Die Konferenz im Managementforum der Handelsblatt Media Group in Düsseldorf.

„Der Weg zur richtigen Agentur“ – unter dieser Überschrift stand eine Konferenz, mit der GWA und OWM Marketingverantwortlichen aus Unternehmen und öffentlichen Betrieben bei der Suche nach der für sie richtigen Agentur helfen wollten. Der Gesamtverband Kommunikationsagenturen sucht gemeinsam mit der Organisation Werbungtreibende im Markenverband nach dem richtigen Weg, wie Auftraggeber und Agentur zusammnenfinden können. Das klang vielversprechend und war es beiden Verbänden wert, dafür im Managementforum der Handelsblatt Media Group in Düsseldorf einen ganzen Konferenztag anzusetzen.

Ausgangspunkt für die Ausrichtung der Konferenz waren unter anderem die Ergebnisse des diesjährigen Frühjahrsmonitors des GWA. In der Erhebung kam unter anderem zum Vorschein, dass Agenturen mehr als ein Drittel der Pitch-Anfragen von Unternehmen ablehnen. Als wichtigste Gründe dafür nannten die Befragten unklare oder zu kleine Budgets und das Fehlen eines Pitch-Honorars. Außerdem registrierte der GWA zunehmend fehlendes Know-how auf Seiten der Auftraggeber.

Da sollte „Der Weg zur richtigen Agentur“ Abhilfe schaffen. Doch von den rund 150 Teilnehmern waren nur gut ein Viertel Vertreter der Auftraggeberseite. Das war sicher nicht im Sinne der Veranstalter, hatten sie doch viel Energie investiert, um Wissensdefizite und Vorurteile abzubauen.

Pitch macht nur Sinn, wenn das Ziel klar ist

Oliver Klein, Inhaber der Agentur-Managementberatung Cherrypicker, der nach eigenen Angaben mehr als 700 Auswahlprozesse begleitet hat, brachte zum Pitch-Thema interessante Erkenntnisse mit. Er stellte Ergebnisse aus der dritten Auflage seines Top-of-Mind-Indexes zur Entwicklung von Pitches aus dem Jahr 2018 vor. Demnach gehört zu den größten Fehlern bei Ausschreibungen, dass sich Auftraggeber zu wenig Zeit für die Vorbereitung nehmen und in Folge dessen den Agenturen auch einen zu knappen Zeithorizont für die Teilnahme setzen. Ganz häufig sei auch die Zielsetzung für Pitches unklar. „Höher, weiter, schneller und das damit verbundene Baugefühl reicht nicht“, sagte Klein. Er bemängelte auch strategische Defizite bei Ausschreibungen: „Ein Pitch macht nur Sinn, wenn man weiß, welches Ziel man verfolgt.“ Außerdem seien Briefings zu umfangreich, es fehle an Flexibilität, die Erwartungen seien zu hoch und die relevanten Entscheider seien häufig nicht eingebunden.

Später pflichtete Marco Zingler, Geschäftsführer der Digitalagentur denkwerk und Vizepräsident des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V., Klein bei und sagte: „Digitales Pitching ist ineffizient, teuer und lässt die wichtigsten Aspekte der Zusammenarbeit offen. Außerdem kennen Auftraggeber ihren Markt oft nicht, sprich die agierenden Agenturen.

Auswahlprozesse sind Störfälle für Kunden

Klein rief ins Bewusstsein, dass Auswahlprozesse „immer Störfälle für Kunden“ seien. Denn viele Marketingabteilungen seien heute fast nicht mehr in der Lage, ohne Agenturen auszukommen. Die seien, so sagte er wörtlich, „systemrelevant.“ Und dennoch sei ein Pitch generell kein Thema, das systematisch in Unternehmen behandelt werde.

Wie weitere Referenten auch ermahnte Klein Auftraggeber und Agenturen, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und die unterschiedlichen Interessen zu respektieren. Klein: „Die meisten Agenturbeziehungen scheitern nicht an fachlichen Fehlern, sondern am mangelhaften Verständnis und dann am abnehmenden Vertrauen.“

„Die meisten Pitches sind Schwachsinn“

Als Faustregel empfahl er, Pitches erst ab einer Auftragssumme von 300.000 Euro zu veranlassen. Klein ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen: „Die meisten Pitches sind Schwachsinn!“ Als Alternativen wurden immer wieder die folgenden Verfahren ins Gespräch gebracht: Probeaufträge oder Testprojekte, Chemistry-Meetings mit Agenturbesuchen durch die Marketingchefs sowie gemeinsame Workshops, die die reale Arbeitssituation einer späteren Zusammenarbeit abbildeten.

Viel Beifall und viel Zustimmung gab es dafür, klar, denn die vielen Agenturvertreter waren sich hier in vielen Punkten einig. Da wäre es spannend gewesen, in einen offenen Dialog mit den Auftraggeberseite zu treten. Doch die war eben nicht sehr stark vertreten.

Befindlichkeiten abbauen, Wissen aufbauen

So blieb es Katharina Rubbert-Strömer, Bereichsleiterin Marketing Kommunikation & Brand Management bei der Targobank, vorbehalten, die Sicht der Auftraggeber einzubringen. Rubbert-Strömer schilderte, wie es bei der Targobank gelungen sei, ein agiles Agenturnetzwerk mit ganz unterschiedlichen Dienstleistern aufzubauen. Dabei habe man auf persönliche Empfehlungen, Pitches und Verfahren wie Chemistry Lunches, Probeaufträge und Onboarding-Projekte gesetzt. Als Erfolgskriterien in der Zusammenarbeit mit Agenturen definierte sie Strategie- und Konzeptkompetenz, Transparenz beim Setup der Agentur sowie Leadership und Kommunikationsvermögen. Gefragt nach Tipps für einen zielführenden Umgang mit Agenturen, empfahl sie ihren Kollegen von der Auftraggeberseite, die Agenturauswahl zur Chefsache zu erklären und die Agenturen zu besuchen. Als Wunsch für die Zusammenarbeit mit Agenturen äußerte sie, dass Befindlichkeiten möglichst abgebaut und Wissen über den Kunden aufgebaut werden sollte.

Wie notwendig ein besseres gegenseitiges Verständnis ist, betonte auch Thorsten Hebes, der als Vertreter des PR-Agenturverbandes GPRA sprach. Er erinnerte an unfaire Ausschreibungen, die im Pitchblog öffentlich kritisiert wurden und arbeitete acht Punkte heraus, auf die Agenturen bei Ausschreibungen achten sollten.

Acht Punkte, auf die Agenturen bei Pitches achten sollten

Hebes empfahl nur an Ausschreibungen teilzunehmen, für die es ein angemessenes Pitchhonorar gibt. Kritisch prüfen sollten Agenturen auch den Umfang der Unterlagen, die einzureichen sind. Des Weiteren sollten die Bewertungskriterien offengelegt und der Zeitraum bis zur Einreichung nicht zu kurz gefasst sein. Außerdem forderte er, dass das zur Verfügung stehende Budget genannt werden sollte, Rückfragemöglichkeiten gegeben sind und die Zahl der teilnehmenden Agenturen bekannt gegeben wird. Zu guter Letzt empfahl er, die Unterlagen auch daraufhin zu prüfen, inwieweit sie möglicherweise auf die Bestandsagentur ausgerichtet sind.


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