(Foto: Verena N. / pixelio.de)

Der Presserat hat auf seinen Sitzungen vom 12. bis 14. Juni insgesamt zehn Rügen ausgesprochen. Darüber hinaus gab es zwölf Missbilligungen und 24 Hinweise. Der Presserat bewertete sieben Beschwerden als begründet, verzichtete jedoch auf eine Maßnahme. 55 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet. Ein spektakulärer Fall betraf einen erfundenen Terror-Anschlag in Mannheim. Der Presserat rügte dafür den „Rheinneckarblog“. Besonders interessant für die PR-Branche: eine Rüge für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Kölnische Rundschau“ für Verstöße gegen die Transparenzpflichten.

Unter der Überschrift „Massiver Terroranschlag in Mannheim“ hatte der „Rheinneckarblog“ detailliert über einen Terroranschlag und ein „Blutbad apokalyptischen Ausmaßes“ mit 136 Toten berichtet, die es gar nicht gegeben hatte. Die Redaktion gab an, der Text sei so übertrieben gewesen, dass jeder durchschnittliche Leser hätte stutzig werden müssen. Der Presserat folgt der Kritik der Beschwerdeführer, dass über den fiktionalen Charakter des Berichts erst hinter einer Bezahlschranke aufgeklärt wurde. Unabhängig von der Absicht, die die Redaktion mit dem erfundenen Bericht verfolgte, hat sie damit dem Ansehen der Presse massiv geschadet, befand der Presserat. 

Verstöße gegen die Transparenzpflichten

Der Presserat rügt den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Kölnische Rundschau“ für schwere Verstöße gegen Transparenzpflichten aus den Ziffern 1 und 6 des Pressekodex. Die Redaktionen hatten in den Printausgaben und Online-Auftritten Pressemitteilungen für die Leser nicht nachvollziehbar gekennzeichnet (Richtlinie 1.3) und die Doppelfunktion einer Agentur nicht offengelegt (Richtlinie 6.1). Die Agentur arbeitet im Verbreitungsgebiet der Zeitungen als Pressestelle einer Kommune und gleichzeitig als Zulieferer von journalistischen Inhalten für die Redaktionen. In ihrer Funktion als Pressestelle verantwortet sie die Pressemitteilungen der Stadtverwaltung und beantwortet Medienanfragen. Als Zulieferer der Redaktionen berichtet sie zudem über diverse lokale Themen. Alle diese Beiträge wurden in gleicher Weise mit Namen bzw. dem Kürzel der Agentur gekennzeichnet. Den Lesern bleibt dadurch unklar, ob es sich bei den Artikeln um städtische Pressemitteilungen handelt, ob die Agentur in ihrer Funktion als Pressesprecher der Kommune auf redaktionelle Anfragen antwortet oder ob sie den Text im Auftrag der Redaktion erstellt hat. Eine solche Praxis gefährdet nach Ansicht des Presserats die Glaubwürdigkeit der Medien.

Netanjahu-Karikatur in der „SZ“ von Meinungsfreiheit gedeckt

Der Deutsche Presserat sieht in der Netanjahu-Karikatur in der „Süddeutschen Zeitung“ keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Die Grenze zur Diskriminierung von Juden nach Ziffer 12 Pressekodex ist nicht überschritten, entschied das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle der Presse mehrheitlich. Die Gesichtszüge des israelischen Premierministers sind zwar überzeichnet, im Rahmen der Meinungsfreiheit ist dies aber zulässig. Die Karikatur wurde im zuständigen Ausschuss gründlich erörtert. Einige Mitglieder kritisierten eine stereotype Bildsprache und hielten die Beschwerden für begründet. Zu sehen ist der israelische Regierungschef Netanjahu im Gewand der Eurovision Song Contest-Gewinnerin Netta. Er hält eine Rakete in der Hand, die mit einem Davidstern markiert ist. Im Hintergrund sieht man einen weiteren Davidstern. Die Rolle des Davidsterns als religiöses und auch staatliches Symbol wurde im Ausschuss unterschiedlich bewertet. Acht Leserinnen und Leser hatten sich beim Presserat beschwert, weil sie sich u.a. an Zeichnungen aus dem nationalsozialistischen „Stürmer“ erinnert fühlten.

Weitere Entscheidungen betrafen die „Bild“, die ein aktuelles Foto von Gladbeck-Täter Degowski nicht hätte zeigen dürfen und dafür eine Rüge erhielt. Auch übte der Presserat Kritik an der ungeprüften Übernahme von Informationen anderer Medien. Er sieht in der Veröffentlichung ungeprüfter Aussagen aus anderen Medien einen Verstoß gegen den Pressekodex.


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