Das PR-Interview Langjährige PR-Beziehung: Von der Kaltakquise zum datenbasierten Reputationsaufbau

Horváth Managementberatung und PER Agency im Doppelinterview

Wie bewerten Kunde und Agentur ihre Zusammenarbeit? Wie kam es überhaupt dazu? Was schätzen die Protagonisten aneinander? Diese und weitere spannende Fragen richtete das „PR-Journal“ direkt die Horváth Managementberatung und deren langjährige Agentur Faktenkontor, die nun den Namen PER Agency trägt. Auf das gemeinsame Interview eingelassen haben sich Susanne Bernhardt, Head of Marketing, Communications & Sales der Horváth Managementberatung, und Roland Heintze, Geschäftsführer der PER Agency. Sie sprechen aus ihrer Perspektive über Lernkurven, Schlüsselprojekte und Erwartungen aneinander. Beide Seiten wissen, was Sie aneinander haben – und wo noch Steigerungspotenzial vorhanden ist.

Im gemeinsamen Interview mit dem „PR-Journal“ geben Susanne Bernhardt, Head of Marketing, Communications & Sales der Horváth Managementberatung, und Roland Heintze, Geschäftsführer der PER Agency (früher Faktenkontor) Einblicke in ihre Kunde-Agentur-Beziehung. (Fotos: PER / Horváth)

PR-Journal: Frau Bernhardt, wie lange ist die Agentur Faktenkontor bzw. die PER Agency, wie sie jetzt heißt, für Ihr Unternehmen tätig?
Bernhardt: Die Zusammenarbeit hat bereits 2015 begonnen. Damals war Oliver Weber noch der PR- und Marketing-Verantwortliche bei uns. Ich selbst habe die Zusammenarbeit mit der Agentur von Beginn an mitbekommen, denn ich bin seit 2012 bei Horváth, damals noch im Sales, jetzt seit einem Jahr als Leiterin Marketing, Communications and Sales.

Kaltakquise mit Analyse zum Kommunikationsumfeld

PR-Journal: Herr Heintze, wie begann die Zusammenarbeit damals? Wie wurde die Managementberatung Ihr Kunde? Welche Aufgaben wurden Ihnen zuerst übertragen?
Heintze: Als Agentur mit Expertise im Bereich Unternehmensberatung sind wir 2014 gezielt auf Horváth zugegangen und haben die Beratung im Wege der Kaltakquise angesprochen. Mitgebracht haben wir damals eine datenbasierte Analyse zum Kommunikationsumfeld. Die hatte ergeben, dass Horváth mit übergeordneten Themen, die über das Tagesgeschäft hinaus gingen, kaum sichtbar war. Und in einer nüchternen, aber offenen Atmosphäre haben wir den Vorstand davon überzeugen können, ein neues Themenmanagement aufzusetzen. Das erste große Thema, das wir dann für die Kommunikation vorbereitet haben, war Digitalisierung in Unternehmensprozessen. Horváth hatte hier die Expertise, die wir dann in Kommunikation umgesetzt haben.

Horváth Managementberatung
Die Managementberatung Horváth hat ihren Hauptsitz in Stuttgart. Mit einem Umsatz von mehr als 250 Millionen Euro und 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Horváth die Nr. 4 unter den Managementberatungen in Deutschland. Vorstandschef ist Helmut Ahr, der im April vergangenen Jahres auf Dr. Michael Kieniger folgte (CEO von 2012 bis 2022). Gegründet wurde das Unternehmen 1981 von Controllinglegende Péter Horváth (* 3.2.1937; † 4. Juni 2022).

PR-Journal: Frau Bernhardt, wie war das damals, wer hatte die steilere Lernkurve? Ihr Unternehmen, weil es sich auf die Arbeitsweise der Agentur einlassen musste, oder die Agentur, die sich erst in Ihre Materie im Bereich Managementberatung für Performance Management und Transformation einarbeiten musste?
Bernhardt (Foto): Der Einstieg der Agentur mit Zahlen, Daten und Fakten war damals ein guter Türöffner. Die Agentur hat direkt vermittelt, dass es um messbare Zahlen geht und nicht um heiße Luft. Wissenschaftlich fundiertes Arbeiten, nüchtern und ohne Pauken und Trompeten, war Horváth ja vertraut. Aber die Beantwortung der Fragen, wofür die Marke steht und was wir nach außen transportieren wollen, hat uns damals schon gefordert. Und somit haben wir dann realisiert, dass der Aufbau von Reputation für uns als Unternehmen wichtiger wird, als es uns bewusst war.
Heintze: Der Unternehmensgründer selbst, Prof. Péter Horváth, hat damals sehr genau verfolgt, wie das Unternehmen sich nach außen präsentiert. Dass wir unseren inhaltlichen Ansatz mit Zahlen unterlegt haben, hat sehr geholfen, seine Akzeptanz für die Entscheidung zu einem aktiven Reputationsaufbau zu sichern.

