Thomas Dillmann

Schwerpunkt Krisen-PR - Unsere Gesellschaft ist im permanenten Krisenmodus angekommen. Eine Empörungswelle nach der anderen schwappt über das Land hinweg – jeweils verstärkt und verschärft durch eine unangemessen zugespitzte Berichterstattung in den Medien und durch skandalisierende Provokationen in Social Media. Diese wenig tiefgründige Zustandsbeschreibung betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche. Die (unvollständige) Auflistung der Ereignisse der letzten Wochen reicht vom Vollzug des Brexits, der Wahl des Kurzzeit-Ministerpräsidenten in Thüringen, über den Terror in Hanau, den Anschlag auf den Karnevalsumzug in Volkmarsen, der Ausbreitung des Corona-Virus‘ bis hin zu den skandalösen Einlassungen der Ultras in verschiedenen Fußballstadien am vergangenen Wochenende.

Auch wenn diese Ereignisse auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben, so finden die jeweils folgenden Auseinandersetzungen immer nach demselben Muster statt. Alle Beteiligten nehmen für sich in Anspruch die alleinige Deutungshoheit für die Ereignisse innezuhaben. Ein Austausch über Meinung und Gegenmeinung wird schnell konterkariert durch eine bewusst herbei geführte Skandalisierung und Übertreibungen. Einseitige und monokausale Schuldzuweisungen sind an der Tagesordnung. So versuchen insbesondere Minderheiten stets einen viel größeren Raum in der Debatte einzunehmen als Ihnen eigentlich nach den tatsächlichen Kräfteverhältnissen zukommt.

Noch das harmloseste Beispiel bietet hier der Fußball. Aus einer Auseinandersetzung über die Berechtigung oder den Unsinn von Kollektivstrafen leitet eine Minderheit das Recht ab, Menschen in mit einem Fadenkreuz auf dem Gesicht zu plakatieren und auf unanständigste Weise zu beleidigen. Selbst nach den Ereignissen des vergangenen Wochenendes finden sich auf zahlreichen Fanforen noch seitenlange Relativierungen und Rechtfertigungen.

Das gewählte Beispiel aus dem Fußball mit dem Prinzip der Skandalisierung durch Übertreibung, Lautstärke und bewusste Diskreditierung ist übertragbar auf Politik und Wirtschaft. Doch gerade in Politik und Wirtschaft sollte man annehmen, dass Dialogprinzipien wie Rede und Gegenrede eingehalten werden. Doch dies – und das ist traurige Realität – funktioniert nicht mehr. Debatten werden bewusst zugespitzt, konsensuale Lösungen oder Kompromisse – ein wesentliches Element der Demokratie – dadurch erheblich erschwert. Eine respektvolle Debattenkultur kommt zunehmend abhanden.

Mein Lösungsvorschlag: Emotionale Abrüstung und Besinnung auf Grundwerte einer demokratischen Auseinandersetzung. Dabei spielen eine respektvolle Kommunikation, die Achtung von Mehrheiten, die angemessene Berücksichtigung von Minderheiten und überzeugende Persönlichkeiten eine herausragende Rolle. Auch wenn mir nun der eine oder andere Naivität oder die Verkennung von Realitäten unterstellt, ich glaube an die Kraft der überzeugenden Kommunikation. Nur wenn es gelingt, diese Werte wiederzubeleben, kann wieder ein gesellschaftliches Klima entstehen, in dem auch kontroverse Debatten geführt werden, ohne von vorne herein eine Vernichtung des Gegenübers im Schilde zu führen.

Wir im „PR-Journal“ wollen unseren bescheidenen Beitrag dazu leisten. Deshalb schauen wir im März beim Schwerpunktthema Krise genau hin. Wir wollen uns unter professionellen Gesichtspunkten mit dem Thema Krisenbewältigung beschäftigen. Zum Auftakt bietet Thomas Stein, Partner der Kommunikationsberatung Instinctif Partners, seinen Beitrag „CEOs in der Krise: Wenn die Haltungsnote entscheidet“ an. Darüber hinaus werden wir uns im Laufe des Monats mit dem Krisenkommunikationsgipfel in Stuttgart, Litigation-PR und weiteren Krisen-PR-Themen beschäftigen.


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