationsabteilung aufgebaut und das Unternehmen neu positioniert. „Shaping the future of water“ lautet Ihre erst kürzlich auf der ISH Fachmesse vorgestellte Vision. Dabei setzen Sie auf die Markenwerte Technologie, Qualität, Design und Nachhaltigkeit. Das ging in so kurzer Zeit in einem Traditionsunternehmen doch sicher nicht reibungslos von statten, oder?
Sperlich: Ich habe von Anfang an den Dialog mit den Kolleginnen und Kollegen sowie den anderen Abteilungen gesucht. Sich vernetzen, Vertrauen schaffen, aber auch eine Meinung haben und erste Akzente setzen, hat sicherlich geholfen, meine Abteilung dahin zu bringen, wo wir jetzt stehen. Mit direkter Berichtslinie an den CEO ist meine Abteilung gleichberechtigt mit Marketing, Digital etc. aufgestellt. Ich sehe mich aber auch nicht als eine Serviceabteilung, die einfach Marketingbotschaften in den PR Kanälen repliziert. Mein Mehrwert für das Unternehmen liegt vielmehr darin, den Vorstand und das Unternehmen dahingehend zu beraten, einen kommunikativen Kontext zu schaffen, der unsere komplexen Produkte für den Nutzer erfahrbar macht und der sich darüber hinaus in unsere gesamte Unternehmensstrategie einordnet.
Zur weltweit wichtigsten Messe unserer Branche – der ISH – haben wir unseren Produktinnovationen gesellschaftlichen Megatrends zugeordnet, die alle die Zukunft von Wasser gestalten, eben „Shaping the future of water“. Ich bin der Storyteller rund um die technischen Produkte, unsere Produktionsverfahren und Innovationen. Dass es dabei natürlich zu Reibungen kommt, ist klar, aber es gab nie Widerstände.

Rauterkus Michael CEO GROHEPR-Journal: Wie so oft ist für solche Veränderungen eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem CEO erforderlich. Dabei scheint es so, dass Ihr CEO Michael Rauterkus (Foto links) mehr und mehr zum Gesicht des Unternehmens wird. Ende 2018 wurde er unter anderem von der ‚Rheinischen Post‘ und der Messe Düsseldorf zum ‚Düsseldorfer des Jahres‘ gekürt. Gelobt wurde er dabei dafür, dass er die digitale Transformation der Weltmarke GROHE vorantreibe und damit als Vorbild für zahlreiche Traditionsunternehmen diene, die sich neu aufstellen müssten. Wie hoch ist Ihr Anteil daran?
Sperlich: Es ist unabdingbar, der Marke GROHE nach außen ein Gesicht zu geben. Michael Rauterkus als CEO steht absolut für den aktuellen Wandel und die Transformation bei GROHE. Wir sind führend und treiben die Sanitärbranche gerade im Bereich der Digitalisierung vor uns her. In der PR haben wir natürlich den Vorteil, dieses kommunikativ mit der CEO-Positionierung aktiv zu gestalten, online wie offline, ob zum Beispiel durch Interviews in europäischen Leitmedien oder in TV-Formaten wie ntv Mega-Brands.
Unsere Evaluation spricht für sich, wir konnten ihn in den letzten zwölf Monaten im Bereich Innovationen und Entrepreneurship positionieren, und sein share of voice ist im Vergleich zu Wettbewerbern führend. Am Ende stehen aber 6.500 Mitarbeiter von GROHE hinter ihm, die tagtäglich Einsatz zeigen und zur Innovationskraft des Unternehmens beitragen und diese mitgestalten. Gerade auch diese Kollegen gilt es sichtbar zu machen und mit auf die Reise zu nehmen. Hier kommt uns als Abteilung auch im Bereich der Internen Kommunikation eine entscheidende Rolle zu. Am Ende zählt die Teamarbeit innerhalb von GROHE.