Reputationsarbeit ist auch in guten Phasen nötig

PR-Journal: Machen wir es mal konkreter: Welche Stolpersteine oder Hürden gab es in der Anfangszeit der Zusammenarbeit? Wussten Sie als Kunde genau, was Sie von Ihrer Agentur erwarteten? Und umgekehrt, Herr Heintze, haben Sie von Anfang an verstanden, was der Kunde wollte – und auch tatsächlich brauchte?
Bernhardt: Soweit sich das rekonstruieren lässt, hat unser eigenes starkes Wachstum dem Gedanken im Weg gestanden, dass wir konstant und konsequent Reputationsarbeit leisten müssen, es ging uns ja gut. Wir mussten lernen, auch in solch guten Phasen der Unternehmensentwicklung aktiv zu bleiben und den Markt zu bespielen.
Heintze Roland PER Agency Interview kleinHeintze (Foto): Ja, die Erwartungen an uns waren schon klar. Aber wir als Agentur mussten bei unseren Ansprechpartnern, in der Regel den Partnern, die allesamt auch starke Persönlichkeiten sind, dafür werben, Komplexität reduzieren zu können. Die Schwierigkeit bestand für uns beispielsweise bei der Medienansprache darin, die richtige Balance zwischen fachlicher Expertise einerseits und medientauglicher Vereinfachung andererseits zu finden. Die von uns empfohlene Reduzierung von Komplexität stieß zeitweise auf wenig Verständnis.
Bernhardt: Der Weg hin zu einem klaren Erwartungsmanagement gehörte damals auf jeden Fall zu den größten Herausforderungen. Das hat man aber gut hingekriegt, davon profitieren wir noch heute in der Zusammenarbeit.

PR-Journal: Wie ging es dann nach der Anfangsphase weiter? Wie ist es Ihnen gelungen, Herr Heintze, als Agentur spannend, vorausschauend und als Dienstleister attraktiv zu bleiben?
Heintze: Als Agentur haben wir immer wieder neue Vorschläge gemacht und versucht, Impulse zu setzen. Zwischenzeitlich hat der Kunden dann ein wenig gebremst, aber über die Jahre hat sich das zu einem „Push und Pull Prozess“ entwickelt, vom dem beide Seiten profitiert haben. Entscheidend war dabei, dass wir als Agentur mit unserer inhaltlichen Tiefe und unserem Auftreten zu Horváth passen. Das hat sich nach und nach herauskristallisiert.

PR-Journal: Warum haben Sie an der Agentur Faktenkontor festgehalten? War das ein Automatismus oder musste sich Faktenkontor in bestimmten Abständen einer Neuausschreibung stellen?
Bernhardt: Der Start mit proaktiven Vorschlägen und Projekten war zielführend. In dieser kontinuierlichen Zusammenarbeit haben wir dann auch Themen auf unsere Agenda gesetzt, die wir vorher vielleicht nicht so gesehen haben. Grundsätzlich schauen wir von Jahr zu Jahr, wie es weitergehen kann und arbeiten weiterhin auf Projektbasis zusammen. Beim Thema Studienvermarktung, das für uns eine sehr wichtige Rolle spielt, muss man auch schlicht sagen, es gibt nicht viele Agenturen, die das in der für uns gebotenen Tiefe können.

PER Agency / Faktenkontor
Die PER Agency GmbH ist zum 1. Januar 2023 gegründet worden. Sie ist hervorgegangen aus dem Zusammenschluss der Kommunikationsberatung Faktenkontor, des Digitalspezialisten deep digital und der Kreativagentur Havana Orange. PER will den Wachstumskurs der vergangenen Jahre unter dem Dach der Faktenkontor-Gruppe fortsetzen. Die Faktenkontor-Gruppe belegt im PR-Journal-Ranking 2022 für die Agenturbranche mit 20,36 Millionen PR-Honorarumsatz und 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Platz 10.

