„Pressesprecher werden keinen Bedeutungsverlust erleiden“

Interview mit Regine Kreitz, Präsidentin des Bundesverbandes deutscher Pressesprecher (BdP)

Der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) vertritt mehr als 4.700 Pressesprecher in Deutschland. „Inhouse-Kommunikatoren“, betont Regine Kreitz. Sie ist seit September dieses Jahres Präsidentin des Verbandes. Kreitz, im Hauptberuf als Director Communications für die Berliner Hertie School of Governance tätig, sieht die gesellschaftliche Verantwortung professioneller Kommunikation wachsen, wie sie im Interview mit dem „PR-Journal“ erklärt.

Regine Kreitz

Das „postfaktische Zeitalter“, Hate Speech, Qualität und Nachwuchs – das sind einige der wichtigen Themen, mit denen sich der Verband und seine Mitglieder künftig noch intensiver beschäftigen wollen. Eine Standortbestimmung für die Branche liefert jedes Jahr der Kommunikationskongress, den der BdP veranstaltet. Ein Event, auf dem sich die Branche auch mal selbst feiern dürfe, so Kreitz.

(Foto: Regine Kreitz bei ihrem ersten Auftritt als BdP-Präsidentin beim Kommunikationskongress 2017. © Quadriga Media / Jana Legler)

Kreitz Regine KomKongress Quadriga Media Jana LeglerPR-Journal: Frau Kreitz, der BdP vertritt rund 4.700 Pressesprecherinnen und Pressesprecher in Deutschland. Wie wollen Sie den Verband in den nächsten zwei Jahren weiterentwickeln?
Regine Kreitz: Ich bin seit etwa zehn Jahren im BdP aktiv – zuletzt als geschäftsführende Vizepräsidentin. Von daher wäre es komisch, wenn ich sagen würde, ich möchte alles anders machen. Dafür waren die vergangenen vier Jahre auch zu erfolgreich. Aber sicherlich wollen und werden wir den Verband weiterentwickeln.
Wir vertreten all diejenigen, die Kommunikation verantworten. Wir wollen den Verband als Netzwerk der Inhouse-Kommunikatoren erhalten und stärken. Das war und ist der Grundgedanke des Verbandes. Mit unseren Landesgruppen, den Fachgruppen und den Kompetenzgruppen interne Kommunikation und Digitalkommunikation stillen wir ein starkes Bedürfnis in der Branche, sich auszutauschen und zu vernetzen.

PR-Journal: Wie gehen Sie dabei mit dem Thema Digitalisierung um?
Kreitz: Um die Potenziale der Digitalisierung für unsere Branche einschätzen und bewerten zu können, haben wir ganz frisch die Kompetenzgruppe Digitalkommunikation gegründet. Wir sehen uns in der Pflicht, gesellschaftliche Debatten und Diskussionen zu wesentlichen Fragen mitzugestalten, die unsere Profession betreffen. Wie gehen wir damit um, wenn sich der öffentliche Diskurs verändert? Es fliegen viele uns unliebsame Vokabeln durch den Raum – zum Beispiel „postfaktisches Zeitalter“. Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen hat den Ausdruck „postfaktisch“ als Resignationsvokabel bezeichnet. Dem stimme ich voll zu.

PR-Journal: Branchendiskussionen wie zu Fake News werden häufig von Journalisten und Einzelpersonen aus der Sprecherszene geführt. Der BdP erscheint weniger sichtbar. In welchem Rahmen wollen Sie sich bei politischen Fragen einbringen?
Kreitz: Eine Position, die wir öffentlich vertreten, muss eine substanzielle sein. Wir springen nicht auf jeden Zug auf, aber der BdP ist präsent in politischen Diskussionen. Im BdP-Forum, unserer jährlichen politischen Veranstaltung in der Bundespressekonferenz, geht es immer wieder um die Themen Glaubwürdigkeit, den Glaubwürdigkeitsverlust durch Skandalisierung und Fake News; um Meinungsfreiheit und Datenschutz. Wenn wir mit solchen Formaten an die Öffentlichkeit gehen, sind sie sehr präsent. So etwas wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz beschäftigt uns selbstverständlich. Wie sind nicht begeistert von Löschinitiativen und denken, dass man aufpassen muss, welche Auswirkungen das Gesetz auf die Meinungsfreiheit hat. Das vertreten wir auch nach außen.

