Landau Media-Geschäftsführer Busch: „Künstliche Intelligenz ist keine Wunderwaffe“

Interview über das Potenzial von KI in der Medienbeobachtung

Beim Thema künstliche Intelligenz (KI) geraten nicht wenige Kommunikatoren ins Schwärmen: Echtzeit-Monitoring, sofort reagieren, Krisen und Shitstorms erkennen, bevor sie beginnen. Der Newsroom als datengetriebener War Room – alle Kanäle im Blick. Eine überzogene Erwartung? Eine „Wunderwaffe“ sei KI jedenfalls nicht, tritt Michael Busch (Foto), Geschäftsführer des Medienbeobachters Landau Media, im „PR-Journal“-Interview auf die Euphorie-Bremse.

Ein enormes Potenzial sieht Busch durchaus: „KI wird Medien-Monitoring schneller und genauer machen.“ Für Kunden werde es kostengünstiger. Bei zwei Anwendungen kommt künstliche Intelligenz bei Landau Media bereits zum Einsatz. Weitere Produkte sind in der Pipeline. So schön die digitale Welt auch ist: Etwa 50 Prozent der Medien analysiert Landau Media analog. Zahlreiche Titel bieten weiterhin weder ein E-Paper noch Artikel online. Im Medien-Monitoring wird es aus Buschs Sicht auf ein Zusammenspiel von Mensch, Algorithmen und künstlicher Intelligenz hinauslaufen.

PR-Journal: Künstliche Intelligenz gilt als eine der Zukunftstechnologien. Auch in der Kommunikationsbranche sehen viele ein erhebliches Potenzial. Inwieweit kommt künstliche Intelligenz beim Medien-Monitoring bereits zum Einsatz?
Michael Busch: Wir nutzen eine KI-Software aktuell bei zwei Anwendungen. Zum einen beim so genannten Ähnlichkeitsvergleich – also beim Erkennen von identischen oder ähnlichen Artikeln. Diese kommen beispielsweise dann vor, wenn verschiedene Medien dieselbe Agenturmeldung oder Pressemitteilung aufgreifen. Da kommt man mit einem Algorithmus nur schwer weiter. Zum anderen im Bereich Bots. Mit KI ist es möglich, in sozialen Netzwerken Social Bots zu erkennen.

PR-Journal: Wo sehen Sie weitere Anwendungsmöglichkeiten?
Busch: Vielen Kunden ist es wichtig zu wissen, wann ihr Logo in einem Medium erscheint – beispielsweise bei Sponsoring-Analysen. Da arbeiten wir gerade an einem Prototyp, der es ermöglicht, genau das auszuwerten. Das System wird zudem unterscheiden können, ob es beim Erscheinen eines BMW-Logos um das Unternehmen und damit um PR geht oder ob das Foto einen Unfall mit einem BMW zeigt. Bei der Logoerkennung fehlt uns noch ein konkreter Trainingsfall. Wir haben die Anwendung simuliert. Sie funktioniert. Das Produkt ist marktreif.
Was sicher kommen wird, ist die Beobachtung von bestimmten Themenbereichen – Marktumfeldern und wichtigen Themen einer Branche. Auch eine Verschlagwortung von Artikeln und Bildern mit Hilfe von künstlicher Intelligenz in Datenbanken halte ich für realistisch.
Ich glaube allerdings nicht daran, dass künstliche Intelligenz verlässlich die Tonalität von Berichterstattung auswerten kann. Ob also ein Artikel positiv oder negativ ist. Das werden auch künftig Mitarbeiter übernehmen müssen – anhand eines Briefings.

PR-Journal: Auch mit bisherigen Algorithmen und selbst mit einfachen Google Alerts kann man beim Monitoring akzeptable Ergebnisse erzielen. Welchen zusätzlichen Mehrwert bringt Kunden künstliche Intelligenz?
Busch: Künstliche Intelligenz macht die Recherche deutlich schneller, was bedeutet, dass unsere Kunden unmittelbar informiert werden, wenn etwas über sie online oder analog erscheint – Stichwort Echtzeitmonitoring.
Die Medien, die wir auswerten, sind bisher zu etwa 50 Prozent digital und 50 Prozent analog. Analog bedeutet, dass Medien keine Digitalausgabe wie ein E-Paper haben. Das trifft vor allem auf Fachzeitschriften zu. Einige Medien wollen auch nicht, dass Monitoring-Dienste ihre Artikel digital verbreiten. Das heißt, auch künftig werden Menschen diese analogen Produkte auswerten müssen. Menschliche Recherche ist nur deutlich teurer als eine automatische digitale.

