Autorenbeitrag: Wer heute nicht wirbt, ist morgen weg vom Fenster!

Wo beginnt Kommunikation, ab wann ist es Werbung und wie wird es zum Lobbying? Natürlich lassen sich diese Begriffe genau definieren. Darum soll es hier aber nicht gehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Grenzen fließend sind und sich alle Maßnahmen demselben Ziel unterordnen: Im Sinne des Anbieters oder desjenigen, der zahlt, etwas zu verkaufen.

Alexander Land

Das kann ein Produkt sein, seine Eigenschaften. Das können Zahlen zur Entwicklung des Absatzmarktes sein. Oder aber auch der Versuch, die Rahmenbedingungen für das Produkt zu beeinflussen. Am Ende dreht sich alles um das Verkaufen, um das Verdienen von Geld.

Wir alle kennen das Gefühl genervt zu sein, von zu vielen Informationen, Angeboten, Werbeschaltungen und Hauswurfsendungen. Nicht alles davon ist klassische Werbung. Aber alles wirbt am Ende für etwas und hat das Ziel, sich im Chor der Werbebotschaften zu behaupten, um – nochmal – Geld zu verdienen.

Warum wir zunehmend genervt von dieser Entwicklung sind, liegt in der Natur der Sache. Die einst überschaubar eingesetzte Werbung, weil technisch gar nicht anders möglich, hat sich seit geraumer Zeit zu einer oft aggressiven Form gewandelt. Nicht nur, dass wir die unzähligen Postwurfsendungen großenteils für eine unnötige Papierschlacht erachten oder uns auch von den diversen Anbietern im Web durchleuchtet und verfolgt fühlen – es ist inzwischen einfach ein Zuviel von allem, was nicht gewünscht und schon gar nicht gebraucht wird.

Das bedeutet aber nicht, dass wir auf Werbung und ihre Schwestern verzichten können. Im Gegenteil! Unser Wirtschaftssystem ist darauf angelegt, dass stetig jemand neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt und anbietet. Vom Anbieten zum Verkaufen kommt man nur über das Werben. Dabei reden wir nicht nur über quantitatives, sondern auch über qualitatives Wachstum.

Was aber nun, wenn mehr oder weniger eine ganze Branche über einen signifikanten Zeitraum gar nicht mehr für ihr Produkt und ihre Dienstleistungen wirbt und nahezu verstummt. Ist das die Lösung? Die Antwort: Nein. Dann kann es schnell mal sehr ernst werden. Als Beispiel: die Erdgasbranche!

Die Erdgasbranche hat aus mehreren Gründen ab ungefähr 2003 ihren eigenen Abgesang anzustimmen begonnen. „Negative Meilensteine“ gab es viele, wie die Ruhrgasübernahme durch E.ON, die Preisdiskussionen ab 2004 um Endkundenpreise und langfristige Bezugsverträge, Unbundling und Regulierung, aber auch insbesondere die Unfähigkeit der Gasbranche, sich nach dem Wegfall der Ruhrgas neu zu sortieren und eine gemeinsame Stimme zu finden. Wahrscheinlich müssten weitere Gründe vorgetragen werden. Aber das Ergebnis ist das Entscheidende. Die Branche tauchte ab, resignierte und übte sich für eine sehr lange Zeit in der Rolle des Kaninchens vor der Schlange. Natürlich hat es immer Ausnahmen von der Regel gegeben. Aber sie konnten den Chor der Schweigenden nicht übertönen.

Eine Wende deutete sich ab 2013 mit der Gründung der Vereinigung „Zukunft ERDGAS“ an, die zur Stimme für Erdgas werden wollte. So etwas funktioniert natürlich nicht von jetzt auf gleich. Es brauchte Willige, die von der Sache oder konkret dem Produkt Erdgas überzeugt waren und bereit, dafür einzustehen – heißt zu werben. Ab 2015 kamen dann lose Unternehmenskooperationen hinzu, die auf freiwilliger Basis zu ganz konkreten Themen gemeinsam Positionen erarbeiteten. Allmählich lernte die Branche wieder, dass man reden muss, zuweilen laut sein muss, um gehört zu werden, und dass es sich zudem ganz gut anfühlt, als jemand mit einer deutlichen Position wahrgenommen zu werden. Die Gasbranche hatte sich also ein stückweit selbst kuriert, nachdem sie im doppelten Sinne in der Krise war: In einer Sinnkrise und in einer Kommunikationskrise. In diesem Fall hat das Ende der Kommunikationskrise auch das Ende der Sinnkrise eingeläutet. Das bringt mich zu den eingangs formulierten Gedanken: Kommunikation hat einen Selbstzweck, nämlich die Beschäftigung mit einer Sache. Sie kann selbstreferentiell und überflüssig sein, sie kann aber auch sinnstiftend und belebend sein, mal nach innen, mal nach außen, manchmal sogar beides.

Und machen wir uns nichts vor. Erdgas ist eben auch ein tolles Etwas, über das es in Zeiten von Klimaschutz und Dekarbonisierung Spaß macht zu reden. An dieser Stelle mal ein bisschen Werbung: Beim Einsatz von Erdgas für die Verstromung wird rund die Hälfte weniger CO2 emittiert. Wenn Sie heute Ihren Diesel gegen ein Erdgasauto eintauschen, verursachen Sie um bis 23 Prozent weniger CO2 und die Vorteile bei der Vermeidung von Stickoxiden und Feinstaub kommen noch hinzu. Wenn Sie heute Ihre alte Gasheizung gegen einen modernen Brennwertkessel tauschen, sparen Sie bis zu 30 Prozent CO2-Emissionen und einen Haufen Geld aufgrund der gestiegenen Energieeffizienz.

