OMG - be1drucken vong Sprache her – Sprache der PR im Zeitalter des Digitalen Wandels (Teil 2)

Blaes Alain Gf PR COM IIIAlain Blaes (Foto) hat im ersten Teil seines Beitrags über die Veränderung der Sprache darauf hingewiesen, dass eine lebendige Sprache ein schwieriges Umfeld für die Unternehmenskommunikation sei. Zudem hat er erläutert, Anglizismen nicht nur eine Herausforderung für alteingesessene Germanisten und Sprachpfleger seien, sondern auch für die PR. Im zweiten Teil seines Beitrags legt er dar, wie groß der Einfluss der Marketingsprache ist und wie wenig sinnvoll das zuweilen ist. Außerdem gibt er im Zeitalter von sinkenden Aufmerksamkeitsspannen Tipps für angemessene Textlängen und beschäftigt sich mit Sprache im Social-Media-Umfeld.

Von Alain Blaes, München – Teil 2

  • Die Kunst des Marketings ist allerdings voll von wohlklingenden englischen Begriffen, und da viele Unternehmen die PR mit Marketing verwechseln, ist es fast unvermeidlich, dass diese Begriffe auch in die PR hinüberschwappen: Content, Claim, Channel, Consultant, Commitment … die Phrasen-Quote dieser Art von Wording ist extrem hoch. Die Marketeers mögen die Sinnhaftigkeit ihres Treibens unter sich ausmachen, für die PR kann es nur heißen: Hands off!
  • Das gilt auch für ein weiteres Danaergeschenk des Marketings: Superlative. Ja klar, wir sind die größten, besten, wichtigsten, führendsten … wir haben ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis, eine herausragende Performance und einen legendären Service, weil wir unsere Kunden verstehen wie kein anderer. Weil aber Kommunikation immer das ist, was ankommt, sind wir in den Augen und Ohren unserer Kunden und Adressaten – was? Die unverbesserlichsten Angeber. Aus PR-Sicht ein vernichtendes Urteil. Für die PR heißt es daher abermals: Hands off!
    Selbstverständlich geht es in der Unternehmenskommunikation um positive Darstellungen, aber positiv heißt noch lange nicht überschwänglich. Die Kunst besteht vielmehr darin, eine Sache so darzustellen, als würde ein neutraler Blick sie in günstigem Licht sehen. Schwierig, aber möglich.
    Und weil es in der Praxis ja nicht anders geht – viele Unternehmen sind unglücklich, wenn man ihnen zumutet, auf Superlative zu verzichten –, gilt die Faustregel: maximal 1,3 Superlative pro Presseinformation oder Webseite.
  • So gern die PR-Sprache die Strömungen der digitalen Welt adaptiert, mit einem tut sie sich erstaunlich schwer: Es ist eine Binsenweisheit des digitalen Zeitalters, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Adressaten rapide sinkt. Dementsprechend wurden und werden im Web generell die Texte kürzer. „Häppchen“ nennen es die Traditionalisten. Kurz und prägnant formuliert, sagen die Protagonisten. Die PR aber stemmt sich gegen den Trend: Sie hat es gern wortreich, ausufernd und umfangreich. Presseinformationen können – zumal wenn sie aus den USA kommen – da schon mal 10.000 oder 12.000 Zeichen umfassen, ganz nach dem Motto: Es ist ja Web und kostet nichts. Das ist keine gute Idee. Derart lange Texte – wie zum Beispiel auch den hier vorlie-genden – liest heute kein Mensch mehr. Angesichts des überbordenden Medienangebots hat einfach keiner mehr so viel Zeit. Und das sollte der PR nicht egal sein. Es ist besser, es fehlt was, als dass der Leser den Text gleich ganz wegklickt, weil er ihm zu lang ist.
    Prägnant formulieren ist das Gebot, und um mal ganz apodiktisch eine weitere Zahl in die Welt zu setzen: Jenseits von 5.000 Zeichen beginnt schon die Problemzone – ganz egal, um was es geht. Wer mehr zu sagen hat, muss auf das Format des Whitepapers ausweichen, wo man sich unbeschränkt ausbreiten darf und wo man von vorneherein davon ausgehen kann, dass man bestenfalls eine Handvoll Leser finden wird; die aber werden sich wirklich dafür interessieren.
  • Auch in ihrer offiziellen Abteilung – Presseinformationen, Artikel, Kommentare, Interviews – verändert sich die PR-Sprache: Seit aus den Überschriften Headlines wurden, sind sie plakativer und aggressiver. Vielleicht nicht gerade bei der Ankündigung einer Bilanzpressekonferenz, aber sonst gerne; die Medien liefern ja auch gute Beispiele: „Hätte, hätte, Blockchain“ – genial, mit eingebauter Denksportaufgabe. Bei der Aufmerksamkeit konkurriert auch die klassische Presseinformation oder der Presseartikel mit anderen Angeboten des Webs, auch mit YouTube und den lustigen Katzen. Es ist nicht immer einfach, hier die Balance mit Seriosität zu halten.
    Was aber gar nicht geht, sind die berüchtigten Clickbaiting-Headlines: „Was bei Blockchain derzeit passiert, werden Sie nicht für möglich halten“, „Er schaltete seinen Computer ein und dann passierte etwas Unglaubliches.“ Das Prinzip, relevante Informationen bewusst zurückzuhalten oder gar deren Vorhandensein vorzutäuschen, um Klicks zu generieren, hat zumindest in der PR nichts zu suchen.

