Interview mit Alexandra Groß: „PR-Berater müssen mit Fehlern umgehen können“

Inspiriert vom Denver Clan wollte Alexandra Groß eigentlich schon immer PR-Managerin werden. Heute möchte die Stellvertretende Präsidentin der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) und Vorständin bei Fink & Fuchs nichts anderes mehr machen. Sie liebt die unterschiedlichen Projekte, die Abwechslung zwischen strategischer und operativer Arbeit. Doch ist es nicht gerade diese Abwechslung, die Vielseitigkeit im Agentur-Job, die ein erhöhtes Fehleraufkommen mit sich bringt? Und wie wird damit umgegangen? Gina Cimiotti, ehemaliges Vorstandsmitglied des LPRS und Studentin des Master Communication Management an der Universität Leipzig, und Annett Bergk, Redakteurin des PR-Journals, haben nachgefragt.

Alexandra Groß

Cimiotti: Kommunikationsabteilungen erreichen im digitalen Zeitalter mit ihren Botschaften öffentlichkeitswirksam viele relevante Stakeholder. Darf sich die Branche da überhaupt Fehler leisten?
Groß: Eine Gegenfrage: Wann sprechen wir denn von Fehlern? Was sind Fehler und welche Konsequenz haben sie? Wenn ein Arzt einen Fehler macht, dann hat das ein ganz anderes Ausmaß, als ein Tippfehler in einer Pressemitteilung. Einfach gesagt: Wo gehobelt wird, da fallen auch mal Späne.

Bergk: Eine Ausnahme stellt hier sicherlich nicht zuletzt die Finanzkommunikation dar. Aber um es zu konkretisieren: Was bedeutet es für Sie, Fehler machen zu dürfen?
Groß: Das wiederum ist für mich das wichtigste überhaupt, denn erst durch Fehler ergibt sich das Potenzial, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Ohne Fehler kein Fortschritt. Allerdings muss man diesen “Vorteil” erst einmal erkennen und lernen, was einem der offene Umgang mit Fehlern bringen kann. Der Mensch ist von Natur aus nicht unbedingt gut darin, eigene Schwächen zuzugeben. In der PR-Branche ist man noch doppelt gestraft: PRler tendieren dazu, alles schön zu reden. Fehler werden rückblickend betrachtet schnell mal relativiert oder als gewollt hingestellt.

Bergk: Wenn wir beim Umgang mit Fehlern also von einem (bitter nötigen) Lernprozess sprechen: Welchen Stellenwert geben Sie dem Thema in Ihrer Rolle als Verantwortliche der Aus- und Weiterbildung bei der GPRA?
Groß: Meiner Meinung nach ist der offene und ehrliche Umgang mit Fehlern eine notwendige Fähigkeit eines jeden PR-Beraters und sollte so früh wie möglich gefördert werden. Als Berater muss man in der Lage sein, eigene Fehler – zum Beispiel in einem Kundengespräch – identifizieren zu können, um potentiellen Missverständnissen entgegenzuwirken. In den Agenturen tun sich insbesondere Berufseinsteiger oft schwer damit, Fehler zuzugeben. Man ist neu und will alles perfekt machen, hat das Gefühl sich beweisen zu müssen. Dabei sind Fehler etwas ganz normales. Bekanntermaßen ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und niemand holt die Keule raus, wenn etwas schief gelaufen ist. Viel wichtiger ist der Umgang damit. Aktives Fehlermanagement zeugt von Weitsicht und Fähigkeit zur Reflektion.

Cimiotti: Welche Skills muss ein Kommunikator heute vor diesem Hintergrund mitbringen?
Groß: Die PR hat sich weiterentwickelt. Es geht schon lange nicht mehr um reine Medienarbeit. Wir haben es mit einem interdisziplinären Feld zu tun, das hohe Anforderungen an die Kommunikatoren stellt. Dazu gehören Projektmanagement und kaufmännisches Know-how. Aber auch Softskills, wie echte Kommunikation im zwischenmenschlichen Bereich, sind wichtig. In der Beratung brauchen wir Generalisten, die das große Ganze im Auge behalten aber dennoch wissen, wo sie Spezialisten mit dezidierten Fähigkeiten einsetzen müssen und zwischen den Kollegen und Disziplinen vermitteln. Idealerweise antizipiert man so auch schon sehr früh mögliche Fehlerquellen.

Cimiotti: Und was braucht es, um eine erfolgreiche Fehlerkultur im Unternehmen oder der Agentur zu etablieren?
Groß: Fehler sollten zum einen nie ein Tabu-Thema sein, sondern als Chance zur Verbesserung verstanden werden. Und zum anderen muss genau das auch so an die Mitarbeiter kommuniziert werden. Mit Hilfe von Manöverkritiken am Ende eines Projektes – aber gegebenenfalls auch schon nach Erreichen eines Meilensteins – wird Raum geschaffen, um sich zu fragen: Was war gut, was schlecht? Was geht noch besser? Miteinander zu reden und sich auszutauschen ist essentiell und genau darin liegt doch die Stärke von uns Kommunikatoren.

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