Studie zur Krisenkommunikation: Was kann, soll und darf der Aufsichtsrat kommunizieren?

Rolle AR in Krise Hering Schuppener CoverSpeziell in Krisenzeiten erwarten Investoren, Mitarbeiter, Geschäftspartner, Aktionäre, Öffentlichkeit und Medien von Unternehmen eine Bereitschaft zur Kommunikation – nicht nur vom Vorstand, sondern zunehmend auch vom Aufsichtsrat. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann sich nicht darauf zurückziehen, dass ihm das Aktienrecht jede Außenkommunikation neben oder anstelle des Vorstands verbiete. Dies ist eines der Kernergebnisse einer neuen, interdisziplinären Studie über die „Rolle des Aufsichtsrats in der Krisenkommunikation“, die die Kanzlei Noerr, Hering Schuppener Consulting, beide Düsseldorf, und Axel v. Werder, Professor an Technischen Universität Berlin jetzt gemeinsam vorgelegt haben.

Die Ergebnisse basieren auf persönlichen Gesprächen mit ausgewählten Aufsichtsratsvorsitzenden von insgesamt 15 DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen. Ergänzend wurden Interviews mit Aufsichtsratsvorsitzenden börsennotierter deutscher Unternehmen ausgewertet, die in den Jahren 2016 und 2017 in deutschen Wirtschaftsmedien erschienen sind.

"Erwartung an Aufsichtsräte, sich in Krisenzeiten öffentlich zu äußern, steigt"

Theusinger Ingo Kanzlei NoerrIngo Theusinger (Foto; © Kanzlei Noerr), Partner bei Kanzlei Noerr in Düsseldorf, erklärt: „Unsere Grundannahme war, dass die Erwartung an Aufsichtsräte, sich insbesondere in Krisenzeiten öffentlich zu äußern, immer weiter steigt. In Wissenschaft und Praxis wird jedoch die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Aufsichtsrat sich in die Kommunikation einbringen darf und sollte, nach wie vor kontrovers diskutiert.“ Im Fokus der Studie standen daher die Fragen, ob Aufsichtsräte gewillt sind, eine stärkere Rolle in der Kommunikation einzunehmen und ob sie sich für diese Aufgabe ausreichend vorbereitet fühlen. Parallel zu dieser Praxisanalyse haben die Experten den relevanten kommunikativen und gegenwärtigen rechtlichen Rahmen aufgearbeitet.

Schilha Ralph Kanzlei NoerrDie Untersuchung zeigte, dass es eine beträchtliche Grauzone zur Kommunikation von Aufsichtsratsmitgliedern gibt, sowohl in Bezug auf die rechtliche Grundlage, als auch auf die Auslegung des Deutschen Corporate Governance Kodex. „Der Aufsichtsratsvorsitzende sollte immer sorgfältig prüfen, ob ein Thema auch in seine Sachkompetenz fällt, bevor er sich dazu äußert“, sagt Ralph Schilha (Foto; © Kanzlei Noerr), Partner bei Noerr in München. Generell gibt es aber gerade in der Krise überwiegend Argumente, die dafürsprechen, dass der Aufsichtsrat die Kompetenz hat, sich zu äußern. Die rechtliche Grundlage für die Kommunikation von Aufsichtsratsvorsitzenden ist dabei keineswegs abschließend geklärt, auch wenn sich die Mehrheit der Befragten mit dem geltenden Rechtsrahmen grundsätzlich wohl fühlt. „Für ein Mehr an Rechtssicherheit empfehlen wir, möglichst klare Regelungen der organinternen Kommunikationskompetenzen zu etablieren, beispielsweise durch eine Kommunikationsordnung im Aufsichtsrat“, so Schilha.

"Aufsichtsräte sollten sich mit ihrer Rolle in der Unternehmenskommunikation frühzeitig auseinandersetzen"

Manikowsky von Dirk Hering Schuppener„Auch die Anforderungen an die persönliche Kommunikationsfähigkeit des Managements und des Aufsichtsrats sind gestiegen“, sagt Dirk von Manikowsky (Foto; © Hering Schuppener), Partner bei Hering Schuppener in Düsseldorf. „Aufsichtsräte, insbesondere an der Börse gelisteter Unternehmen, sollten sich deshalb mit ihrer Rolle in der Unternehmenskommunikation allgemein und in Krisen aktiv und frühzeitig auseinandersetzen“, so der Kommunikationsexperte.

Werder von Axel Prof TU BerlinDie Mehrheit der Aufsichtsräte scheint zudem grundsätzlich zur Kommunikation bereit zu sein, attestiert Axel v. Werder (Foto; © TU Berlin), Professor an der Technischen Universität Berlin: „Wir müssen zwischen zwei Gruppen unterscheiden. Während die eine Gruppe die eigene Kommunikation auch außerhalb einer Krise sehr zurückhaltend beurteilte, war die Mehrheit der Gesprächspartner diesbezüglich bereits allgemein und entsprechend auch in Krisenfällen aufgeschlossener. Nicht zuletzt wird die Kommunikation des Aufsichtsrats jedoch wesentlich durch die Ausprägung der Krise bestimmt, d.h. insbesondere dadurch, ob es einen Konsens oder einen Dissens mit dem Vorstand gibt.“ Unabdingbar sei dabei für alle Befragten die richtige Vorbereitung. Nicht nur die Gesprächsthemen und die Inhalte der Kommunikation, auch die unternehmensinterne Koordination der Kommunikation in Krisensituationen seien von großer Bedeutung.