PR und Social Media

Doch PR besteht heute ja nicht mehr nur aus Meldungen, Fachartikeln und Whitepapers, sondern umfasst auch Social Media. Diese Sphäre hat natürlich ihre eigene Sprache, und die Sprache der PR in den Social-Media-Kanälen ist die Sprache der Social Media. Wer bei Facebook oder Twitter im Stile einer Jahresbilanzpressekonferenzmeldung schreibt, wird nur Kopfschütteln ernten. 140 Zeichen sind ohnehin eine Herausforderung für Formulierungskünstler, vor allem wenn man zu den Katzenbildern noch unternehmensrelevanten Content und Hashtags packen will. Dafür darf man unter Missachtung aller vorhin aufgestellten Regeln der PR-Sprache hier sogar OMG, Smiley und Emojis verwenden – aber sicher nicht nach jedem Wort und auch nicht animierte. Nicht wg PR, sondern vong Augenkrebs her.

Auch Blogs haben ihre eigene Sprache. Sogar wenn sie hochtechnisch sind, erfordern sie einen persönlichen Ansatz, sonst sind sie kein Blog. Ein Blog ist ja keine Plattform für die Zweitverwertung von anderweitig nicht mehr benötigten Pressetexten. So sollte zum Beispiel das sonst in der PR verpönte „ich“ in einen Blog hinein. Aber kaum ist das Individuum drin, schon droht Gefahr: „Hi Guys, ich bin so hip und cool wie ihr.“ Es gibt maximal drei Unternehmen weltweit, denen man das abnimmt – wir anderen gehören ALLE nicht dazu. Also auch hier wie generell in den Social Media: Finger weg von Anbiederungen.

Andererseits: die meisten Unternehmensblogs haben nicht das Anbiederungsproblem; sie finden kaum Leser, weil sie schlicht und einfach zum Gähnen langweilig sind. Dabei wären sie die geeignete Plattform, um sich mal in „flotter Schreibe“ zu versuchen, zum Beispiel auch mal rotzfrech zu behaupten, dass dies oder das Unfug ist. Aus PR-Sicht ist es besser, man erklärt Blockchain und E-Mobilität für tot, als dass man behauptet, die Digitalisierung oder die Kundennähe sei ganz wichtig. Besser als Langeweile ist nämlich alles, sogar OMG und „dufte“. Vielleicht geht es schief, aber schließlich sind ja auch Blogs lebende Pflanzen, irgendwie.

Schlussgedanke

Nein, es ist nicht so einfach mit der Sprache der PR im Zeitalter des Digitalen Wandels. Bei alldem auch noch eine sprachliche Hausmarke zu setzen und einen „authentischen“ Ton über die Plattformen hinweg zu finden, das ist schon eine ziemlich große Herausforderung.

Darum ein paar abschließende Tipps: Nicht auf jeden Sprachzug aufspringen, klar und nüchtern bleiben und so formulieren; aber auch nicht in einem starren Regelkanon verharren: Nicht jedes Buzz-Wort ist des Teufels, und wer auch immer die Regel aufgestellt hat, dass man nie ein Wort wiederholen darf, Goethe war es nicht; im Zweifelsfall daher locker bleiben, aber nicht nachlässig werden. Schließlich verändert sich auch die Sprache der PR jeden Tag, und auch wenn dabei nicht alles gelungen ist, so verändert sie sich doch.

Über den Autor: Nach verschiedenen Stationen als Redakteur und Chefredakteur in IT-Medien und als Freier Journalist für die Tages- und Wirtschaftspresse hat Alain Blaes 1990 die Agentur PR-COM gegründet. Neben der Unternehmensführung konzentriert er sich auf die strategische Kommunikationsberatung. Sein Fokus liegt auf PR, Social Media, Marcom, Digital Services und der Integration dieser Bereiche.

