Kommunikationsdesaster um den Musikpreis Echo: Geile Propaganda, Alter

Dass die Musikindustrie in Sachen Kommunikation, kritischer Selbstreflektion und eindeutiger Haltung eher ein Problemfall ist, gilt ja nicht als ganz neue Erkenntnis. Aber, was sich in den vergangenen Wochen im Umfeld der Echo-Verleihung abspielt, ist eindrucksvoller Beleg für eine atemberaubende Unfähigkeit der Echo-Verantwortlichen, eine derartige Kommunikationskrise vernünftig zu managen. Und dahinter steht ja niemand anderes als der Bundesverband Musikindustrie und die Deutsche Phonoakademie, die angetreten ist, im Auftrag der Musikkonzerne dem Volk musikalische Förderung näher zu bringen.

Uwe Kohrs

Seit 1992 gab es für verdiente Musiker einmal pro Jahr Preise von der Akademie – den Echo. Und „verdienen“ ist denn auch die konzeptionelle Basis der Ehrungen. Denn ausgezeichnet wurde, wer für sein Label, seine Firma die höchsten Umsätze eingefahren hat. Für die Qualität des Vorgetragenen gab‘s eine Jury und wenn’s zusätzlicher Legitimation bedurfte, einen Ethikrat. Der hat sich ja in der aktuellen öffentlichen Aufregung mit seiner Entscheidung und halbgaren Begründung zur künstlerischen Freiheit und zu den Freunden aus der Gangsta-Rap Fraktion verdient gemacht.

ECHO 2018 LogoDer Rest ist ja dann folgerichtig und geschäftsmäßig nach Lehrbuch zum kommunikativen Krisenfall missraten. Die Kakophonie der Teilnehmer an der öffentlichen Steinigung des Echos ist bemerkenswert und man hat das Gefühl, da fährt ein Schiff ohne Kapitän und Steuermann auf den Eisberg zu. Erkennbares kommunikatives Management – Fehlanzeige. Deswegen jetzt auch am 25. April – 13 Tage nach der Echo-Preisverleihung am 12. April – das Aus für den Preis.

Für Interessierte sei das Pressefach auf der offiziellen Echo-Webseite empfohlen, wo die Lektüre der Pressemeldungen bis zum 23. April schnell zur Realsatire gerät, und zwischen den hübschen Veranstaltungsbildern der Eindruck entsteht, das doch eigentlich alles ganz prima ist.

Auch bei der Gala war es allein Altpunker Campino überlassen, Kritisches zu Protokoll zu geben. Industrievertreter vom BVMI wollten wahrscheinlich die Party nicht stören. Und während seitdem da draußen in der harten Medienwelt täglich ein Star aus der Branche seinen Schrank ausräumt und entrüstet alle Echos zurückgibt, wartet man vergeblich auf Anzeichen von klarer Kante und kommunikativem Krisenmanagement.

Gemäß Presseinfo sind die Verantwortlichen der Musikindustrie „entsetzt“ und sehen den Preis durch die Welle der Entrüstung überfordert. Ach ja, und man will die Regularien für den Echo überarbeiten und neu fassen. Angesichts solcher Aussagen wird deutlich, dass hier echte Profis am Werk sein müssen, denen anscheinend noch gar nicht aufgefallen ist das der Patient Echo längst tot ist.

Die deutsche Musikindustrie und ihr Verband erlebt gerade eine ihrer Sternstunden und bedienen dabei jedes negative Klischee. Hauptsache, man kann Kohle machen mit der Mucke, egal was es ist, egal wie man mit Künstlern umgeht, nur erfolgreich muss es halt sein, immer nach der Devise der Zweck heiligt die Mittel. Dann gibt es goldene und platin-farbene CDs für die Musikarbeiter zur Belohnung und dann zur Selbstdarstellung der Branche einen Echo obendrauf.

Und wenn der dann nach hinten losgeht wegen zweifelhafter Inhalte, dann und nur dann, lesen die Verantwortlichen der Labels und Vertriebe auch mal nach, was sie dem Publikum da so an Inhalten verkaufen. BMG jedenfalls hat das jetzt getan und sich von ihren Rap-Künstlern Kollegah und Farid Bang distanziert und die Zusammenarbeit eingefroren. Da kann man nur noch sprachlos herzlichen Glückwunsch sagen.

Und während das Schiff Echo untergeht, spielt die Kapelle weiter, mit Texten, die der Ethikrat für geeignet befunden hat – und in der Ecke sitzen die Kommunikationsleute und arbeiten schon mal an der Pressemeldung zur erfolgreichen Jahresbilanz der Musikindustrie in Deutschland und dem Wiederauftauchen des Echos im Jahr 2019 – vielleicht dann in neuer Form. Und die Steine des Anstoßes und Gangsta-Rap-Helden der künstlerischen Freiheit haben noch mehr Downloads und CD’s vertickt und freuen sich über die mediale Aufmerksamkeit und die „geile Propaganda“. Die Phonoakademie hat die Chance zum Standard Case in allen Krisenhandbüchern der Republik zu werden. Das ist doch auch mal was, würde Helene Fischer der Musikindustrie zur Aufmunterung zurufen.

Über den Autor: Uwe Kohrs ist Inhaber und Geschäftsführer der impact Agentur für Kommunikation GmbH, Frankfurt am Main, sowie Chairman der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA). Kohrs gilt als Architekt der Employer-Branding-Kampagne der Agenturverbände in der Kommunikationsbranche. Obendrein gilt er selbst als ambitionierter Musiker.

