Macht der Bilder „Potenziell historisches“ Treffen in Rom: Dealmaker?

Wir wissen nicht, was gesprochen wird. Aber instinktiv spitzen wir die Ohren. Auf zwei banalen Stühlen sitzen sich zwei Männer in einem prunkvollen Setting gegenüber. Der Fußboden scheint um sie zu kreisen und vielleicht in diesem Moment auch die ganze Welt. An der Stelle, an der die Päpste ihren Segen Urbi et orbi – der Stadt und dem Erdkreis spenden, findet ein möglicherweise schicksalhaftes Gespräch zwischen US-Präsident Trump und Ukraine Präsident Selenskyj statt.

Der Petersdom in Rom ist die Bühne, auf der Trump und Selenskyi ihre Gespräche über das Schicksal der Ukraine und Europas wieder aufgenommen haben. (Quelle: Screenshots FAZ / Spiegel / Collage Listemann)

Wer auch immer sich dieses Bild ausgedacht oder zugelassen hat, wusste was er tut. Zwei Männer verhandeln über das Schicksal von Millionen – so gefällt es Donald Trump. Keine Berater, keine Einflüsterer stören die Bühne, nur die wirklich mächtigen Männer unter sich an einem Ort der Macht, dem Petersdom.

Auch Selenskyj ist auf diesem Bild in seiner Parade-Rolle: Der David, der dem Goliath gegenübertritt, der Drachentöter, der für das Überleben seines Volkes mit einer der übelsten Schlangen der Weltpolitik ringt. Mit Worten, nicht mit Steinschleudern oder Speeren.

Historischer Moment?

Der Mut dieses Mannes (vielleicht frisch gestärkt durch den Applaus, der ihn im Petersdom empfing) macht Eindruck. Wie wägt man seine Worte, wenn man um das Leben der eigenen Leute kämpft? Trump wiederum gefällt sich in der Rolle des Weltenlenkers an dem Ort, der für 1,4 Milliarden Katholiken das Zentrum ihres Glaubens ist – auch für viele seiner Wähler in den USA. Und der Vatikan? Es ist seine Bühne, auf der die beiden Männer verhandeln, vielleicht über das Schicksal Europas mit entscheiden. Und so lässt dieses Bild alle drei gewinnen - Trump, Selenskyj und die katholische Kirche. Derweil schickt Markus Söder Selfies vom Petersplatz.

Gleichzeitig zeigt das Bild eine Welt, in der sich Präsidenten und Kardinäle anmaßen, alleine über das Schicksal von Millionen entscheiden zu wollen – wir alle werden zu Zuschauern eines „historischen Moments“ degradiert, und sollen einfach auf den weißen Rauch warten. Es ist das Bild einer Welt, in der hinter verschlossenen Türen verhandelt und entschieden wird. Und alle sollen am Ende rufen: Habemus papam, habemus pace!

Es ist das Bild einer autoritären Welt.

Über den Autor: Jost Listemann berät Führungspersönlichkeiten und Unternehmen in Phasen der Transformation. Darüber hinaus unterrichtet er an der Universität Halle am Institut für Politikwissenschaft und an der Media University Berlin im Fachbereich Journalismus und Unternehmenskommunikation. Seit 2003 ist er geschäftsführender Gesellschaft der TIME:CODE:MEDIA GmbH.

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