Push-Nachrichten in Echtzeit

PR-Journal: Wie informieren Sie Ihre Kunden in Echtzeit, dass über sie berichtet wurde?
Busch: Wir sammeln die von uns ausgewertete Berichterstattung in einer Online-Plattform. Die Kunden können dann entscheiden, wie oft sie per Push-Nachricht über neue Artikel oder Social-Media-Aktivitäten informiert werden wollen. Also auch ‚sofort‘. Schnelligkeit ist das eine. Die Monitoring-Ergebnisse werden durch KI aber auch genauer, was für Unternehmen und Agenturen, die einen PR-Erfolg erzielen und die gesamte Berichterstattung kennen wollen, natürlich vorteilhaft ist. Eine Maschine kann Auskunft über die Treffergenauigkeit geben. 99 Prozent Trefferwahrscheinlichkeit bedeutet, man muss sich nur ein Prozent genauer anschauen.

PR-Journal: Medien-Monitoring basiert auf der Suche nach Informationen in einer großen Datenmenge, was Algorithmen wie die von Suchmaschinen auch leisten. Inwieweit geht künstliche Intelligenz darüber hinaus? Was macht es so komplex, KI bei konkreten Anwendungen in der Kommunikation einzusetzen?
Busch: Der Begriff KI wird häufig falsch verwendet und mit Algorithmen verwechselt. Bei KI geht es immer darum, Muster zu erkennen. Dafür muss man eine künstliche Intelligenz trainieren. Das bedeutet: Man benötigt eine große Datenmenge und damit eine Trainingsmöglichkeit. Im Durchschnitt fängt eine künstliche Intelligenz bei 1.000 Datensätzen wie Logos oder Texten an, ein Muster zu identifizieren. Für einen Begriff wie ‚Beckenbodenblasenschwäche‘ braucht man keine KI. Der kommt so selten vor. Da hilft ein Algorithmus weiter.
Anders ist es bei in Medien häufig vorkommenden Suchbegriffen wie BMW oder ‚Orange‘. Das kann eine Farbe oder ein Unternehmen sein. Was aber ist, wenn ein Unternehmen plötzlich in einem veränderten Zusammenhang wie bei einer neuen Kampagne genannt wird? Die Maschine so zu trainieren, dass sie erkennt, wann das Unternehmen oder die Farbe gemeint sind, ist bei der Medienbeobachtung entscheidend. Am Ende werden meiner Meinung nach immer Menschen draufschauen müssen.

PR-Journal: KI klingt, als ob spezielle Programmierkenntnisse notwendig sind. Insbesondere Programmierer sind aber schwer zu finden. Wie setzen Sie Ihre KI-Anwendungen um?
Busch: Bei uns übernehmen unsere Programmierer die KI-Programmierung. Das bedeutet aber nicht, dass wir die KI selbst entwickeln. Die wesentlichen Bausteine müssen andere wie die großen Technologie-Konzern entwickeln. Die einzelnen Branchen werden die Bausteine dann für ihre Bedürfnisse anpassen können.

PR-Journal: Zusammengefasst: Wie viel Hype steckt in der aktuellen Diskussion um künstliche Intelligenz?
Busch: Aus meiner Sicht sind 90 Prozent Hype. Die KI-Technologie steht ohne Frage in den Startlöchern und wird immer besser. Sie macht Medien-Monitoring schneller, genauer und kostengünstiger; das Clustering von Themen verbessert sich. Dass KI es aber ermöglichen wird, die gesamte Berichterstattung eines Tages zu finden und auszuwerten, halte ich für nahezu ausgeschlossen. Es fehlen die Trainingsmengen. Künstliche Intelligenz ist keine Wunderwaffe. Im Medien-Monitoring wird es aus meiner Sicht auf ein Zusammenspiel von Mensch, Algorithmus und künstlicher Intelligenz hinauslaufen.

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