Kommentar: Warum die aktuelle Anzeigenkampagne Facebook auch nicht rettet

Überall Anzeigen von Facebook. Massenhaft. Facebook investiert zig Millionen Euro, um seine Reputation aufzupolieren – und wird damit scheitern. Doch es fehlt an ehrlichem Bedauern, einem menschlichen Absender und Verbindlichkeit. Lesen Sie nachfolgend die drei Fehler, die Facebook mit seinen Anzeigen derzeit begeht.

Jörg Forthmann

"f ändert sich" postuliert Facebook zur Zeit flächendeckend. Die Menschen sollen davon überzeugt werden, dass sich der US-Konzern bessert und ein guter Social-Media-Gigant wird, den die Menschen lieben. Das Umdenken kommt arg spät. Letzte Woche hat Facebook innerhalb von nur zwei Stunden 123 Milliarden US-Dollar an Wert an der Börse verloren. Das waren 15 Prozent des Börsenwerts. Analysten sprechen von "panikartiger Flucht" der Anleger. Dabei hatten die Amerikaner die Erwartungen der Analysten nur knapp verfehlt. Der Quartalsumsatz stieg um sagenhafte 42 Prozent auf gut 13 Milliarden Dollar, und der Gewinn legte um sportliche 31 Prozent auf 5,1 Milliarden Dollar zu. Andere Unternehmen wären dafür gefeiert und mit Kurshöchstständen belohnt worden.

Reputationsprobleme rächen sich

Facebook nicht. Denn die Reputationsprobleme von Facebook - jahrelang aufgehäuft - rächen sich nun. Die Politik macht Druck und weltweit gerät der Social-Media-Konzern unter die Räder der Regulierung. Cambridge Analytica ist für Facebook längst nicht vorbei. Die Spätfolgen kommen erst noch. Obendrein glänzt Facebook-Chef Mark Zuckerberg mit Verlautbarungen, dass sein Unternehmen Nachrichten von Holocaust-Leugnern nicht löschen will.

Der Erfolg neuer Anzeigenformate, die Facebook einführt, wird bezweifelt. Und die Nutzerschar fängt an zu schrumpfen: In den USA stagniert die Zahl der täglich aktiven Nutzer bei 185 Millionen; in Europa geht sie mit 279 Millionen sogar zurück. Gerade die jungen Nutzer ziehen sich aus Facebook zurück, sagen die Medienforscher. Der Tod sozialer 1. Netzwerke beginnt bei den jungen Usern...

So kommt die Anzeigenkampagne des US-Riesen nicht so ganz freiwillig. Facebook will schnellstmöglich den angerichteten Flurschaden wieder bereinigen und versucht es nun mit einem millionenschweren Media-Budget. Doch die Amerikaner werden mit den Anzeigen keinen Erfolg haben. Dafür gibt es drei Gründe:

1. Keine Entschuldigung von Facebook

In keinem Anzeigentext entschuldigt sich Facebook. Noch nicht einmal Bedauern wird geäußert. Es bleibt bei einer sachlichen Feststellung: "Unser F stand zuletzt für Dinge, für die Facebook nicht stehen sollte." Das ist zu wenig. Das Publikum erwartet vom Sünder echtes, authentisches Bedauern und eine aufrechte Entschuldigung. So vermittelt Facebook unnötig den Eindruck, sich irgendwie genötigt zu sehen, Fehler eingestehen zu müssen – aber man will es eigentlich gar nicht.

2. Kein menschlicher Absender

In den Anzeigen wird zwar von "wir" und "uns" gesprochen, aber sie hat keinen Absender. Wer macht eigentlich die Zusagen, dass jetzt alles besser werden soll. Es ist der Facebook-Konzern, der so unfassbar und unnahbar ist wie ein Nebelschleier. Hier hätte ein Repräsentant von Facebook stehen müssen. Ein Mensch mit Namen, Bild und klarer Aussage. Mag sich bei Faebook niemand für Versprechungen hergeben, die jetzt millionenfach gestreut werden? An Menschen kristallisiert sich Vertrauen, nicht an unpersönlichen Firmen. Hier hat Facebook eine Chance vertan.

3. Keine Verbindlichkeit von Facebook

Facebook ist nicht sparsam mit Versprechungen. Aber was verspricht Facebook eigentlich wirklich? Es soll Funktionen geben, "die den Schutz Deiner Privatsphäre noch einfacher machen". Was ist das? Wann kommt es? Der Konzern verspricht den "fokussierten Einsatz gegen Fake News auf der ganzen Welt". Doch was ist bloß ein "fokussierter Einsatz"? Eine Worthülse. und das merkt dummerweise auch das Publikum.

Wo ist der Zeitplan mit Meilensteinen, wann was konkret an Verbesserungen vorliegt? Wo sind Ansprechpartner von Facebook damit die Community Rückmeldungen zu Missständen geben kann? Wer trägt bei Facebook jetzt eigentlich für welche Verbesserungszusagen die Verantwortung; wer steht persönlich für die Zusagen ein? Facebook verhält sich wie ein ungeschickter Lügner: Sagt zu wenig, um glaubwürdig wirken zu können. Die Aussagen sind so vage, dass ihre Belastbarkeit bezweifelt wird. Es ist wie einem Ehebrecher: Wenn er seiner Frau beteuert, er werde mit fokussiertem Einsatz an seiner Treue arbeiten, wird er keinen Erfolg haben. Sie will hören, dass er sich von seiner neuen Flamme trennt und künftig die Finger von anderen Frauen lässt. Klarheit pur. So simpel ist das.

So bleibt es bei einer Oma-Weisheit in der Krisen-PR: Das Falsche mit Zig-Millionen-Aufwand realisieren, macht es auch nicht richtig.

Über den Autor: Jörg Forthmann ist seit 30 Jahren Kommunikator, anfangs als Journalist, später in den Pressestellen von Nestlé und Mummert Consulting, heute als Geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsberatung Faktenkontor in Hamburg. Im Faktenkontor verantwortet Forthmann die Analyse und die Konzeption. Der oben stehende Beitrag wurde zunächst im Krisen-PR-Blog von Forthmann veröffentlicht.

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