Susanne Marell: Was Medien und PR im Land der „Medienmuffel“ tun können

Was können Medien und PR in einem Land der „Medienmuffel“ tun, um an Relevanz zu gewinnen? „Null News lösen Fake News ab” titelte das PR-Journal am 23. Januar in einem Beitrag über das Edelman Trust Barometer 2018. Denn 67 Prozent der Deutschen konsumieren weniger als einmal pro Woche Nachrichten. Mehr als 12.000 Zugriffe, ein Leserrekord, zeigten das Interesse am Thema auf. Jetzt kommen Lösungsvorschläge: Susanne Marell, CEO Edelman.ergo, fordert im Interview mit PRJ-Redakteur Helge Weinberg eine Debatte über den Qualitätsjournalismus. Und: Die von ihr genannten Maßstäbe sollen auch für die PR gelten.

Susanne Marell, CEO Edelman.ergo

PR-Journal: Frau Marell, was ist aus Ihrer Sicht die markanteste Erkenntnis des Trust Barometers?

Susanne Marell: Dass der Journalismus an Vertrauen gewinnt. Und das in einer Zeit, in der die Menschen sehr verunsichert über die Quellen der Informationen sind: Was ist nun Fake News oder nicht, woran erkenne ich das überhaupt? Das Wiedererstarken der Bedeutung des Journalismus wird durch den Trend unterstützt, dass Experten ebenfalls in den Augen der Öffentlichkeit an Autorität zulegen. Nachdem die vergangenen sechs bis sieben Jahre vor allem „Personen wie Du und ich“ vertraut wurde, suchen die Menschen heute wieder nach Quellen und Experten, die Themen in den Kontext stellen können.

Es gibt allerdings eine hohe Anzahl an Leuten, die gar nicht mehr wissen, wie sie Nachrichten einordnen sollen und sich sagen „dann konsumiere ich gar nicht mehr“. Mit dem Phänomen der „Medienmuffel“ sollte man sich genauer befassen. Es ist ja schon eine dramatische Entwicklung in der Gesellschaft, wenn es einerseits Menschen gibt, die drei oder vier Zeitungen lesen, und andererseits Menschen sagen „da gebe ich lieber gleich auf“.

PR-Journal: Stichwort „Medienmuffel“: Laut dem Trust Barometer konsumieren 67 Prozent der Deutschen allenfalls einmal die Woche noch Nachrichten. Was können die Medien tun, um das Vertrauen und das Interesse der Konsumenten wiederzugewinnen?

Marell: Die Ergebnisse des Trust Barometers zeigen deutlich, was von den Medien erwartet wird: „guard your information quality“. Arbeite an der Qualität der Informationen und Quellen, wäge Themen ab, entemotionalisiere die Berichterstattung. Und: Stelle alternative Meinungen dar, damit die Konsumenten sich ihre eigene Meinung bilden können.
Es gab viele Debatten im Zusammenhang mit der hohen Anzahl von Migranten vor zwei Jahren, die nach Deutschland gekommen sind. Ich glaube, dass ein Teil der Bevölkerung der Presse vorwirft, damals die Willkommenskultur zelebriert zu haben - und anderslautende Meinungen direkt als negativ beurteilt zu haben. Die Ergebnisse des Trust Barometers verdeutlichen, wie dringend wir eine Debatte über den Qualitätsjournalismus in Deutschland führen müssen. Und darüber, wo Journalismus und die Presse heute im gesellschaftspolitischen Kontext stehen.

PR-Journal: Implizieren sie damit, dass die traditionellen Qualitätsmedien dies zurzeit nicht mehr sind?

Marell: Ich würde nicht sagen, dass es keinen Qualitätsjournalismus mehr gibt. Die Berichterstattung sollte aber in der Wahrnehmung der Bevölkerung ausgewogener sein, damit wir die Mitte nicht verlieren. Viele Redaktionen diskutieren über das eigene „Wirtschaftsmodell“ und die Kapazitäten und Ressourcen für guten Journalismus. Ich glaube, da gibt es Medien, die auf Letzteres Wert legen und andere, die stärker von wirtschaftlichen Zwängen gesteuert sind. Provokant formuliert: Liebe Medien, Wirtschaftsmodelle und wirtschaftliche Zwänge stehen nicht immer im Einklang mit Qualitätsjournalismus.

Ein weiterer Diskussionspunkt: Was bedeuten die Ergebnisse des Trust Barometers für die öffentlich-rechtlichen Medien? Heißt das vielleicht auch, dass die Deutschen eher bereit wären, für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu zahlen und die Gebühren sogar lieber hochsetzen möchten? Und: Wäre die Öffentlichkeit jetzt überdies bereit, für Printjournalismus als Unterstützung des Qualitätsjournalismus zu bezahlen?

PR-Journal: Da reden wir dann aber über Medien, die den von Ihnen vorhin genannten Kriterien entsprechen?

Marell: Genau.

PR-Journal: Das Vertrauen in „Menschen wie Du und ich“ hat laut dem Trust Barometer weltweit abgenommen. Das muss die sozialen Medien treffen.

Marell: Für mich ist das Ergebnis ein klares Zeichen gegen Facebook, Google & Co.. Auch in dem im Dezember 2017 veröffentlichten GPRA-Vertrauensindex 2017 zeigten sich ähnliche Ergebnisse – unter anderem ein tiefes Misstrauen gegen Facebook.

PR-Journal: Viele Menschen konsumieren kaum noch Medien. Was bedeutet das für die PR, für die Medienarbeit und das Content Marketing?

Marell: Professionelle und gute PR- und Medienarbeit bleibt zentral und wird eher noch wichtiger werden. Der Anspruch, Fakten und Quellen zu prüfen, muss bei Journalisten wie PR-Schaffenden immer gegeben sein und dient der Qualitätssicherung. Themen müssen eingeordnet und in einen Kontext gestellt werden. Zu Recht stellt sich heute lauter als je zuvor die Frage nach der Kennzeichnung von Beiträgen, wenn man sich zum Beispiel den Markt der Influencer anschaut. Mit Blick auf Google, Facebook & Co. stellt sich die Frage, ob es reicht, wenn man die Nutzer in den Sozialen Medien dazu aufruft, Dinge zu validieren? Oder müsste es nicht noch andere Mechanismen geben?

PR-Journal: In Deutschland ist das Vertrauen in die Regierung um fünf Prozent gestiegen, auf 43 Prozent. Die Daten für das Edelman Trust Barometer 2018 waren zwischen Ende Oktober und Mitte November 2017 erhoben worden. Sollte dieses Ergebnis mit der Jamaika-Koalition zu tun haben?

Marell: Ich glaube ja. In dieser Zeit war Aufbruchstimmung, das war etwas Neues, da wurden Kräfte freigesetzt. Das ist eindeutig in den Ergebnissen zu erkennen – jetzt würden die Daten vermutlich komplett anders aussehen.

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Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.