Rezension: „Redemanagement“ – ein Angebot, von dem viele Gebrauch machen sollten

Redemanagement Vazrik Bazil Cover IIPraktische Ratgeber über Rhetorik gibt es viele. Den vorliegenden von Vazrik Bazil zeichnet aus, dass er die Organisation des Prozesses betont, an dessen Ende die Rede steht. Deshalb trägt das Buch den Titel „Redemanagement“, eine neue Bezeichnung, die den Akzent auf das Zusammenwirken von Rednern, Redenschreibern, Fachabteilungen usw. legt. Autor Vazrik Bazil wendet sich auch gegen die Vorstellung, Rhetorik sei eine Teildisziplin des Kommunikationsmanagements. Er zeigt, dass die zentralen Parameter der Kommunikation bereits in der antiken Rhetorik vorgebildet waren und dass jede Kommunikation an sich eine rhetorische ist.

Autor Vazrik Bazil ist promovierter Philosoph, war von 2010 bis 2016 Präsident des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache, Dozent an einer privaten Hochschule, arbeitet derzeit im sächsischen Innenministerium und hat umfangreich zu Themen der Kommunikation und Sozialpsychologie publiziert.

Zum Inhalt: Die überraschende Frage zu Beginn lautet: Was ist eine gute Rede? Die Antwort scheint auf den ersten Blick klar zu sein: eine überzeugende Rede. Daran schließt sich die andere Frage an: Woran erkennen wir denn, dass eine Rede überzeugt hat? Und hier kommt der Autor zum Ergebnis, dass es eben sehr schwer ist, festzustellen, ob eine Rede das Publikum wirklich überzeugt hat oder nicht. Diese grundsätzliche Skepsis ist richtig. Allmachtphantasien sind in der Rhetorik genauso fehl am Platz, wie in der Kommunikation insgesamt. Die neuen Medien verstärken diese Skepsis, weil Reden auf Zitate geschrumpft werden, die in den sozialen Medien kursieren, auf Videoausschnitte, ohne, dass man die gesamte Rede hört und die Person erlebt, die die Rede hält: Dass Publikum sitzt lange nicht mehr nur im Saal, sondern auch an Fernseh- und Computerbildschirmen.

Den Mittelteil des Buches bilden die traditionellen fünf Schritte der Rhetorik, nämlich Recherche, Anordnung des Materials, Formulierung, Gedächtnis und Vortrag. Bei der Recherche konzentriert sich der Autor weniger auf Auflistung von Quellen als auf die geistige Arbeit des Redners selbst, wie Ideen nach und nach entstehen, wie der Wechsel zwischen Gespräch und abgeschiedener Arbeit die Rede reifen lässt. Interessant ist hier die Brücke, die das Buch zwischen dieser ersten Phase, Recherche, und der vorletzten, Memorieren, schlägt und das Gedächtnis aus seiner bloß memorierenden Funktion herausholt und in die kreative Phase hineinträgt.

Bei der dritten Phase, Formulierung, geht der Autor auf die Semiometrie ein, eine von TNS-Infratest entwickelte sprachliche Methode zur Zielgruppenbestimmung. Das Buch erklärt, wie diese Methode für mündliche und schriftliche Kommunikation fruchtbar gemacht werden kann. Der Autor entwickelt auch eine ganz neue Methode des Redeschreibens. Er nennt es, angelehnt an „Crowdfunding“ oder „Crowdinnovation“, „Crowd-Ghostwriting“. Dabei schreiben viele, also zum Beispiel alle Mitarbeiter einer Abteilung oder eines Unternehmens, am Redetext und nicht nur eine Person. Der Autor beschreibt die Vorteile dieser Methode auch für die interne Kommunikation, für die Bodenhaftung der Rede insgesamt und die praktischen Schritte, die man dabei berücksichtigen sollte.

Was in der antiken Rhetorik wichtig war, aber in der heutigen vergessen zu sein scheint und in anderen Kommunikationsdisziplinen zwar auftaucht, aber immer noch blass bleibt, ist die Kunst des Schweigens oder „ars tacendi“, die als „Sigetik“ Teil der „Rhetorik“ ist, der „ars bene dicendi“. Wir kennen es als „Agenda-Cutting“ aus anderen Zusammenhängen. Es ist ein Verdienst des Buches, diesen vergessenen Aspekt der Rhetorik in Erinnerung zu rufen.

Zum Schluss: Das Buch stellt Selbstverständlichkeiten in Frage. Nicht nur ist der Autor skeptisch gegenüber der Neigung, Reden mit natürlicher Gewissheit als gut oder schlecht bewerten zu wollen, sondern er gewinnt auch Floskeln einen Sinn ab, und rückt einen Eindruck zurecht, den viele haben: Rhetorische Reden seien die besseren Reden. Das Buch drängt sich dem Leser nicht auf. Es ist auf Reflexion angelegt, sodass eigentlich jeder, der im öffentlichen Leben steht, Gewinn daraus ziehen kann. Es ist ein Angebot, und lässt hoffen, dass viele davon Gebrauch machen werden.

Titel: Redemanagement in der Unternehmenskommunikation: Mit Reden überzeugen: Konzeption, Organisation und Vortrag; Autor: Vazrik Bazil; Verlag: Springer Gabler, Wiesbaden. Umfang: 118 Seiten; Preis: 19,99 Euro;  ISBN: 978-3-658-23485-0.

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Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

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