Seitennavigation

Personalien

Novartis Pharma verpflichtet Annekatrin Gebauer

Annekatrin GebauerAnnekatrin Gebauer (50), zuletzt Senior Partner und Head of Public Affairs bei Christ & Company Consulting, ist seit dem 1. April neue Direktorin für den Bereich Politik und Allianzen bei Novartis Pharma. In der Hauptstadtrepräsentanz von Novartis verantwortet sie die Gesundheitspolitik in Bund und Ländern. Sie berichtet an Marco Hardt, Mitglied der Geschäftsleitung und Head of Public Affairs.

Etats

Newbusiness-Erfolge für Kruger Media

Michael FrohoffEin zurückgewonnener und zwei neue Etats – das ist die Bilanz der jüngsten Neugeschäftsoffensive von Kruger Media, Berlin. Alle drei neuen Mandate stärken die Geschäftsbereiche PR, Live- und Social Media-Kommunikation. Michael Frohoff, Geschäftsführer von Kruger Media: „Wir freuen uns, dass wir für die spannende Marken Shokz, Holland Bikes und Opus Klassik tätig sein dürfen.“

Agenturen

Letzte Frist zur Abgabe verlängert bis 23. April

Pfeil mit ÄpfelnDer Endspurt für die Teilnahme am Pfeffer-PR-Journal-Ranking 2024 ist eingeläutet. Die Frist zur Einreichung der Daten aus dem Geschäftsjahr 2023 wurde letztmalig bis zum 23. April verlängert. Noch bis zu diesem Zeitpunkt können „Agenturen mit PR-DNA“ die Zahlen zur Umsatz- und Mitarbeiterentwicklung aus dem vergangenen Jahr melden.

Unternehmen

Allianz-Chef Bäte erfolgreichster DAX-CEO im Social Web

Studie DAX-CEO Social MediaAuf den Plattformen LinkedIn und Instagram soll Allianz-Chef Oliver Bäte in Summe besser kommunizieren als die restlichen DAX-40-Konzernchefs. Das legt jetzt die aktuelle Auflage des „Social CEO-Checks“ offen - der gemeinsam von der Kommunikationsagentur cocodibu und der Hochschule Macromedia herausgegeben wird.

Verbände

CMF erweitert Vorstandsteam

CMF Vorstände Der Branchenverband Content Marketing Forum e.V. (CMF) erweitert seinen Vorstand mit vier neuen Vertretern auf insgesamt neun Mitglieder. Frisch gewählt wurden: Carsten Rossi, Elena Starmühler und Peter Kruppa sowie Guido Von Deschwanden aus der Schweiz.

Branche

turi2 wird Teil der Mediengruppe Oberauer

Mediengruppe Oberauer / turi2Verlegerpaar Peter und Heike Turi verkaufen turi2 an die Mediengruppe Oberauer. Damit übernimmt das österreichische Medienhaus die wirtschaftliche Verantwortung für die publizistischen Angebote der turi2 GmbH, insbesondere von turi2.de, dem Newsdienst der Branche für Entscheider aus Medien, PR und Marketing, der digitalen turi2 Themenwochen und der Publikationsreihe turi2 edition.

Medien

„FRANZ – das Magazin“

Franz BeckenbauerAm 8. Januar 2024 verstarb Franz Beckenbauer. Genau 100 Tage später, am 16. April, bringt der Journalist und Medienunternehmer Oliver Wurm den Printtitel „FRANZ – das Magazin“ heraus. Auf 132 Seiten erinnert der Verlag Fußballgold „an den größten Fußballer, den Deutschland jemals hatte. Und einen besonderen Menschen.“ Die DFL und der FC Bayern München unterstützen das Projekt.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neues Intensivtraining

Karen HoffmannDie Deutsche Akademie für Public Relations dapr, Düsseldorf, startet ihr neues Intensivtraining Corporate Community Manager am 18. September 2024. Ab sofort können sich Interessierte dazu anmelden. Im dreitägigen Seminar lernen Mitarbeitende und Führungskräfte aus Kommunikation, Marketing, PR, HR sowie Change-Management, wie sie interne Gemeinschaften aufbauen und managen.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Das Königshaus und seine PR

Kate, Prinzessin von WalesEine Frau, eine Parkbank, eine Botschaft. In der vergangenen Woche machte die Prinzessin von Wales persönlich in einem Video ihre Krebskrankheit öffentlich. Auch das ist Public Relations. „Kate hat Krebs“ – diese Alliteration zieht sich seither durch die Berichterstattung. Beiläufig wird darüber diskutiert, ob das Königshaus mit guter oder schlechter PR glänzte, worüber sich streiten lässt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Auszeichnung für zwei Gewinnerinnen

Caroline Siegel, Lina Blenninger und Günter BenteleLina Blenninger und Caroline Siegel sind die Gewinnerin des Günter-Thiele-Preises 2024 und werden mit dem gleichnamigen Forschungsstipendium 2024 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 12. April 2024 im Rahmen der Veranstaltung „Refresh“ des Lehrbereichs Communication Management an der Universität Leipzig statt. Der Jury-Vorsitzende ist Professor Günter Bentele.

Whitepaper

Employer-Branding-Kommunikation: Neues Whitepaper gibt Hilfestellung

Der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Demografischer Wandel, digitale Transformation und der daraus resultierende Arbeitskräftemangel haben die Kräfteverhältnisse verschoben. Auf dem Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmermarkt der Gegenwart müssen Unternehmen auf Arbeitnehmende zugehen. Doch wie machen sie das? Antworten gibt ein neues Whitepaper der zur fischerAppelt Group gehörenden Hamburger Agentur Philipp und Keuntje (PUK).