Ratgeber im Baukastenformat: „Influencer Relations“ von Annika Schach und Timo Lommatzsch

Influencer Relations Schach Lommatzsch BuchcoverInfluencer haben PR und Marketing verändert. Sie absorbieren inzwischen erhebliche Budgets. Dazu sind Vermarkungsplattformen, Influencer-Netzwerke und Spezialagenturen entstanden – eine eigene Mikro-Industrie. Grund genug für die Kommunikationswissenschaft, sich dieses Themas intensiver anzunehmen. Noch ist die Literaturlage überschaubar. Mit „Influencer Relations. Marketing und PR mit digitalen Meinungsführern“ legen Annika Schach und Timo Lommatzsch jetzt ein Grundlagenbuch mit Praxisanspruch vor.

Annika Schach ist Professorin für Angewandte Public Relations an der Hochschule Hannover und Kommunikationsberaterin. Lommatzsch ist aktuell Geschäftsführer der Agentur MT-Medien ebenfalls in Hannover. Beide sind Herausgeber und Verfasser mehrerer Kapitel. Als weitere Autoren haben sie Experten mit ausgeprägter Digital-Expertise gewonnen. Auch die beiden „PR-Journal“-Autorinnen Annett Bergk und Paula Slomian sowie die ehemalige „PR-Journal“-Mitarbeiterin und Edelman.ergo-Beraterin Lan Anh Nguyen haben Kapitel beigesteuert.

Herausgekommen ist ein Ratgeber im Baukastenformat. Wer Influencer Relations und Influencer Marketing – beide Begriffe werden von Lommatzsch sauber definiert und abgegrenzt – betreiben will, weiß nach Studium des 314-Seiten-Werks, was es zu tun gilt und wo Chancen sowie Risiken liegen.

Für Mitarbeiter in Agenturen, selbstständige Berater und Angestellte in der Unternehmenskommunikation ist es eine lohnende Lektüre. Insbesondere auch für das Senior-Level – also ältere Kommunikatoren, die Influencer-PR immer noch als oberflächliche Spielerei abtun. Die allgemeine Rezeption von Influencer Marketing durch das Publikum ist weiterhin: Schrille junge Menschen preisen Produkte an und erzählen aus ihrem Leben – der Assoziation, eine Teleshopping-Queen spricht aus Laptop, Tablet oder Handy zu einem oder „Der Preis ist heiß“ feiert sein x-tes Revival, kann man sich schwer entziehen.

Wie macht man Influencer Marketing richtig?

Natürlich steckt hinter Influencer Marketing und Influencer Relations deutlich mehr. Vor allem viel Geld, da Unternehmen beides nachfragen. Werbe-, Digital-, PR- und Influencer-Agenturen kämpfen um die Etats. Agenturen haben ein großes Interesse, den Hype zu befeuern. Tatsächlich dürften diejenigen gute Chancen haben, sich am Markt durchzusetzen, die es verstehen, Konsum- und Medientrends schnell zu erkennen, Vertrautheit mit unterschiedlichen Subkulturen herzustellen und die junge Zielgruppe zu verstehen. 

Bisher – das zeigen verschiedene Studien – sind vor allem Unternehmen aus dem Lifestyle-Segment mit Schwerpunkt Fashion, Beauty, Food & Beverages sowie Tourismus im Influencer-Anheuern aktiv. Auch die meisten Influencer haben Lifestyle als ihr Geschäftsfeld gewählt. Branchen mit erklärungsbedürftigen Produkten ziehen immer mehr nach.

Zum Buch: Der Leser erfährt praxisnah, wie Unternehmen die richtigen Influencer finden und einbinden, warum nicht immer CEOs als Corporate Influencer fungieren müssen und welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten. Hier gab es kürzlich ein interessantes Gerichtsurteil, das für Influencer eine klare Kennzeichnung ihrer Productplacements vorschreibt. Gleichzeitig erklären die Autoren, wie sich die Influencer-Einbindung qualitativ und quantitativ evaluieren lässt und welchen Mehrwert Marken aus Influencern ziehen können. YouTube, Blogs und Instagram sind bekanntlich die Hauptkanäle für Influencer.

Etwas konstruiert wirkt die theoretische Herleitung mit einem Verweis auf eine Meinungsführer-Theorie von Lazarsfeld und Katz aus den 1940er-Jahren. Abgesehen von wenigen Micro-Influencern, die detailliertes technisches Know-how besitzen, selbst herausragende Köche sind oder über Fachwissen zu Design und Fashion verfügen, fehlt Influencern meist genau das: Ahnung, warum ein Produkt besonders gut ist. Insbesondere im Marketing zählt vor allem die Reichweite der Influencer, ihre Community. Es geht recht faktenfrei zu und eher um den persönlichen Geschmack des Influencers, der dadurch seine Anhängerschaft inspiriert. Bei Influencer Relations mit Schwerpunkt Reputation, Imagebuilding und Meinungsbildung – auch das macht das Buch deutlich – steckt meist mehr Tiefe dahinter.

