Rezensionen Rezension: Krisenkommunikation und Reputation Management im Praxis-Check

Krisenkommunikation auf dem Seziertisch Buch CoverEine gute Reputation ist das wertvollste Gut eines Unternehmens – sie kann aber auch durch Krisen und Skandale binnen kürzester Zeit verloren gehen. Und mit dem Ruf schwindet der wirtschaftliche Erfolg. Wie kämpfen Topmanager und Unternehmenskommunikatoren in solchen Krisen um den Ruf ihrer Unternehmen? Auf welche Strategien und Taktiken setzen sie - und welche führen zum Erfolg und welche in den Abgrund? Lässt sich eine Unternehmensreputation überhaupt geldwertig managen? Diesen Fragen widmen sich Michael Neumann, Jörg Forthmann und Roland Heintze in ihrem neuen Buch "Krisenkommunikation auf dem Seziertisch. Wie Manager Reputation und Unternehmenswert unter Druck verteidigen".

Das Autorentrio, darunter mit Jörg Forthmann und Roland Heintze die beiden Geschäftsführenden Gesellschafter der krisenerfahrenen Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor, zeichnet dabei 28 aus den Nachrichten bekannte Fallbeispiele namhafter Unternehmen nach. Die beiden genannten Autoren und der freiberufliche Kommunikationsexperte Michael Neumann zeigen auf, welche Möglichkeiten Führungsebene und Krisenkommunikatoren offenstanden, welche sie wählten - und ob sie ihre Ziele so erreichen konnten oder nicht.

Auch beim Reputation Management gilt: Aus eigenen Fehlern zu lernen ist gut. Aus den Fehlern anderer zu lernen ist noch besser. Denn einen Zweifel räumen die Autoren schnell aus: Fehler im Reputation- und Crisis-Management können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Große Skandale führen in der Praxis schnell zu einem massiven Verlust an Umsatz und Marktanteilen; kosten ganze Führungsriegen ihre Posten; oder führen sogar vormals gesunde Unternehmen in die Pleite. Das Buch will Topmanagern und Kommunikatoren die Möglichkeit geben, aus den Fehlern und Erfolgen der Fallbeispiele zu lernen und so für ihre eigenen Unternehmen passende Krisen- und Reputationsstrategien aufzubauen.

Zur Analyse der Praxisbeispiele entwickeln die Autoren zunächst den von Markus Will von der Universität St. Gallen erdachten Intellectual Capital Communication Standard (ICCS) weiter. Mit dieser Struktur lassen sich immaterielle Vermögenswerte von Unternehmen und die dazugehörigen Anspruchsgruppen abbilden. Die Autoren teilen diese nicht-physischen Vermögens-"Gegenstände" in folgende Gruppen ein:

  1. Investorenkapital
  2. Humankapital
  3. Kundenkapital
  4. Kommunikationskapital
  5. Lieferantenkapital
  6. Innovationskapital
  7. Standortkapital
  8. Prozesskapital, sowie
  9. sonstiges Beziehungskapital

Bei der Bewertung der Fallbeispiele zeichnet das Buch genau nach, auf welchen dieser immateriellen Vermögenswerte sich das jeweilige Krisenereignis auswirkt und welche Folgen Reputationsschäden in diesem Bereich haben. Ebenso, mit welchen Maßnahmen und Kommunikationsstrategien die Unternehmenslenker und PR-Leute auf die Reputation in diesem Bereich Einfluss nehmen können, welche sie tatsächlich wählten - und woran sich Erfolge und Misserfolge messbar zeigten.

So gerüstet stürzen sich die Autoren auf die Fallbeispiele, die sie gleichermaßen lehrreich und genüsslich sezieren. Darunter so große und transformative Skandale wie der Niedergang der Weinstein Company nach den Enthüllungen über Hollywood-Produzent Harvey Weinstein, die die #MeToo-Debatte ins Rollen brachte. Des Weiteren beschreiben die Autoren, wie Adidas im U.S.-Basketball illegaler Bestechungen überführt wurde – und trotzdem verhältnismäßig ungeschoren davonkam. Süßwarengigant Ferrero setzt sich hingegen mit einer neuen Nutella-Rezeptur bei seinen Kunden in die Nesseln und weiß den Beschwerden nicht so recht zu begegnen.

Weitere Praxis-Beispiele beschäftigen sich unter anderem mit dem deutschen Rüstungskonzern Heckler & Koch, Volkswagen und BMW im Lichte des Dieselskandals sowie Lidls erfolgreichem Imagewechsel vom Arbeitgeber aus der Hölle zum Vorreiter für gesunde Ernährung.

Allgemeine Schlüsse, die sich aus den dargestellten Fällen ziehen lassen, sind unter anderem: Unternehmen untereinander üben im B2B-Geschäft einen deutlich größeren Druck zu mehr Nachhaltigkeit aufeinander aus, als Endverbraucher auf Firmen im B2C-Markt. Und: Die Reputation von Unternehmen und der Ruf ihrer Top-Manager sind untrennbar miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig - im Guten wie im Schlechten.

Managern und Kommunikatoren, die die Reputation ihrer Firma gewinnbringend managen und Kommunikationskrisen gut gewappnet entgegentreten wollen, beschert das Buch viele nutzwertige Aha!-Erlebnisse.

Titel: Krisenkommunikation auf dem Seziertisch. Wie Manager Reputation und Unternehmenswert unter Druck verteidigen; Autoren: Dr. Michael Neumann / Jörg Forthmann / Dr. Roland Heintze; Verlag: IMWF Verlag, Hamburg 2019; Umfang: 288 Seiten; Preis: 19,90 Euro; ISBN-Nr.: 978-3-946588-03-0