Generation Z wehrt sich: „Yoga mach‘ ich in der Mittagspause“

Mathias Keswani, Geschäftsführer der Hamburger Online-Marketing-Agentur Nerdindustries, hat die Schnauze voll. In seiner Agentur will er vorerst keine Praktikanten der Generation Z einstellen. Für ihn war das Maß voll, als ein Bewerber ihm beim Vorstellungsgespräch seine Wunschliste präsentierte: zweimal die Woche um 17:00 Uhr frei, weil er seinem Hobby Yoga nachgehen wolle. Keswani machte seinem Unmut in der „Welt“ Luft, „Horizont“ griff das Thema gerne auf. – Die Reaktionen aus der Generation Z ließen nicht lange auf sich warten. Eileen Werner und Karin Stelzner, Praktikantin und Trainee in der Unternehmenskommunikation von McCann Worldgroup, antworteten in einem offenen Brief, den sie auch an das „PR-Journal“ schickten.

Karin Stelzner (l.) und Eileen Werner

Von Eileen Werner und Karin Stelzner, Frankfurt am Main

Die Generation Y und Z, das sind wir, Eileen (22) und Karin (28), Praktikantin und Trainee in der Unternehmenskommunikation von McCann Worldgroup, einer weltweit tätigen Werbeagentur, in Frankfurt am Main. Yoga machen wir in der Mittagspause, denn wir lieben unsere Arbeit und bleiben dafür auch gerne länger. Unser Job macht Spaß! Auf unserer Wunschliste steht: kein Chef, der so von uns denkt, wie du!

Natürlich ist uns eine Work-Life-Balance wichtig, wir wollen Spaß im Job haben und ihn lieben und nicht ein Praktikum nach dem anderen machen müssen – ohne Perspektive. Aber: Uns ist egal, ob in Kapuzenjacke oder Anzug, uns kommt es nicht darauf an, wie der Chef aussieht (btw. unser Chef sieht super aus), sondern dass er uns ernst nimmt und uns ermöglicht, ihm zu zeigen, was wir können. Wir wissen, wie das Arbeitsleben läuft, wollen uns aber nicht kaputt arbeiten, sondern auf lange Sicht etwas von unserem Job haben und uns entfalten.

Positive Fehlerkultur

Wir wollen lernen, etwas Sinnvolles machen und Freiräume genießen, um uns zu verwirklichen. Dabei wollen wir Fehler machen dürfen, denn wir sind Menschen und keine Roboter. Keine Erfüllungsgehilfen, sondern Menschen, die wachsen, sich entwickeln, sich ausprobieren wollen und denen zugehört werden soll. Dafür bleiben wir auch gerne länger, auch mal 53 Stunden die Woche, wenn es uns Spaß macht und wir nach dem Praktikum auf tolle Erlebnisse und Erfahrungen zurückblicken können. Natürlich sind wir ambitioniert und wollen lernen, dafür muss uns aber auch die Möglichkeit dazu gegeben werden!

Gerade erst letzte Woche haben wir das Instagram-Profil des Gesamtverbands der Kommunikationsagenturen (GWA) übernommen, um auch anderen jungen Menschen zeigen zu können, wie der Arbeitsalltag in unserer Agentur aussieht. Das Projekt war zwar mit sehr viel Arbeit, Aufregung bei schlaflosen Nächten und unzähligen Überstunden verbunden, aber was wir in dieser Zeit gelernt haben, ist viel mehr wert. Uns wurde die Verantwortung übertragen, anderen jungen Menschen zu zeigen, was sie erwartet und die Angst vor genau solchen Leuten zu nehmen, die ihre Praktikanten einfach durch externe Dienstleister ersetzen, nur weil sie deiner Meinung nach nicht selbstständig denken können. Und übrigens: Yoga haben wir bei uns in der Agentur zwei Mal die Woche und war auch Teil des Take-Overs.

Natürlich ist ein Studium größtenteils theoretisch, gerade deswegen wollen wir uns im Job, sei es auch nur ein Praktikum, weiterbilden und zeigen lassen, wie wir unsere Stärken entfalten können. Hätten wir keinen Bachelor-Abschluss, würden wir nicht mal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, so ist unsere Erfahrung. Und wie soll man an die geforderte Berufserfahrung kommen, wenn Menschen wie du, gegenüber neugierigen und wissenshungrigen Studenten voreingenommen sind und keine Praktikanten einstellen?

