CeBIT LogoAls hätten es Microsoft und die Telekom geahnt. Sie waren schon im Juni 2018 bei der diesjährigen CEBIT nicht unter den Ausstellern. Jetzt – ein halbes Jahr danach – ist klar, die CEBIT wird es nicht mehr geben. Die Veranstalter haben die CEBIT 2019 abgesagt. Der schleichende Niedergang drückte sich in den vergangenen Jahren in einem zunehmenden Besucherrückgang aus. Während es Anfang der 2000er Jahre noch mehr als 800.000 Besucher waren, kamen in diesem Jahre nach offiziellen gerade noch knapp 120.000. Die Konsequenz: Europas führendes Digital-Event hat ein abruptes Ende gefunden. Der angestrebte Relaunch der Leitmesse für IT-Technologie zum Business-Festival gelang offensichtlich nicht.

Die Bemühungen um die Neuausrichtung samt Verlegung vom März in den Juni haben nicht den gewünschten Erfolg gebracht. So wird denn auch in einem Schreiben des Vorstands der CeBIT der deutliche Fachbesucherrückgang als Grund für das Ende der Messe angegeben.

Vorstand glaubte nicht mehr an Besserung

Die „Hannoversche Allgemeine“ berichtet, dass Stand November erst 6.000 Quadratmeter der Messefläche für 2019 vermietet gewesen seien, zum selben Zeitpunkt im Vorjahr sei die gebuchte Fläche schon dreimal so groß gewesen. Auch langfristig glaube der Vorstand nicht an eine Besserung. So habe man aus Angst davor, mit der CeBIT 2019 massiv in den Verlustbereich abzurutschen, die Entscheidung getroffen, die CeBIT nicht mehr stattfinden zu lassen.

Als Vorboten für den Niedergang wurde schon im Sommer 2018 gewertet, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel der Eröffnung fernblieb. Anders als die Eröffnungen der Hannover Messe und der Internationalen Tourismus Börse hatte Angela Merkel die CeBIT aus „terminlichen Gründen“ abgesagt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier war dafür am 11. Juni in Hannover vor Ort.

Zurückhaltung von Microsoft und Telekom

Vor Ort dabei waren im Juni 2018 unter anderem SAP, Huawei, IBM, Salesforce, Vodafone, Intel, Oracle und Facebook. Doch Microsoft war weder mit einem eigenen Stand noch mit Partnern präsent. Thomas Mickeleit, Director of Communications bei Microsoft Deutschland, hatte erklärt: „Wir finden das neue Konzept der CeBIT sehr interessant und werden uns genau anschauen, ob und wie die CeBIT für uns künftig wieder eine unverzichtbare Plattform sein könnte. Tatsache ist auch: Wir können nicht überall dabei sein.“ Auch die Deutsche Telekom hatte auf einen Stand verzichtet, beteiligte sich aber am Konferenzformat.

Wie hatte doch Christoph Schwartz, Gründer und Geschäftsführer von Schwartz Public Relations, im Juni 2018 gesagt: „Ein Drittel unserer Kunden geht hin, ein Drittel wartet ab, wie die neue CeBIT ankommt, und ein Drittel geht nicht hin.“ – Jetzt geht niemand mehr hin. So verabschiedete sich die Agentur Schwartz Public Relations von der CeBIT mit einer posthumen Liebeerklärung. Auf der Website von Schwartz PR heißt es: „Liebe CeBIT, viele von uns hast du einen großen Teil ihres Berufslebens begleitet. Jährlich haben wir uns bei Dir getroffen, uns in wochenlangen Vorbereitungen aufgerieben, in ellenlangen Staus zu Dir hin gequält und in kleinen Privatzimmern, Pensionen und Bauernhöfen übernachtet, um Dich täglich zu besuchen.“ Und weiter: „Wir danken Dir für viele unvergessene Tage und Wochen mit tollen Erlebnissen …“. Der vollständige Abschiedsbrief von Schwartz PR findet sich hier.

Historie - auch in Sachen PR

Die CeBIT war seit 1970 als Teil der Hannover-Messe und dann ab 1986 als selbstständige Messe auch immer ein PR-Großereignis. Riesige Hallenflächen wurden von den Big-Playern der IT-Branche gebucht. Noch 2001 kamen 850.000 Besucher auf das Gelände der Deutschen Messe AG – alle Hallen waren ausgebucht. 2018 waren es nur noch 118.000 Besucher.

Durch ihre starke Wirkung in den internationalen IT-Markt hinein war die CeBIT auch immer ein PR-Großereignis. Pressestellen, PR-Berater und Agenturen waren wochenlang nur mit den Themen IT und Computer beschäftigt. Für die Journalistenbetreuung wurden eigene Pavillons angemietet – so auch von der Wiesbadener PR-Agentur Fink & Fuchs, unter anderem für ihre langjährigen Kunden Microsoft und Adobe. Auch der Mediendienst „text intern“ / „PR-Report“ hatte ein eigenes CeBIT-Radaktionsbüro mit täglichen Extra-Ausgaben.

Der Gründer und Herausgeber des „PR-Journals“ Gerhard Pfeffer war 1984 und 1985 ebenfalls in Hannover präsent, um mit 20 Schülerredakteuren seine Idee einer Messezeitung umzusetzen. „MessPresso“ und „Messitsch“ – so die von den Schülern selbstgewählten Titel – wurden in Tag- und Nachtarbeit von den jugendlichen Machern professionell getextet, gesetzt (damals noch im Bleisatz), gestaltet und nach dem Druck der 30.000-er beziehungsweise 40.000-er Auflage an den letzten CeBIT-Tagen auf dem Messegelände verteilt. Auch diese Initiativen wie so vieles auf der CeBIT wurde von der Dotcom-Blase und dem Siegeszug des Internets überrollt.


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