Monsanto-Deal treibt Bayer zur offensiven Auseinandersetzung mit Kritikern

Am 7. Juni 2018 hat Bayer die Übernahme von Monsanto abgeschlossen. Mehr als 60 Milliarden US-Dollar haben die Leverkusener für das US-Unternehmen bezahlt, das in Deutschland besonders wegen des Einsatzes des Herbizid-Wirkstoffs Glyphosat und der Herstellung genveränderten Saatguts kritisch beurteilt wird. Der Kaufpreis gilt als hoch. Doch sieht die Finanzwelt gute Chancen, dass die neue Marktmacht im Bereich Saatgut und Pflanzenschutz die Profitabilität steigern könnte.

Viel Dialogarbeit unter dem Bayerkreuz. (© Bayer AG)

Maertin Christian Head of CorpCom Bayer c BayerAGDas Kommunikationsteam um Christian Maertin (Foto, © Bayer AG), Head of Corporate Communications bei Bayer, dürfte einiges an Arbeit vor sich haben. Aufgabe: Dafür zu sorgen, dass das Monsanto-Image nicht auf Bayer abfärbt und Sparten wie Pharma in Mitleidenschaft zieht, die mit der Übernahme wenig zu tun haben. „Wie wird Bayer zukünftig der gestiegenen Verantwortung gerecht? Dass viele Menschen uns an dieser Frage messen werden, ist uns bewusst“, sagt Maertin. „Wohl kaum hat bei einer Großakquisition jemals ein so hohes Reputationsrisiko mitgeschwungen wie bei dieser“, schreibt die „FAZ“.

Als Pharmakonzern ist Bayer eine kritische Öffentlichkeit gewohnt. Der Kauf von Monsanto hebt die Skepsis auf ein neues Level. Jede Handlung wird hinterfragt. Beispiel: Bayer wird den Namen Monsanto nach der Übernahme nicht weiterführen. Für Kritiker ist klar: Mit dem Namen versuche Bayer Monsantos schlechtes Images ebenfalls loszuwerden. Tatsächlich ist ein solcher Schritt üblich. Bei Akquisitionen verschwindet der Name des kleineren Partners, zumal Bayer selbst eine Weltmarke ist.

Die Produktnamen sollen bestehen bleiben. Stand bisher Monsanto drauf, werde es künftig Bayer sein, erklärt Maertin. Eine wichtige Zielgruppe sind Landwirte. Das Herbizid „Roundup“ bekam im Zuge der Glyphosat-Diskussion in der breiten Öffentlichkeit zusätzliche Image-Kratzer. Unter konventionell operierenden Landwirten ist das Produkt eine bekannte und wegen seiner Effektivität geschätzte Marke.

Bayer verspricht Transparenz

„Der Schlüssel zu einem sachlichen Umgang liegt darin, mit Kritikern wo immer möglich in den Dialog zu gehen“, sagt Maertin. Er setzt auf Transparenz. „Wer sich mit konstruktiv-kritischen Argumenten an uns wendet, wird bei Bayer nie verschlossene Türen vorfinden“, verspricht der 47-Jährige. Maertin leitete bis Ende 2016 bei Edelman.ergo als Managing Director die Corporate- und Krisenkommunikation in Deutschland. Er kam erst zu Bayer, als die Übernahmepläne bereits kommuniziert waren. „Maximale Dialogorientierung“ gibt Maertin jetzt als Ziel aus. Die Betonung der Bereitschaft zum Austausch mit der Gesellschaft zieht sich durch die gesamte Kommunikation.

Wegducken lässt sich Bayer nicht vorwerfen. Das Unternehmen hat das Streitgespräch für sich entdeckt – Doppelinterviews in führenden Medien, in denen sich ein Bayer-Top-Manager mit einem Kritiker duelliert. In der Zeitschrift „Capital“ diskutierten Bayer-Vorstand Liam Condon – vom „Manager Magazin“ als „Bayers bester Verkäufer“ tituliert – und Grünen-Chef Robert Habeck. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ fand ein Streitgespräch zwischen Jörg-Andreas Krüger, Mitglied der Geschäftsleitung beim WWF Deutschland, und Helmut Schramm, Geschäftsführer der Sparte Bayer Crop Science, statt. Dazu gibt es Wortlautinterviews wie zuletzt in der „FAZ“.