„Kommunikative Spielwiese hat sich erweitert“

PR-Journal: Also entwickelt sich GROHE aktuell vom reinen Armaturen Hardware-Hersteller hin zu einem Unternehmen, dass die ‚Digitalisierung von Wasser‘ vorantreibt und somit Anbieter im Internet of Things wird. Wie begleiten Sie das kommunikativ?
Sperlich: Für uns als Kommunikationsabteilung ist das wie ein Sechser im Lotto, wir kommen mit völlig neuen Medien und Stakeholdern ins Gespräch. Mit der Digitalisierung von Wasser haben wir frühzeitig ein Thema besetzt, das neue Produktkategorien und Produktinnovationen in den Fokus rückt, aber eben auch den ganzen Transformationsprozess im Unternehmen thematisiert. Unsere kommunikative Spielwiese hat sich enorm erweitert. Nehmen wir beispielsweise unser Wassersicherheitssystem Sense Guard, das an der Hauptwasserleitung angeschlossen Wasserschäden frühzeitig erkennt und verhindert, indem es die Wasserzufuhr abschaltet. Gleichzeitig können Sie aber nun auch Ihren Wasserverbrauch genau nachvollziehen und per App überwachen. Hier kommen wir jetzt mit Tech-Medien ins Gespräch.
Gerade in der aktuellen Debatte rund um Klimaschutz und Ressourcenschonung können wir hier punkten und weitere Zielgruppenmedien erschließen. Aber das Thema Innovationen macht auch vor unserem Kerngeschäft Armaturen nicht halt. Im März haben wir die erste Armatur aus dem 3D-Drucker in Europa vorgestellt. Sie sehen, das sind Themen, mit denen wir uns klar vom Wettbewerber abheben. Und diese gilt es, kommunikativ global zu spielen. Eine spannende Zeit ist das gerade und die Reise hat erst begonnen.

Grohe Allure Brilliant Icon 3d gedruckte Armatur

Allure Brilliant ICON 3D, die erste Armatur im 3D Metalldruck Verfahren.

Gesamtetat für Europa-Kommunikation ausgeschrieben

PR-Journal: Auf dem Weg zum ‚Digitalisierungs-Treiber der Sanitärindustrie‘ werden Sie aber mit Ihrem fünf-köpfigen Kommunikationsteam die vielfältigen Stakeholderbeziehungen nicht aus eigener Kraft managen können. Welche Agenturen unterstützen Sie mit welchen Leistungen?
Sperlich
: Seit über zehn Jahren, also schon vor meiner Zeit, hat GROHE auf große Netzwerkagenturen gesetzt. Auch das aktuelle Agentursetup mit einer großen Lead-Agentur Edelman wurde vor meiner Zeit entschieden. Ich habe mir bewusst Zeit gegeben, mich bei GROHE einzuarbeiten, die Abteilung mit den richtigen Kompetenzen aufzubauen und mit der aktuellen Agentur zusammen neue Wege zu gehen.
Jetzt sind wir aber an einem Punkt, an dem ich sagen muss, dass das Konstrukt Lead-Agentur über alle Disziplinen hinweg für das Unternehmen nicht mehr das Richtige ist. Ich habe ein tolles Team und von den Kompetenzen her könnten wir theoretisch alles selbst abbilden, schaffen es aber natürlich nicht auf Grund der Größe der Aufgaben: Strategie, B2B, B2C, Corporate, Nachhaltigkeit, Krise, Interne Kommunikation etc. Eine der wichtigsten Zielgruppen sind aber unsere 6.500 Mitarbeiter in 150 Märkten - auch sie müssen wir auf der Reise mitnehmen.
Aktuell schreiben wir daher den gesamten Etat für die Europa-Kommunikation aus. Die Etatgröße ist nicht unerheblich. Unser Ziel ist es, am Ende einen Agentur-Pool von zwei bis drei Agenturen zu bekommen, der uns neue Impulse gibt und uns auf dem Weg der Digitalisierung hilft, die Zukunft von Wasser kommunikativ zu gestalten. 

PR-Journal: Erst vor kurzer Zeit haben wir darüber berichtet, dass Pitches nicht unbedingt das geeignete Verfahren darstellen, um passende Agenturen für den eigenen Bedarf zu finden. Wie wollen Sie vorgehen?
Sperlich
: Aus der Agenturwelt kommend habe ich diese standardisierten klassischen Mammut-Pitches insbesondere auch bei öffentlichen Aufraggebern oder großen globalen Unternehmen als nicht zielführend empfunden. Wir haben uns daher entschlossen, den Pitch dialogisch und im Workshop-Format aufzuziehen.

