Das PR-Interview Cornelia Kunze im PRJ-Podcast: „Wir sind ein Netzwerk, das Frauen in der PR-Welt stärkt“
- Details
- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Cornelia Kunze ist eine anerkannte PR-Expertin in Deutschland. Nach 20 Jahren in Diensten von Edelman und dem erfolgreichen Start in die Selbständigkeit mit der Beratung i-sekai wurde sie 2018 im Ehrenamt Vorsitzende des deutschen Chapters der Global Women in PR-Organisation (GWPR). Im PR-Journal-Podcast-Interview nimmt sie Stellung zu besorgniserregenden Ergebnissen aus dem jüngsten GWPR-Annual-Index, zur „Antiwokeness“-Bewegung und zur künftigen Rolle der Kommunikation in der Gesellschaft.

Nachfolgend erste schriftliche Auszüge aus dem Podcast-Interview mit dem PR-JOURNAL.
PR-Journal: Frau Kunze, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Als Vorsitzende des deutschen Chapters der Global Women in PR (GWPR) sind Sie eine Schlüsselfigur in der Diskussion um die Rolle von Frauen in der PR-Branche. Der GWPR Annual Index, der jährlich von der Strategieagentur Opinium erhoben wird, zeigt leider immer wieder, dass sich die Situation von Frauen in der PR-Welt nur wenig verbessert hat. Können Sie uns doch bitte zunächst das GWPR-Netzwerk kurz vor?
Cornelia Kunze: Die Global Women in PR ist ein internationales Frauennetzwerk, das sich der Förderung von Frauen in unserem Berufsfeld verschrieben hat. Wir sind kein Lobbying-Verein, sondern ein Netzwerk, das Frauen stärken, nach vorne bringen und zur Weitergabe ihrer Erfahrungen ermutigen möchte. In Deutschland haben wir über 540 Mitglieder, die an etwa 30 bis 40 Online- und Offline-Veranstaltungen pro Jahr teilnehmen.
Frauen promoten sich nicht ausreichend
PR-Journal: Der jährliche GWPR Annual Index zeigt ja nun, dass es nach wie vor Missstände für Frauen in der PR-Welt gibt. Was sind die zentralen Erkenntnisse aus dem aktuellen Bericht und wie bewerten Sie diese?
Kunze: Die Zahlen spiegeln die Wahrnehmungen der befragten Frauen wider. Es gibt zwar gefühlt mehr Frauen in Spitzenpositionen als zu dem Zeitpunkt, als wir anfingen, aber wir sind noch nicht bei 50 Prozent. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass viele Frauen sich nicht ausreichend selbst promoten und dies als einen Grund sehen, warum sie nicht so schnell befördert werden. Ein besonders besorgniserregendes Ergebnis ist, dass die Hälfte aller befragten Frauen angibt, am Arbeitsplatz bereits belästigt worden zu sein. In Deutschland meldet dies nur ein Viertel der Betroffenen. Das ist ein sehr niedriger Wert und die Frage ist, ob man es diesen Frauen verübeln kann? Selbstverständlich nicht! Wenn eine Frau für sich diese Entscheidung trifft, weil sie Nachteile für ihre Karriere befürchtet oder mit Vergeltungsmaßnahmen rechnet, ist das zu akzeptieren. Leider ist es ja so, dass die Täter oft nicht zur Rechenschaft gezogen werden, während die Opfer Nachteile erfahren.
PR-Journal: Diese Erkenntnisse sind in der Tat erschreckend. Was kann getan werden, um die Situation zu verbessern?
Kunze: Es braucht eine höhere Sensibilität bei allen in Führungspositionen, um zu erkennen, dass solche Vorfälle häufig passieren und die Opfer oft Angst haben, darüber zu sprechen. Wir müssen Betroffene unterstützen und dafür sorgen, dass am richtigen Ende Konsequenzen gezogen werden. Für die Betroffenen selbst ist es wichtig, sich Personen anzuvertrauen und Verbündete zu suchen, um den Mut zu finden, solche Vorfälle zu melden. Unternehmen müssen Strukturen schaffen, die es den Opfern ermöglichen, sich zu melden, ohne weitere Schwierigkeiten zu befürchten.
PR-Journal: Ein weiteres wichtiges Thema im Report ist die Flexibilität der Arbeitszeiten. Wie bewerten Sie die Ergebnisse in diesem Bereich?
Cornelia Kunze: Flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte sind für Frauen, die oft die Hauptlast der Familienarbeit tragen, enorm wichtig, um Karriere machen zu können. Viele Unternehmen kehren jedoch zur Präsenzkultur zurück, was es für Frauen schwieriger macht, Beruf und Familie zu vereinbaren. Die Umstellung auf flexibles Arbeiten ist für viele wichtig geworden, und die Abkehr davon führt zu Konflikten.
Sehe „Anti-Wokeness“-Bewegung mit Sorge
PR-Journal: Ein weiteres Thema, das in der Branche diskutiert wird, ist die sogenannte „Anti-Wokeness“-Bewegung. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Kunze: Ich sehe diese Bewegung mit Sorge. Es scheint so, als würden einige Unternehmen die Fortschritte in den Bereichen Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) zurückschrauben. Unternehmen kürzen Budgets für DEI-Programme, und einige Akteure haben sich scheinbar nie wirklich für das Thema interessiert.
Strategische Rolle der Kommunikation
PR-Journal: Welche Rolle spielt die Kommunikationsbranche bei der Förderung von Werten und beim Erhalt des Fortschritts in diesen Bereichen?
Kunze: Die Kommunikationsbranche spielt eine große Rolle, um Verwerfungen aufzulösen und Stakeholdergruppen wieder zusammenzuführen. Wir Kommunikatoren können als Vermittler agieren, verschiedene Perspektiven einnehmen und gemeinsame Nenner finden. Es ist wichtig, dass wir unsere Rolle strategisch einbringen und uns nicht zu reinen Handwerkern degradieren lassen.
PR-Journal: Frau Kunze, vielen Dank für diese offenen Worte. Wir hoffen, dass dieses Gespräch dazu beiträgt, die Diskussion um die Situation von Frauen in der PR-Branche weiter anzustoßen und die notwendigen Veränderungen zu bewirken.
Cornelia Kunze: Vielen Dank, Herr Dilmann. Ich möchte mich noch einmal besonders bedanken, dass Sie uns mit dem GWPR auch schon so viele Jahre engagiert begleiten und diese Themen öffentlich machen.
Soweit die schriftlichen Auszüge aus dem Gespräch mit Cornelia Kunze. Ein erster Ausschnitt aus dem Interview ist hier im PR-JOURNAL-Podcast zu hören (ab Minute: 19:35'). Das Podcast-Interview in voller Länge gibt es hier:
- Zugriffe: 692