PR-Journal: Welche Parameter oder KPIs ziehen Sie als Auftraggeber für die Erfolgsmessung heran? Und wie ernst nehmen Sie die tatsächlich?
Bernhardt: Wir haben verschiedene Kennzahlen definiert, die allerdings von Projekt zu Projekt unterschiedlich sind. Aber wir machen PER nicht allein verantwortlich oder schauen nur auf die Zahlen, etwa bei der Medienresonanz oder der Reichweite in unseren Social-Media-Kanälen. Aber grundsätzlich haben wir eben gelernt, ein vernünftiges Erwartungsmanagement an den Tag zu legen. Wir sprechen klar darüber, was möglich ist und was nicht. Medienresonanz und Reichweiten sind da wichtige Anhaltspunkte.
Heintze: Das legen wir dann auch gemeinsam fest und wir schauen natürlich, ob wir bei den Projekten, die wir treiben, eine Reichweitensteigerung erzielen.

PR-Journal: Was waren denn die entscheidenden Erfolgs(projekte), die zu einer langjährigen Kunde-Agentur-Beziehung geführt haben?
Heintze: Ein aus unserer Sicht erfolgskritisches Projekt war eine Videodokumentation über den Unternehmensgründer Péter Horváth anlässlich seines 85. Geburtstages. Da waren wir in der Beratung besonders stark gefordert, aber auch das Unternehmen selbst. Denn da durfte einfach nichts schiefgehen. Das war dann auch erfolgreich.
Bernhardt: Seit 2022 ist ein weiteres Highlight unsere Online-Publikation „CXO News“, die auf unsere frühere Print-Publikation folgte. Aufbereitet wie ein Magazin gehen wir damit dreimal im Jahr auf unsere Stakeholder zu und bieten zu aktuellen Themen Befragungen, Kundeninterviews, Stimmen und Stimmungen. Das ist für uns kontinuierlich ein Highlight-Projekt, was von PER begleitet wird und wiederum seine Erfahrungen im Umgang mit Studien einbringt.
Das läuft gut und deswegen gehen wir auch für uns wichtige Social-Media-Projekte gemeinsam mit PER an, beziehungsweise holen uns im Rahmen von Workshops wichtige Impulse, beispielsweise für unser Employer-Branding. Schließlich müssen wir als seriöses Beratungsunternehmen auch in Social-Media für uns und beispielsweise unsere Bewerberinnen und Bewerber den richtigen Ton treffen und gezielt netzwerken.

"Kleinen Dienstweg wissen wir zu schätzen"

PR-Journal: Was wünschen Sie sich für das laufenden Jahr von Ihrer Agentur, was bisher noch nicht realisiert werden konnte?
Bernhardt: Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, ich denke, wir haben die richtige Mischung zwischen pull und push gefunden. Wir sind daran interessiert, im aktiven Austausch zu bleiben, in dessen Rahmen wir Impulse bekommen. Zu schätzen wissen wir, dass wir – wenn es nötig ist – auch den „kleinen Dienstweg“ beschreiten kommen, wo wir dann schnell und unkompliziert unterstützt werden. Die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene kann noch wachsen, da schauen wir jetzt gemeinsam auf unser neues Engagement in Kopenhagen.

PR-Journal: Vielleicht zum Schluss noch ein Blick hinaus über Ihre konkrete Kunden-Agentur-Beziehung: Woran scheitern solche Beziehungen Ihrer Erfahrung nach am ehesten, am erlahmten Kreativpotenzial, an finanziellen Streitigkeiten oder an einer unstimmigen Chemie zwischen den konkreten Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern?
Bernhardt: Die Chemie muss natürlich passen, das ist klar. Ein Schlüssel, um hier Schwierigkeiten zu vermeiden, ist sicher ein klares Erwartungsmanagement. Wie erwähnt, haben wir das. Alle anderen möglichen Gründe treffen für unsere Beziehung zu PER nicht zu.
Heintze: Entscheidend scheint mir, dass wir als Agentur die Kundenbedürfnisse treffen und uns regelmäßig über die gemeinsamen Ziele austauschen. Da sollten Agentur und Kunde auf einer Linie sein und mindestens einmal im Jahr schauen, was man erreichen will.
Und zur Frage der Chemie möchte ich noch anmerken, dass es konkret auf die Personen ankommt, die miteinander arbeiten. Da passen wir als Agentur immer auf, damit wir rechtzeitig merken, ob wir gegebenenfalls auch mal Veränderungen im Team vornehmen müssen. Last but not least gilt das natürlich im Verhältnis zum CEO. Bei Horvath haben wir nach dem Wechsel an der Unternehmensspitze das Gespräch mit dem neuen CEO Helmut Ahr gesucht. Auch da haben wir einen Zielabgleich gemacht. Das hilft sehr, um mögliche Schwierigkeiten von vorneherein zu vermeiden.

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