Big Data in der PR: Gigantisches Potenzial oder doch nur ein Hype? – Teil 2

Am 11. April wird in Stuttgart der Internationale Deutsche PR-Preis verliehen. Um „Data-driven PR – the next big thing?” soll es während des Tagesprogramms gehen. Mit diesem Thema hat sich Claudia Davies von der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz in ihrer Abschlussarbeit beschäftigt. In Teil 1 vom 28. März wurde deutlich, wie vielfältig diese Tools sind und welche Einsatzfelder sich für den Bereich der PR und Unternehmenskommunikation identifizieren lassen. Umfragen in der Branche zeigen aber, dass die Implementierung in den PR-Abteilungen in Deutschland noch eher zurückhaltend erfolgt. Im 2. Teil geht es also darum, woran das liegt.

Claudia Davies

Die Leitfragen lauten: Welche Stärken haben die neuen Technologien? Welche Schwächen und Risiken gehen mit der Nutzung einher? Wie wird die Zukunft aussehen?

Effizienzsteigerung als entscheidender Vorteil

Mit Blick auf die Expertenmeinungen zeigt sich, dass die Anwendungsmöglichkeiten also so vielfältig eingeschätzt werden, wie die Technologien selbst. Damit gehen auch diverse Vorteile für PR-Profis einher. Insgesamt wird mit Blick auf den Einsatz automatisierter Verfahren die Effizienzsteigerung als entscheidender Vorteil bewertet. Budgets können effizienter genutzt, Stakeholder zielgerichteter angesprochen und somit Aufgriff- und Responseraten erhöht werden. Außerdem erleichtern deskriptive und diagnostische Analysen die Evaluation von Kampagnen. Es lässt sich einfacher erkennen: Was lief gut, was lief schlecht – bis hin zu: Wie kann ich es nächstes Mal besser machen? Sobald ein Analysetool erstmal aufgesetzt ist und läuft, lässt sich ein enormer Informationsgewinn generieren. Auch dadurch kann PR verbessert, zielgerichteter, werden.

Im Bereich prädiktive Analysen – also dem Vorhersagen von Entwicklungen, beispielsweise wie der Brexit ausgeht – ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten für die PR-Praxis. Wenn ich vorher weiß, wie sich etwas entwickelt, kann ich meine kommunikative Strategie dementsprechend anpassen. Shitstorms und bestimmte Formen von Krisen können frühzeitig erkannt werden und damit wird auch ein zeitigeres Eingreifen möglich – sodass die Krise am Ende vielleicht gar nicht richtig hochkochen kann.

Menschliche Komponente bleibt wichtig

Auch die Automatisierung von Kommunikation, beispielsweise durch Chatbots zur Dialogkommunikation mit Stakeholdern, kann die Arbeit erleichtern. Die Einstiegskommunikation kann durch einen Bot erledigt werden. Auch einfache Texte können bereits automatisch erstellt werden, wie man im Roboterjournalismus mehr und mehr sieht. Das bedeutet Arbeitserleichterung. Doch was fehlt? Die menschliche Komponente. Die Experten waren sich einig, dass der Computer den Menschen einfach nicht ersetzen kann. Und davon lebt die PR doch. Vom Storytelling, von der persönlichen Bindung, vom Texten mit einem bestimmten Frame im Hinterkopf. Ein Bot ist dazu (noch) nicht in der Lage. Und wenn der Stakeholder merkt, dass er nur noch mit einem Computer kommuniziert, leidet womöglich die Reputation.