Seitennavigation

Personalien

Michael Schattenmann folgt auf Stefan Caspari

Michael SchattenmannMichael Schattenmann (49) wird zum 1. Juni 2024 neuer Leiter der Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bei der Andreas Stihl AG & Co. KG in Waiblingen. Er übernimmt die Position von Stefan Caspari (61), der den Bereich über zwei Jahrzehnte geleitet hat und nun die passive Phase seiner Altersteilzeit antritt. Er berichtet direkt an den Vorstandsvorsitzenden Michael Traub.

Agenturen

Durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent

Nach der Veröffentlichung des GWA Frühjahrsmonitor im März wurde nun das Ranking der Inhaber-geführten Agenturen veröffentlicht. Vorgelegt wurde es von der Arbeitsgemeinschaft Rankingliste „Horizont“, „w&v“, GWA. Sie ermittelte für die Top 50 der Inhaberagenturen ein durchschnittliches Wachstum von 5,7 Prozent für das Jahr 2023, das damit höher ausfällt als die für die GWA-Mitgliedsagenturen ermittelten 3,3 Prozent.

Unternehmen

Von wegen Mittelmaß! Deutsche Marken im Siegermodus

Top 10 Grafik mit UnternehmenslogosAlle deutschen Top 10 Marken sind zweistellige Markenmilliardäre und bringen zusammen über 350 Milliarden Markenwert auf die Waage. Das schafft mit weitem Abstand kein anderes Land in Europa. Das geht aus dem aktuellen „Brand Finance Report“ 2024 hervor. Interessant: Die Händlermarken Lidl (9) und Aldi Süd (10) sind nun beide in den Top 10, da Aldi Süd den Vorjahreszehnten adidas überholt hat.

Verbände

DPRG und GPRA bündeln Kompetenzen

Ulf Mehner und Alexandra GroßWirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen Transformationsprojekten: Energiewende, Mobilitätswende, Industrie-Umbau. Für den Erfolg sind Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend. Dafür bedarf es transparenter und professioneller Kommunikation auf Basis verbindlicher und nachvollziehbarer Qualitätskriterien und -standards. Die werden jetzt gemeinsam mit DPRG und GPRA erarbeitet.

Branche

Ketchum führt geschlechtsneutrale Elternzeit ein

Tabea FesserInmitten einer politischen Debatte über die Einführung bezahlter Elternzeit für frischgebackene Väter, die aufgrund von Finanzierungsstreitigkeiten ins Stocken geraten ist, setzt Ketchum ein Signal in Richtung Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz: Die Agentur führt die geschlechtsneutrale, voll bezahlte Elternzeit für alle Mitarbeitenden ein.

Medien

Kürschner-Verlag wird 75

Zwei BuchcoverDas rot-weiß gestreifte Taschenbuch, in dem alle Bundestagsabgeordneten mit Bild und Biografie vorgestellt werden, hatten viele schon in der Hand. Der Verlag, der dieses Taschenbuch herausgibt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Vor 75 Jahren wurde die Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH durch Adolf Holzapfel in Darmstadt gegründet und nahm am 16. Mai 1949 den Geschäftsbetrieb als Verlag auf.

Das PR-Interview

Klare Kante war wichtig für die Mitarbeiterschaft

Wigan SalazarWigan Salazar ist Gast im Interview des Monats März im PR-JOURNAL-Podcast. Im Gespräch erklärt der CEO von MSL Germany, was das Mandat für das Essener Medienhaus Correctiv beinhaltet und wie es zu einer Dienstanweisung in Sachen AfD kam. Außerdem spricht er über den leichten Umsatzrückgang seiner Agentur, die im vergangenen Jahr dennoch zur Agentur des Jahres gekürt wurde. Schlaglichtartig haben wir hier einige prägnante Aussagen Salazars herausgestellt.

Rezensionen

Design Thinking als faszinierende Lektüre

Buchcover DesignthinkingZumeist werden an dieser Stelle brandaktuelle Bücher mit Bezug zu Unternehmenskommunikation, Kommunikationsmanagement, PR vorgestellt. Hin und wieder genehmigt sich der Rezensent aber einen Blick auf erstklassige Fachliteratur, deren Erscheinen schon ein paar Jahre zurück liegt. Anlass dieses Mal ist eine durchaus aktuelle Reihe des angesehenen Wirtschaftsbuch-Verlags Vahlen in München, der in einer eigenen Edition Management-Klassiker neu herausbringt.