Finden Sie nicht auch, dass Erdgas ein tolles Produkt ist? Perspektivisch können wir dann auch darüber reden, dass Gas GRÜN kann. Aber das ist ausreichend Stoff für einen anderen Artikel.

Über den Autor: Alexander Land, ist Leiter Kommunikation & Energiepolitik bei Open Grid Europe, dem größten Gasnetzbetreiber in Deutschland. Nach Stationen bei E.ON Energie in München und E wie einfach in Köln, kommuniziert er seit 2011 für Open Grid Europe, Essen.

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Personalien

Zuwachs für Boldt in Berlin und Köln

Wehrs Julia SenCons Boldt 2024Bienias Marius SenCons Boldt 2024Julia Wehrs (Foto l.) und Marius Bienias (r., © Boldt) sind als Senior Consultants neue Mitglieder im Team der internationalen Kommunikationsberatung Boldt. Bienias ergänzt seit März das Team in Köln. Zuvor arbeitete er unter anderem als Senior Account Manager bei den Agenturen Team Lewis und Edelman. Wehrs unterstützt seit April den Bereich Corporate und Public Affairs in Berlin. Zuletzt war sie Account Managerin im Public Affairs-Team von BCW (Burson Cohn & Wolfe) Deutschland.

Etats

Targobank vertraut auf newskontor

Marco Cabras und Tanja PlebuchDie Targobank wird sich zukünftig in Kommunikationsfragen von newskontor beraten und unterstützen lassen. Die Bank, die zu den größten Kreditinstituten Deutschlands gehört, hat die in Düsseldorf beheimatete Agentur als neuen Partner an Bord geholt. Das Mandat umfasst neben der Beratung auch Corporate Communications und Contenterstellung. Die Zusammenarbeit hat im 1. Quartal 2024 begonnen.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Noch Zwei deutsche Unternehmen unter den Top 100

Deckblatt des PwC Global Top 100 RankingNach einem schwierigen Jahr 2023 haben die 100 wertvollsten Unternehmen der Welt laut dem jährlichen „Global Top 100“-Ranking von PwC wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Mit einer Gesamtmarktkapitalisierung von 39,9 Billionen US-Dollar zum 31. März 2024 übertrafen sie ihren bisherigen Spitzenwert aus dem Jahr 2022 von 35 Billionen US-Dollar. Deutschland landet im Länderranking auf Platz 13.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Autoren-Beiträge

Rechte Kommunikation erkennen und bekämpfen

Felix Meyer-WykUnsere Vorstellung von Rechtsextremen beschränkt sich oft auf offensichtliche Verfassungsfeinde: Glatzen mit Springerstiefel oder „Ausländer raus“-Rufe. Keine Frage, diese Gruppen sind gefährlich. Deutlich unauffälliger, aber mindestens genauso gefährlich sind die Neuen Rechten. Für uns als Kommunikatorinnen und Kommunikatoren ist es wichtig, ihre Denkmuster und Strategien zu kennen, denn mit ihren Auftritten werden wir es vermehrt zu tun haben.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Harte Fakten und Kennzahlen fehlen

Schriftzug CR BenchmarkNachhaltigkeitskommunikation ist auf den Corporate Websites zentral positioniert. Immer mehr Unternehmen verknüpfen den Geschäftserfolg inhaltlich mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Bedenklich ist aber die seit mehreren Jahren rückläufige Transparenz. Wichtige Kennzahlen verschwinden allmählich aus der Nachhaltigkeitskommunikation. Der neue CR Benchmark von NetFed zeigt die aktuellen Entwicklungen.

Aus- und Weiterbildung

Neue Website veröffentlicht

Screenshot der neuen dapr-WebsiteDie Deutsche Akademie für Public Relations (dapr) hat ihre neue Website. Sie bietet Userinnen und Usern nach eigenen Angaben fortan mehr Serviceorientierung, ein zeitgemäßes Design und eine stark vereinfachte Nutzerführung, unter anderem durch eine neue Suchfunktion sowie durch die Zusammenführung mit dem ehemals separaten dapr-Shop. Interessenten können nun die individuell passende Qualifizierung schneller finden.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Weg mit der Paywall

Kathrin Behrens Ihr kennt es: Ihr stolpert über einen Artikel, klickt ihn an, beginnt zu lesen. Sobald es spannend wird, ist Schluss. Eine Bezahlschranke, angelsächsisch „Paywall“, poppt auf. Von hier aus geht es nur mit einem langfristigen Vertrag weiter, it's Abo-Time: Rund 24,00 Euro kostet dieses digital bei der „Zeit“, 41,00 Euro bei der „FAZ“ und 43,00 Euro bei der „SZ“. Fixkosten, die ich meide. Ich finde Paywalls ätzend und wenig innovativ, sie verderben mir regelmäßig die Laune.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Stolze Gewinnerinnen und Gewinner

Von links: Christoph Heshmatpour, Johanna Wittner, Michael Rotschädl und Lukas KalteisDie Erstplatzierten des diesjährigen Franz-Bogner-Wissenschaftspreises für PR stehen fest: Es sind Johanna Wittner, Michael Rotschädl, Christoph Heshmatpour und Lukas Kalteis. Insgesamt wurden 33 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Jahr 2023 in vier Kategorien eingereicht. Zehn Arbeiten erhielten bei der Verleihung am 22. April in Wien eine Auszeichnung. Das Preisgeld beträgt insgesamt 8.900,00 Euro.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.