Vermischung von PR und Marketing als Dauerbrenner

PR-Journal: Welche weiteren Themen wollen Sie in den kommenden Jahren stärker in den Mittelpunkt rücken?
Kreitz: Die Weiterentwicklung des Berufs, den technologischen Fortschritt und was er für die Rolle der Inhouse-Kommunikatoren bedeutet. Zusätzlich die ganze Diskussion um die Vermischung von PR und Marketing – das sind Dauerbrenner, die uns als Verband beschäftigen. Andere Themen sind die Qualität der Berufsausübung und Nachwuchs. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Nachwuchsarbeit intensiviert, indem wir eng mit Hochschulen zusammenarbeiten, ein erfolgreiches Young-Professionals-Programm ins Leben gerufen haben und Hilfestellung zur Volontariatsausbildung geben.
Wir werden jetzt erstmals ein öffentlich gefördertes Projekt durchführen – zum Thema Hate Speech. Wir wollen ergründen, wie sich der öffentliche Diskurs durch das Phänomen verändert hat und wie wir als professionelle Kommunikatoren darauf reagieren können. Im Ergebnis wollen wir Berufskollegen etwas an die Hand geben, wie sie präventiv mit Hate Speech umgehen und ihre Vorstände beraten können – nicht erst, wenn die Krise da ist, sondern bereits im Vorfeld.

PR-Journal: Der Pressesprecher ist meist gleichzeitig der oberste PR-Verantwortliche. Wie will sich der BdP von Verbänden wie der DPRG abgrenzen?
Kreitz: Wir arbeiten kollegial zusammen – beispielsweise im Deutschen Rat für Public Relations. Ich sehe da kein Konkurrenzverhältnis. Wir haben jeder unser Alleinstellungsmerkmal. Die DPRG ist der Verband, der die Agenturen und Berater mit unserer Seite – den Pressesprechern – vernetzt. Der BdP wurde vor 14 Jahren gegründet, um die Inhouse-Kommunikatoren miteinander zu verknüpfen. Das ist die DNA des Verbandes. Wir wachsen jedes Jahr.

PR-Journal: Inwieweit gibt es eine Zusammenarbeit des BdP mit der Agenturbranche?
Kreitz: Mit Agenturen beschäftigen wir uns im beruflichen Alltag täglich. Sie spielen selbstverständlich eine wichtige Rolle zum Beispiel auch auf unseren Veranstaltungen. Mit der GPRA haben wir das BdP/GPRA-Austauschprogramm von Pressestellen und Agenturen. Beide Perspektiven zu kennen ist natürlich von Vorteil für beide Seiten. 

Pressesprecher konnten Content schon immer

PR-Journal: Wie hat sich die Rolle des Pressesprechers in Unternehmen und Organisationen verändert? Wie sollte ein Pressesprecher eingebunden sein?
Kreitz: Die Aufgaben der Kommunikation wachsen mit der Vielzahl der Kanäle. Social Media sind heute das täglich Brot des Pressesprechers und Kommunikationsverantwortlichen. Genauso das ganze Thema Content. Pressesprecher und PR-Manager konnten Content schon immer. Je vielfältiger die Kanäle und je größer die Möglichkeiten zu kommunizieren werden, desto mehr wächst unsere Verantwortung. Wir werden auch immer stärker als interne Berater gefragt, nicht nur für den Chef sondern auch für die Kollegen. Ich befürchte keinen Bedeutungsverlust des Pressesprechers und der Kommunikationsmanager in Unternehmen und Institutionen.

PR-Journal: Welche Fähigkeiten sollte ein guter Pressesprecher heute besitzen? Sind Journalisten die besseren Pressesprecher?
Kreitz: Es hilft immer, seine Zielgruppen gut zu kennen. Aber Journalisten sind eben auch nur eine Zielgruppe von Inhouse-Kommunikatoren. Heute ist Kommunikation viel mehr Management. Ein Pressesprecher sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein. Transparenz, Fairness und Faktentreue sollten die Maxime seines Handels sein. Es ist auch ein Handwerk, in dem man viel können muss. Hier können wir froh sein, dass sich in der Ausbildung viel getan hat – vor allem durch gute Studiengänge. Trotzdem finde ich es positiv, dass der Pressesprecher nach wie vor auch ein Beruf für Quereinsteiger ist.
Journalisten bringen eine weitere wichtige Eigenschaft mit: Sie hinterfragen Themen. Das tun auch Pressesprecher. Sie müssen kritisch mit den eigenen Botschaften umgehen und – wo nötig – auf Widersprüche hinweisen und diese ausräumen.

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