Natürlich ist alles auch eine Budgetfrage. Zwar verfügen viele Unternehmen über enorme Datensätze, die bislang noch kaum genutzt werden, doch fehlt häufig einfach das Geld (und das Know-how), um damit etwas anzufangen. Darüber hinaus stellt die Sammlung und Verwendung dieser Daten eine Herausforderung für den Datenschutz dar. Die DSGVO scheint Fragezeichen über den Köpfen der Branche ausgelöst zu haben: Es besteht nicht unerhebliche Unsicherheit darüber, welche Verfahren der Datenauswertung und -sammlung rechtlich und auch ethisch für verantwortungsvolle Kommunikatoren vertretbar und erlaubt sind. Und damit sind wir beim vielleicht größten Knackpunkt dieser Technologien. Die Technik mag noch nicht so weit fortgeschritten sein, dass das alles schon so reibungslos funktioniert, wie man sich das wünscht. Und natürlich fehlt vielen PR-Kollegen auch der fachliche Hintergrund in Informatik oder das technologische Wissen, um sich Big Data-Anwendungen zu programmieren, zu implementieren und damit dann auch täglich zu arbeiten, wie auch eine Umfrage unter Kommunikationsexperten von Wiesenberg & Zerfaß aus dem Jahr 2016 zeigt. Das mögen alles Schwächen sein.

Gewissensfragen

Doch die größte Frage, die man sich doch eigentlich stellen sollte ist: Will ich das überhaupt? Ist es etwa ethisch vertretbar, mit einem Bot Inhalte zu erstellen und zu verbreiten. Ebenso relevant ist die Frage, ob es in Ordnung ist, einzelne Personen genau zu targeten und mit individuellen Nachrichten zu beeinflussen. Wer stellt hier wem Daten zur Verfügung und wie muss ich darüber informieren? In den Gesprächen mit den Experten hat sich vor allem eines gezeigt: Vielleicht am Entscheidendsten ist das eigene Gewissen. Jeder einzelne sollte im Vorhinein gut abwägen, welche Tools er bis zu welchem Grad einsetzt und ob im schlimmsten Fall die eigene Reputation in Gefahr ist. Ob er das mit sich selbst vereinbaren kann.

Was heißt das? Weg mit Big Data und Co? Nein, sicher nicht. In der PR werden die neuen Technologien durchaus genutzt und sie sind mit Blick auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und die vielen Vorteile auch nützlich. Anwendungen im Bereich deskriptiver, diagnostischer und prädiktiver Analysen werden von PR-Profis als positiv bewertet. Andere Bereiche, wie Automatisierungstools und Microtargeting, werden hingegen eher abgelehnt. Insgesamt scheint bei diesen Tools einfach die Datenschutz- und Ethikfrage zu schwer zu wiegen.

Riesiges Potenzial

Es ist davon auszugehen, dass die Nutzung der Technologien in Zukunft weiter zunimmt. In der Studie von Wiesenberg und Zerfaß waren 68,7 Prozent der Befragten der Meinung, dass Big Data das Berufsfeld substanziell verändern wird. Und das Potenzial ist einfach riesig. Allerdings gehen viele PR-Profis und Experten aus dem Big Data-Umfeld eher davon aus, dass das Thema zunächst noch Pionieren vorbehalten bleibt und diese den Weg für den Rest ebnen werden. Ganz am Thema vorbei kommt man irgendwann nicht mehr. Und das ist sicher positiv zu bewerten. Die Branche entwickelt sich weiter und es ist wichtig, diese aktiv mitzugestalten. Vielleicht kann man so auch die Grenze skizzieren, die Nützliches von Unethischem trennt.

Erwähnte Quellen:

  • Wiesenberg, M. & Zerfaß, A. (2016). Big Data und Algorithmen. Empirische Studie zum Status quo in Deutschland und Europa. PR Magazin, 09/2016, 42–47.
  • Zerfass, A., Moreno, A., Tench, R., Vercic, D. & Verhoeven, P. (2017). European Communication Monitor 2017. How strategic communication deals with the challenges of visualisation, social bots and hypermodernity. Results of a survey in 50 countries, EACD/EUPRERA, Quadriga Media Berlin.

Über die Autorin: Claudia Davies hat Anfang 2019 ihren Master in Kommunikation an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz abgeschlossen. In ihrer Abschlussarbeit hat sie sich mit dem Potenzial und den Herausforderungen von Big Data und Co. für die PR-Branche beschäftigt. Gemeinsam mit ihrer Betreuerin – Junior-Professorin Dr. Leyla Dogruel – hat sie diesen Artikel über die Ergebnisse ihrer Arbeit verfasst. Weitere Infos finden sich auf der Website von Claudia Davies.

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