Bayer versus WWF

Dem Bayer-WWF-Gespräch ging ein Blog- und Video-Battle zwischen der NGO und Bayer voraus. Das Doppelinterview war die friedvolle Fortsetzung.

Der WWF hatte im Zuge der Diskussion um die weitere Glyphosat-Zulassung die Leverkusener wegen des Monsanto-Deals in einem YouTube-Kurz-Video angegriffen, sich aber selbst angreifbar gemacht. Inhaltlich, indem das Video mit „Regenwurmarten“ einstieg und Hardcore-Realisten ihre Vorurteile von dogmatischer Weltverbesserung bestätigt sahen. Pauschalaussagen lieferten weiteres Futter. Anrufe der beiden Video-Protagonistinnen in der Presseabteilung von Bayer ließ diese zwar alt aussehen, trug aber nicht zur Glaubwürdigkeit des Videos bei – schlechter Stil. Zu allem Überfluss wurden Telefonate ohne Einwilligung der Angerufenen mitgeschnitten – in Deutschland ein Straftatbestand.

Maertin sah mit diesem Video „verschiedene rote Linien überschritten“. Bayer reagierte mit einem eigenen Clip, produziert von fischerAppelt. Dieser wurde in einen Blog-Beitrag eingebettet, in dem Maertin erklärte, warum das Unternehmen derart scharf und polemisch konterte. „Wir jedenfalls glauben an Fakten, nicht an Stimmungsmache“, lautete eine Kernaussage.

In den User-Kommentaren unter dem Blog-Artikel hielten sich positive und negative Reaktionen die Waage. Einigen Usern fehlten genau die Fakten, die Bayer vorgab, präsentieren zu wollen. Unter anderem ist im Video davon die Rede, ohne Glyphosat würden die Nahrungsmittelpreise „nicht zu knapp“ steigen, was angesichts der Vielzahl an Einflussfaktoren auf Produktpreise umstritten ist. WWF-Pressesprecher Marco Vollmar beurteilte denn auch Bayers „Fakten“ skeptisch und wunderte sich in einem Blog-Beitrag, dass sich Bayer als „Hüter der Wahrheit“ darstellt. „Das ist der Konzern sicher nicht“, schreibt er.

Berichterstattung besser als erwartet

Christian Maertin bleibt dabei: Ihm gehe es um wissenschaftlich belegbare Fakten. Bayer hat jetzt eine Themenplattform ins Leben gerufen. „Hier sind die Fakten“ heißt die Webseite unbescheiden, auf der Bayer Fragen zu Glyphosat, Pflanzenschutz, Landwirtschaft und Gentechnik beantwortet. User können Fragen an Bayer richten. Dazu gibt es eine Broschüre. Bewegtbildformate sind angedacht.

Auf der Plattform sucht das Unternehmen ebenfalls die Auseinandersetzung mit Kritikern. Sieben Thesen der indischen Aktivistin und Monsanto-Gegnerin Vandana Shiva werden diskutiert und mit Quellen aus Sicht von Bayer widerlegt. Das wenig überraschende Urteil: „Vandana Shiva ignoriert schlicht den wissenschaftlichen Konsens, […]“.

Mit dem Presseecho rund um die Übernahme scheint man bei Bayer ganz zufrieden zu sein. Medienanalysen würden regelmäßig zeigen, dass die Berichterstattung zur geplanten Übernahme von Monsanto in Deutschland mittlerweile deutlich ausgewogener sei, so Maertin. In der sehr emotional geführten Glyphosat-Diskussion sei festzustellen, dass zunehmend mehr Medien sachlich und faktenbasiert berichteten. Auffallend war tatsächlich, dass während der Glyphosat-Diskussion zahlreiche Leitmedien Pro- und Contra-Argumente gleichberechtigt aufführten.

Kritische Berichte blieben in der Vergangenheit trotzdem nicht aus. Beispielsweise attackierte „Der Spiegel“ im Oktober 2017 in einem Artikel mit der Überschrift „Drecksforschung“ (paid) Monsanto hart. Das Unternehmen säe Zweifel und manipuliere die Forschung, heißt es dort.

Bisher war Monsanto die Zielscheibe. Das war gestern. Jetzt träfe es Bayer.

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