Top-Medienmanager: „Wir müssen das tun, was die Leute atemlos macht“

Hurry up & innovate! Wie schnell können wir die Medien retten, um einen relevanten Journalismus zu erhalten? Nicht sehr schnell, lautet das Fazit zu einem Gespräch mit Peter Kropsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Presse-Agentur (dpa), und Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion in Berlin. Ihre Rezepte auf einer Veranstaltung von news aktuell am 17. Oktober in Hamburg: Metadaten stärker nutzen, Paywalls einrichten, Bezahlmodelle technisch optimieren. Auch von der Relevanz der Inhalte war vielfach die Rede. So richtig konkret wollte dann aber keiner werden.

Peter Kropsch (li.) und Jörg Quoos beim "news aktuell talk"

Beim Leser glaubwürdig, weil andere Medien uns glauben?

Medien können vieles falsch machen. Sie können langweilen, mangelnde Sorgfalt walten lassen, sagt Jörg Quoos. Leserbeschimpfung sei da wenig nützlich. Seine Forderung: „Wir müssen die besten sein, wir müssen präzise sein, wir müssen absolut verlässlich sein“. Alle, die jetzt auf Social Media News konsumieren, „werden irgendwann Quellen suchen, denen sie absolut vertrauen können“.

Glaubwürdig, das seien die Medien der Funke Mediengruppe eigentlich doch schon heute. „Dass uns keiner glaubt, dass kann ja nicht sein, denn dann würden wir nicht so oft in der Tagesschau oder im Deutschlandfunk landen“, meint Quoos. Andere Medien als Kronzeugen für die eigene Glaubwürdigkeit? Ob das die Leser überzeugen wird? Hält der Hinweis in der Tagesschau auf einen Bericht in einem Funke-Medium die Abo-Kunden bei der Stange?

Das tun, was für die Leser relevant ist

Das Stichwort, das in diesem Zusammenhang die entscheidende Rolle spielt, kam dann von Peter Kropsch: Relevanz. Als Journalist sei man ja in einer Blase. Die Medien müssten sich daran orientieren, was für die Lebenswelt der Leser relevant sei. „Was uns atemlos macht, das muss auch unsere Leser atemlos machen“. Nicht das gegenseitige auf-die-Schultern-klopfen in der Journalistenblase zählt also laut Kropsch für das Überleben der Medien, sondern allein die Interessen der Leser.

Dieser konsumiere ja weiter Medien, allerdings nicht auf deren Plattformen. „Das ist eine Frage des Geschäftsmodells“. Wir müssen uns Gedanken machen, was für unsere Kunden in Zukunft gut sein wird. Und dies müssen wir produzieren, sagt Kropsch.

Eine Paywall soll es richten

Auftritt eines bekannten Medienrettungsmodells: die Paywall. Die Funke Mediengruppe wird zukünftig „Inhalte in allen digitalen Kanälen spielen“. Und diese hinter eine Paywall stellen, so Quoos. Dann allerdings könne Funke nicht allein auf dpa-Inhalte zurückgreifen, denn dafür würde wohl kaum jemand Geld locker machen. Es muss Unique Content sein. „Wir müssen die Themen identifizieren, die unsere Leser dazu bewegen, Abonnements abzuschließen“. Wie Funke in dieser Hinsicht vorgehen will, erläuterte Quoos nicht.
Manchmal allerdings könne man schon mit geringem Einsatz viel erreichen, berichtet er. So habe Funke das Bezahlmodell beim Hamburger Abendblatt vereinfacht. Nur noch drei Felder müssten jetzt ausgefüllt werden: „die Abschlusszahlen steigen“.

Die Zahlungsbereitschaft der deutschen Mediennutzer dürfte sich durch solcherart technische Maßnahmen allerdings nur eingeschränkt steigern lassen. Folgt man der Studie „Paid Content in Deutschland 2018“ des DCI Instituts, dann machen News nur 15,6 Prozent des Gesamtvolumens an Paid Content aus. Und dieses ist ohnehin sehr bescheiden. Optimistisch formuliert: Das Potenzial ist theoretisch ausgesprochen groß.

Absprungraten von 90 Prozent – konstante Qualität hilft

Proksch plädierte für Investitionen in der Medienwelt, für ausprobieren, trial-and-error. Das kostet – und so manche Medien mögen vor finanziellen Risiken zurückschrecken. „Journalismus ist etwas Teures, gute journalistische Produkte kosten“, hält Proksch den Zauderern entgegen. Risikolos seien Bezahlmodelle keineswegs, sondern sehr anspruchsvoll. Erfahrungen des norwegischen Schibsted-Konzerns hätten gezeigt, dass es nicht ausreiche, die Menschen „ins Bezahlfeld zu locken“. Die Absprungraten (Churn Rates) würden bei 90 Prozent liegen. Seine Meinung: Eine Kundenbeziehung sei wie ein Marathonlauf. Hier könne man nicht immer Höchstleistungen bringen, eine gleichbleibend hohe Qualität sei aber schon angesagt.

Data Driven Publishing - die „Weltmeister der Metadaten“ experimentieren

Stichwort „innovate“: die dpa experimentiert – und das Ergebnis kann spannend ausfallen. „Wir sind die Weltmeister der Metadaten“, sagt Kropsch. „Wir experimentieren damit, um die Perspektive unserer Kunden besser einzunehmen.“ dpa will die Agentur-Inhalte besser auf Nutzer zuschneiden und mithilfe von Datenanalysen optimieren. Dazu hat die Nachrichtenagentur neue Arten von Metadaten entworfen: „Lifetime“, „Importance“ und „Limbic“.

Mit bedingungsloser Kundenorientierung via Datenanalyse allerdings vermochte sich Quoos nur eingeschränkt anzufreunden. Zu erfahren, was die Menschen interessiere, das sei eine Sache. Daraus entstehe aber kein Zwang, genau das zu machen, was aus den Daten erkennbar sei. Denn dann bräuchte es keine Chefredaktion mehr, meinte er.

Fazit: Die Frage nach der Relevanz beantworten

Quick wins, wie es der Titel der Veranstaltung erhoffen ließ, gibt es für die Medien nur eingeschränkt. Innovationen dürften sich vor allem dann rechnen, wenn sich die Medien die Frage nach der Relevanz stellen und dementsprechend investieren. Eine Binsenweisheit, ohne Zweifel. Und sich im Zweifelsfall geliebter Glaubenssätze entledigen. Die ersten Schritte in diese Richtung: raus aus der Blase, ran an die Leser. Diese „atemlos“ machen zu wollen, das ist schon ein guter Gedanke.

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