Auch wenn es grundsätzlich Aufgabe des Vorstands ist, sich um den Reputationsaufbau des Unternehmens zu kümmern, kann sie allerdings in bestimmten Fällen auch dem Aufsichtsrat und dessen Vorsitzenden obliegen. Versäumt es der Aufsichtsratsvorsitzende, sich auf diese Herausforderung in guten Zeiten sorgfältig vorzubereiten, besteht die Gefahr, dass er in Krisenzeiten bei den Medien nicht über ausreichendes persönliches Vertrauen verfügt. „Die Reputation des Unternehmens wirkt in der Krise wie ein Schutzwall. Strategische Kommunikation trägt gerade in ‚ruhigen Zeiten‘ dazu bei, Reputation aufzubauen – und sie in stürmischen Zeiten zu schützen“, erklärt Dirk von Manikowsky.

Die Executive Summary mit den wesentlichen Ergebnissen der Studie steht hier bei Noerr und hier bei Hering Schuppener zum Download bereit. Die vollständige Studie kann per E-Mail unter dem Stichwort „Aufsichtsrat“ an die Kanzlei Noerr oder an Hering Schuppener bestellt werden.

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Personalien

Zuwachs für Boldt in Berlin und Köln

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Targobank vertraut auf newskontor

Marco Cabras und Tanja PlebuchDie Targobank wird sich zukünftig in Kommunikationsfragen von newskontor beraten und unterstützen lassen. Die Bank, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehört, hat die in Düsseldorf beheimatete Agentur als neuen Partner an Bord geholt. Das Mandat umfasst neben der Beratung auch Corporate Communications und Contenterstellung. Die Zusammenarbeit hat im 1. Quartal 2024 begonnen.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Noch Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

Deckblatt des PwC Global Top 100 RankingNach einem schwierigen Jahr 2023 haben die 100 wertvollsten Unternehmen der Welt laut dem jährlichen „Global Top 100“-Ranking von PwC wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von 39,9 Billionen US-Dollar zum 31. März 2024 übertrafen sie ihren bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2022 von 35 Billionen US-Dollar. Deutschland landet im Länderranking auf Platz 13.

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DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

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Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

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Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

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Felix Meyer-WykUnsere Vorstellung von Rechtsextremen beschränkt sich oft auf offensichtliche Verfassungsfeinde: Glatzen mit Springerstiefel oder „Ausländer raus“-Rufe. Keine Frage, diese Gruppen sind gefährlich. Deutlich unauffälliger, aber mindestens genauso gefährlich sind die Neuen Rechten. Für uns als Kommunikatorinnen und Kommunikatoren ist es wichtig, ihre Denkmuster und Strategien zu kennen, denn mit ihren Auftritten werden wir es vermehrt zu tun haben.

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Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

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Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

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Harte Fakten und Kennzahlen fehlen

Schriftzug CR BenchmarkNachhaltigkeitskommunikation ist auf den Corporate Websites zentral positioniert. Immer mehr Unternehmen verknüpfen den Geschäftserfolg inhaltlich mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Bedenklich ist aber die seit mehreren Jahren rückläufige Transparenz. Wichtige Kennzahlen verschwinden allmählich aus der Nachhaltigkeitskommunikation. Der neue CR Benchmark von NetFed zeigt die aktuellen Entwicklungen.

Aus- und Weiterbildung

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Screenshot der neuen dapr-WebsiteDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr) hat ihre neue Website. Sie bietet Userinnen und Usern nach eigenen Angaben fortan mehr Serviceorientierung, ein zeitgemäßes Design und eine stark vereinfachte Nutzerführung, unter anderem durch eine neue Suchfunktion sowie durch die Zusammenführung mit dem ehemals separaten dapr-Shop. Interessenten können nun die individuell passende Qualifizierung schneller finden.

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Stolze Gewinnerinnen und Gewinner

Von links: Christoph Heshmatpour, Johanna Wittner, Michael Rotschädl und Lukas KalteisDie Erstplatzierten des diesjährigen Franz-Bogner-Wissenschaftspreises für PR stehen fest: Es sind Johanna Wittner, Michael Rotschädl, Christoph Heshmatpour und Lukas Kalteis. Insgesamt wurden 33 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Jahr 2023 in vier Kategorien eingereicht. Zehn Arbeiten erhielten bei der Verleihung am 22. April in Wien eine Auszeichnung. Das Preisgeld beträgt insgesamt 8.900,00 Euro.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.