Aufschlussreich ist ein vorgestelltes Modell der „Pyramid of Influence“, das aufzeigt, wie Fashion-Fans und Mode-Interessierte aus einem Zusammenspiel von traditionellen Medien und Influencern beeinflusst werden. „Money can’t buy experiences“ – hochkarätige Influencer würden sich nur für Produkte gewinnen lassen, die sie wirklich überzeugen. Nur so lasse sich authentisch nach Außen kommunizieren, wie beispielsweise die vorgestellten Cases des Versandhändlers Otto sowie des Klinikums Dortmund zeigen. Hier schlüpfen Ärzte in die Rolle von Influencern und klären über medizinische Themen auf. Insgesamt wären mehr konkrete Fallbeispiele inklusive Erklärung von Strategie und Umsetzung schön gewesen. Cases gibt es genug.

Analyse der Zielgruppe kommt zu kurz

Größte Schwäche des Buchs: Die Zielgruppen kommen zu kurz. Warum gibt es insbesondere jetzt bevorzugt jüngere Communities, die sich durch Influencer beeinflussen lassen? Liegt es an der abnehmenden Bedeutung und Glaubwürdigkeit von Journalisten als Meinungsbildnern? Fehlen sonstige Vorbilder? Wer genau ist überhaupt die Zielgruppe? Jung ist sie zweifellos. Wie steht es um das Bildungsniveau? Wie um das Einkommen? Welche Erkenntnisse gibt es zur Mediennutzung? Sind die Follower von Influencern „ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm“, wie ein inzwischen ehemaliger Pro7-Chef rüde die Zuschauer seiner Sender beschrieb? Hier scheint noch Forschungsbedarf zu bestehen.

Eine sehr gute Idee: Eine eigene Webseite zum Buch mit ergänzenden Infos.

Herausgeber: Annika Schach und Timo Lommatzsch; Titel: „Influencer Relations. Marketing und PR mit digitalen Meinungsführern“; Verlag: Springer Gabler. ISBN 978-3-658-21187-5 und ISBN 978-3-658-21188-2 (eBook). 314 Seiten. Als eBook bereits erhältlich. Erscheinungstermin Print: 19. Mai 2018.

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Personalien

Michael Schattenmann folgt auf Stefan Caspari

Michael SchattenmannMichael Schattenmann (49) wird zum 1. Juni 2024 neuer Leiter der Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bei der Andreas Stihl AG & Co. KG in Waiblingen. Er übernimmt die Position von Stefan Caspari (61), der den Bereich über zwei Jahrzehnte geleitet hat und nun die passive Phase seiner Altersteilzeit antritt. Er berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden Michael Traub.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Allianz-Chef Bäte erfolgreichster DAX-CEO im Social Web

Studie DAX-CEO Social MediaAuf den Plattformen LinkedIn und Instagram soll Allianz-Chef Oliver Bäte in Summe besser kommunizieren als die restlichen DAX-40-Konzernchefs. Das legt jetzt die aktuelle Auflage des „Social CEO-Checks“ offen - der gemeinsam von der Kommunikationsagentur cocodibu und der Hochschule Macromedia herausgegeben wird.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neues Intensivtraining

Karen HoffmannDie Deutsche Akademie für Public Relations dapr, Düsseldorf, startet ihr neues Intensivtraining Corporate Community Manager am 18. September 2024. Ab sofort können sich Interessierte dazu anmelden. Im dreitägigen Seminar lernen Mitarbeitende und Führungskräfte aus Kommunikation, Marketing, PR, HR sowie Change-Management, wie sie interne Gemeinschaften aufbauen und managen.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Das Königshaus und seine PR

Kate, Prinzessin von WalesEine Frau, eine Parkbank, eine Botschaft. In der vergangenen Woche machte die Prinzessin von Wales persönlich in einem Video ihre Krebskrankheit öffentlich. Auch das ist Public Relations. „Kate hat Krebs“ – diese Alliteration zieht sich seither durch die Berichterstattung. Beiläufig wird darüber diskutiert, ob das Königshaus mit guter oder schlechter PR glänzte, worüber sich streiten lässt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Auszeichnung für zwei Gewinnerinnen

Caroline Siegel, Lina Blenninger und Günter BenteleLina Blenninger und Caroline Siegel sind die Gewinnerin des Günter-Thiele-Preises 2024 und werden mit dem gleichnamigen Forschungsstipendium 2024 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 12. April 2024 im Rahmen der Veranstaltung „Refresh“ des Lehrbereichs Communication Management an der Universität Leipzig statt. Der Jury-Vorsitzende ist Professor Günter Bentele.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.