Schwarz-Weiß-Denken hinterfragen

Lieber Herr Keswani, kann es nicht sein, dass du mit dieser Art etwas abschreckend auf junge Leute wirkst, die in einer großen Zeitung lesen müssen, dass du in den nächsten drei Jahren keine Praktikanten einstellen willst? Vielleicht solltest du lieber dein Schwarz-Weiß-Denken hinterfragen und ein paar Grautöne einschieben, uns genau zuhören und – wie immer – Kompromisse eingehen. Du scheinst das Prinzip eines Praktikums nicht verstanden zu haben. Laut Definition soll es eine Möglichkeit sein, Erfahrungen zu sammeln, zu lernen, und herauszufinden, in welche berufliche Richtung man sich später entwickeln möchte. Wichtig ist, dass junge Menschen ihre Kenntnisse erweitern können und dazulernen. Wenn du Praktikanten nur durch externe Dienstleister ersetzt, dann hast du etwas Fundamentales nicht verstanden. Wir sind nicht dafür da, Kaffee zu kochen oder zu kopieren und noch weniger vollwertige Arbeitsplätze zu ersetzen. So werden keine Rohdiamanten geschliffen. Und selbst wenn wir nach dem Praktikum wieder ins Studienleben zurückkehren, sieh es doch als Chance! Vielleicht werden wir ja wieder nach unserem Abschluss zurückkehren oder auf Kundenseite über unsere tollen Erfahrungen bei dir berichten. Womöglich als CEO’s.

Arbeitsatmosphäre mehr wert als Geld

Den einzigen Wunsch, den wir bei einem Vorstellungsgespräch haben, ist ein Job, der auch auf uns eingeht, der uns fordert und fördert. Einen Chef, der uns einarbeitet, Vertrauen schenkt und Rückhalt gibt und uns Fehler machen lässt, damit wir lernen können. Der uns ehrliches Feedback gibt und auch Bock hat, uns beizubringen, wie wir uns entfalten können. Natürlich bedeuten Praktikanten Aufwand, aber er lohnt sich, denn von jungen Leuten kann man auch lernen. Uns ist vollkommen egal, ob der Arbeitgeber uns mit coolen Incentives ködern möchte, uns ist die Arbeitsatmosphäre in einem super Team, in dem wir über uns hinauswachsen können, viel mehr wert, als alles Geld der Welt. 

Wir als Praktikanten und Trainees sind Gärtner, Assistenten, linke Gehirnhälften, Eventplanner, Influencer, Texter und so viel mehr in einer Person, wenn man uns nur lässt. Dafür braucht es weniger „entweder/oder“ und mehr „sowohl/als auch“ – auch schon im Bewerbungsgespräch. Jetzt keine Praktikanten einzustellen führt langfristig doch zu dem Problem, dass du immer auf externe Dienstleister zurückgreifen wirst.

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Personalien

Weingärtner spricht für Spectaris

Christof WeingärtnerChristof Weingärtner ist dem 1. April neuer Pressesprecher und Leiter der Verbandskommunikation beim Deutschen Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik Spectaris in Berlin. In dieser Rolle berichtet Weingärtner an den Geschäftsführer Jörg Mayer. Weingärtner bringt für seine neue Aufgabe vielfältige Erfahrungen mit.

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Targobank vertraut auf newskontor

Marco Cabras und Tanja PlebuchDie Targobank wird sich zukünftig in Kommunikationsfragen von newskontor beraten und unterstützen lassen. Die Bank, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehört, hat die in Düsseldorf beheimatete Agentur als neuen Partner an Bord geholt. Das Mandat umfasst neben der Beratung auch Corporate Communications und Contenterstellung. Die Zusammenarbeit hat im 1. Quartal 2024 begonnen.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

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Noch Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

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DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

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Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

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Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neue Website veröffentlicht

Screenshot der neuen dapr-WebsiteDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr) hat ihre neue Website. Sie bietet Userinnen und Usern nach eigenen Angaben fortan mehr Serviceorientierung, ein zeitgemäßes Design und eine stark vereinfachte Nutzerführung, unter anderem durch eine neue Suchfunktion sowie durch die Zusammenführung mit dem ehemals separaten dapr-Shop. Interessenten können nun die individuell passende Qualifizierung schneller finden.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Weg mit der Paywall

Kathrin Behrens Ihr kennt es: Ihr stolpert über einen Artikel, klickt ihn an, beginnt zu lesen. Sobald es spannend wird, ist Schluss. Eine Bezahlschranke, angelsächsisch „Paywall“, poppt auf. Von hier aus geht es nur mit einem langfristigen Vertrag weiter, it's Abo-Time: Rund 24,00 Euro kostet dieses digital bei der „Zeit“, 41,00 Euro bei der „FAZ“ und 43,00 Euro bei der „SZ“. Fixkosten, die ich meide. Ich finde Paywalls ätzend und wenig innovativ, sie verderben mir regelmäßig die Laune.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Stolze Gewinnerinnen und Gewinner

Von links: Christoph Heshmatpour, Johanna Wittner, Michael Rotschädl und Lukas KalteisDie Erstplatzierten des diesjährigen Franz-Bogner-Wissenschaftspreises für PR stehen fest: Es sind Johanna Wittner, Michael Rotschädl, Christoph Heshmatpour und Lukas Kalteis. Insgesamt wurden 33 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Jahr 2023 in vier Kategorien eingereicht. Zehn Arbeiten erhielten bei der Verleihung am 22. April in Wien eine Auszeichnung. Das Preisgeld beträgt insgesamt 8.900,00 Euro.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.