Kommentare

Brillante Ideen funkeln in düsteren Zeiten umso heller

Fünf Anmerkungen zu den Eurobest PR Awards 2023

Einen positiven Grundeindruck bei den Eurobest Awards 2023 hinterließ bereits die beeindruckende Zahl von über 160 Einreichungen bei PR – weit mehr als in einigen anderen Kategorien. Die Bedeutung von PR wird demnach mehr denn je als sehr hoch eingeschätzt. Selbst wenn die Beiträge bei Ausrichtung und Qualität extrem divers waren, habe ich als Juror einige Gesamteindrücke aus London mitgenommen:

Studien

Interne Kommunikation: Weniger ist mehr

Eine Umfrage der Hamburger Agentur nwtn bringt es an den Tag, weniger – und seltener – ist in der internen Kommunikation mehr. Die Nachrichtenflut und die vielen Kanäle lösen Stress bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Der Wunsch aus der Belegschaft: Lieber nur wöchentlich und dann eine Information, wenn es wirklich etwas Neues gibt. Die Befragung von bonsai Research im Auftrag von nwtn zeigt, dass die Unzufriedenheit mit der internen Kommunikation zunimmt.

Aus- und Weiterbildung

Neues Intensivtraining

Karen HoffmannDie Deutsche Akademie für Public Relations dapr, Düsseldorf, startet ihr neues Intensivtraining Corporate Community Manager am 18. September 2024. Ab sofort können sich Interessierte dazu anmelden. Im dreitägigen Seminar lernen Mitarbeitende und Führungskräfte aus Kommunikation, Marketing, PR, HR sowie Change-Management, wie sie interne Gemeinschaften aufbauen und managen.

Macht der Bilder

SORA Dich nicht!

Schon wieder droht eine ganze Branche im KI-Schlund zu verschwinden: erst waren es die Texter und Kreativen, jetzt sind es die Filmemacher. In der Tat: Was Open AI mit SORA auf unsere Wirklichkeit losgelassen hat, erscheint auf den ersten Blick atemberaubend. Zweifelsohne ist SORA ein Text-zu-Video-Tool der nächsten Generation. Aber erst die Kombination aus Technologie und der Marktmacht von OpenAI / Microsoft macht SORA zu einem Werkzeug, dass unsere Wirklichkeit beeinflussen wird. Aber schauen wir doch erstmal genauer hin...

Agile Denkpause

Das Königshaus und seine PR

Kate, Prinzessin von WalesEine Frau, eine Parkbank, eine Botschaft. In der vergangenen Woche machte die Prinzessin von Wales persönlich in einem Video ihre Krebskrankheit öffentlich. Auch das ist Public Relations. „Kate hat Krebs“ – diese Alliteration zieht sich seither durch die Berichterstattung. Beiläufig wird darüber diskutiert, ob das Königshaus mit guter oder schlechter PR glänzte, worüber sich streiten lässt.

Jobprofile

Was macht eigentlich ein Account Executive bei der Agentur Edelman Germany?

„Als ich bei Edelman eine Ausschreibung sah, die meine beruflichen Leidenschaften – Gesundheit und Kommunikation – vereint, war es wie ein ‚perfect match‘,“ erklärt Stella Henn heute. Bereits seit November 2022 ist sie bei Edelman Germany und beschäftigt sich mit Healthcare-PR und der Umsetzung von Multi-Channel Kommunikations-Strategien und -Kampagnen sowie deren Umsetzung. Nachfolgend stellt sie im Interview ihre Aufgaben und ihren Arbeitgeber vor.

Preise und Awards

Auszeichnung für zwei Gewinnerinnen

Caroline Siegel, Lina Blenninger und Günter BenteleLina Blenninger und Caroline Siegel sind die Gewinnerin des Günter-Thiele-Preises 2024 und werden mit dem gleichnamigen Forschungsstipendium 2024 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 12. April 2024 im Rahmen der Veranstaltung „Refresh“ des Lehrbereichs Communication Management an der Universität Leipzig statt. Der Jury-Vorsitzende ist Professor Günter Bentele.

Whitepaper

Erfolg der Kommunikation stichhaltig nachweisen

In der Unternehmenswelt stehen Kommunikatorinnen und Kommunikatoren oft vor der Herausforderung, ihre Erfolge anhand von Kennzahlen wie Reichweite, Tonalität oder Share of Voice zu messen. Diese Metriken sind in der Kommunikationsbranche gängig und bieten Einblicke in die Wirksamkeit von PR- und Marketingkampagnen. Allerdings entsprechen diese Metriken nicht unbedingt den Anforderungen des Managements, das primär an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Unternehmenswert interessiert ist. Diese Diskrepanz kann zu Missverständnissen führen und die Anerkennung der Kommunikationsarbeit durch das Management beeinträchtigen.