„Ich halte nichts von aufgeblähten Retainern“

PR-Journal: Wie wollen Sie vorgehen?
Sperlich: Wir gehen in zwei Phasen vor: In einem ersten Agentur-Screening können sich die Agenturen vorstellen, ihre Kompetenz zeigen und uns begeistern. Danach werden wir mit einer Auswahl in Chemistry-Workshops gehen, um uns anhand von konkreten Aufgabenstellungen ihre Lösungsansätze anzuschauen. Mir geht es dabei weniger um die „richtige“ Aufgabenlösung, vielmehr interessiert mich das methodische Vorgehen der Agenturen. Mit welchen Instrumenten arbeiten sie, sind unsere Zielgruppen richtig verstanden und analysiert, auf welche Kreativverfahren greifen sie zurück, welche Kompetenzen haben die Berater und stellen sie die richtigen Fragen.
Ich möchte begeistert werden, mich auf Augenhöhe mit der Agentur austauschen und thematisch wie auch kommunikativ neue Impulse bekommen. Unsere neuen Agenturen sollten sehr reflektiert ihre eigenen Stärken aufzeigen und ausspielen und da wo Bedarf ist, sich gern Kompetenzen von außen hinzuziehen. Als GROHE müssen wir uns flexiblere und agilere Kompetenzen von außen dazuholen. Das hat sicherlich auch Auswirkungen auf neue Vergütungsmodelle, denn ich halte nichts von aufgeblähten Retainern. Und, um diese Frage vorweg zu nehmen, natürlich zahlen wir für die Workshops ein Pitch-Honorar. Das ist für mich selbstverständlich.

PR-Journal: Wenn Sie dann Ihren Agenturpool / Ihre Agenturen gefunden haben, wie sieht dann Ihr Fahrplan aus? Welche Ziele wollen Sie bis wann auf dem Weg zur Digitalisierung von Wasser für Ihr Unternehmen erreicht haben?
Sperlich: Wir haben noch so sehr viel ungenutztes Storytelling-Potenzial bei GROHE, das wir mit dem neuen Set-Up unbedingt voranbringen wollen. Unsere Mitarbeiter auf die aktuelle Reise der Transformation mitzunehmen, ist uns ganz wichtig, hier brauchen wir eine zeitgemäßere Interne Kommunikation. Und eine große Aufgabe wird die Professionalisierung unserer internationalen Kommunikation in Zusammenarbeit mit unseren Ländergesellschaften werden. Hier wollen wir ganz deutlich Akzente setzen, wie wir die Zukunft von Wasser kommunikativ gestalten und begleiten wollen in Europa und darüber hinaus.

PR-Journal: Vielen Dank für das Interview!

 

Über Thorsten Sperlich: Sperlich (44) leitet seit Oktober 2017 die Kommunikationsabteilung bei GROHE als Chief Communications Officer und Head of Communications LIXIL EMENA. Er ist für die gesamte interne und externe Kommunikation in Europa, dem Mittleren Osten und Nord Afrika (EMENA) zuständig. Zuvor war er als Managing Director bei Ketchum Pleon tätig. Davor war der gelernte Kommunikationswissenschaftler bei Coca-Cola Deutschland Head of Brand PR. Sperlichs berufliche Karriere hatte 2006 bei Scholz & Friends Agenda begonnen.

Über die GROHE AG: GROHE ist eine führende globale Marke für ganzheitliche Badlösungen und Küchenarmaturen und beschäftigt insgesamt mehr als 6.500 Mitarbeiter – davon 2.400 in Deutschland. Seit 2014 ist GROHE Teil der LIXIL Group Corporation. GROHE erschließt seit jeher auch neue Produktkategorien. Hierzu zählen neben den Wassersystemen GROHE Blue und Red auch das kürzlich vorgestellte Wassersicherheitssystem GROHE Sense als innovativer Baustein im Wachstumsmarkt des Smart Home. GROHE wurde als Vorreiter seiner Branche mit dem Corporate Social Responsibility Preis der Bundesregierung ausgezeichnet sowie vom renommierten "Fortune® Magazin" in das Ranking der Top 50, die „die Welt verändern“ aufgenommen.


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