Lisa Krekel und Professor Markus Kiefer.

Markus Kiefer, Professor für Allgemeine BWL – insbesondere Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation – an der FOM – Hochschule für Oekonomie und Management und seit vielen Jahren Rezensent von Fachbüchern für das „PR-Journal“, sieht gute Zeiten für die PR voraus. In einem Interview mit der Journalistin und PR-Beraterin Lisa Krekel für den Blog der Kölner Agentur Vocato PR prognostiziert Kiefer im Sinne von Medienkontaktarbeit eine besondere Renaissance für die klassische PR. Das Interview erschien am 10. September zuerst im Vocato PR Blog. Mit ausdrücklicher Genehmigung der Agentur dürfen wir das Interview im „PR-Journal“ ebenfalls veröffentlichen.

Von Lisa Krekel, Köln

Eine höhere öffentliche Wahrnehmung erreichen, den Ruf einer Organisation oder Marke verbessern, die Motivation der Mitarbeiter steigern oder das Kundenvertrauen stärken –Öffentlichkeitsarbeit hat zahlreiche Ziele und Funktionen. Die Vielschichtigkeit der Public Relations zeigt sich dabei darin, dass sie sowohl als Sprach- als auch als Hörrohr eines Unternehmens fungiert.

Denn es geht nicht nur darum, die eigenen Interessen in der Öffentlichkeit zu vertreten, sondern auch die vorherrschende Meinung wahrzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren. Ein strategisches Vorgehen mit festgelegten PR-Zielen ist für eine effektive und gewinnbringende Unternehmenskommunikation von daher unerlässlich.

Professor Kiefer (Foto), der neben seiner Lehrtätigkeit für die FOM auch Unternehmen in Sachen Marketing, Kommunikation und PR berät, widmet sich in einer Monats-Kolumne auf seiner eigenen Website regelmäßig aktuellen Themen aus der Unternehmenskommunikation. Im Interview mit Vocato PR spricht Markus Kiefer über die PR-Theorie, die Auswirkung der Globalisierung auf die Unternehmenskommunikation und die Bedeutung von Krisenkommunikation.

Lisa Krekel: Herr Kiefer, wie lautet ihre Definition von Public Relations?
Markus Kiefer: Ich habe keine eigene Definition von Public Relations, zitiere aber am liebsten die Version von James E. Grunig und Todd Hunt: Sie definieren Public Relations als das Management der Kommunikationsbeziehungen zwischen einer Organisation und ihren Teilöffentlichkeiten. Diese Definition ist zwar inzwischen schon 30 Jahre alt, aber das scheint mir eine unverändert moderne Form von Kommunikation zu sein. Sie macht einfach deutlich, dass Kommunikation auch eines Managementprozesses bedarf. Insbesondere die Teilöffentlichkeit ist nach wie vor aktuell. Dieser Begriff macht deutlich, dass man es nicht mit einem starren, unveränderlichen Publikum zu tun hat, sondern sich je nach Virulenz eines Themas neue Interessens- und Anspruchsgruppen bilden.

Krekel: Welche Ziele der PR würden Sie als die drei wichtigsten betiteln?
Kiefer: Die Ziele der PR sind an sich bereits in drei Kategorien zu unterteilen, nämlich kognitiv, emotional und konativ. Ich beschränke mich an dieser Stelle auf die kognitiven Ziele. Da scheint mir von den klassischen Zielen wie Bekanntheit, Sympathie, Verständnis, Vertrauen etc. in unserer Zeit mit überragendem Stellenwert das Vertrauensthema das entscheidende zu sein. Insbesondere, wenn wir an die deutsche Organisationskommunikation denken. Denn die großen Unternehmen haben in den vergangenen Jahren einen massiven Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit erlitten.

Krekel: Inwiefern hat die Globalisierung den Umgang mit der Öffentlichkeit und den Stakeholdern verändert?
Kiefer: Spontan würde ich den Begriff der Transparenz mit ins Spiel bringen, weil ich glaube, dass hier zwei Prozesse zusammengekommen sind. Durch die Erweiterung der weltweiten Kommunikationsräume, auch durch Social Media, fordert die Bevölkerung immer mehr Transparenz ein. Als Ergebnis stehen Unternehmen ziemlich nackt in der Öffentlichkeit und es gestaltet sich für sie immer schwieriger, bestimmte Interessen im Verborgenen zu halten. Diese Bewegung hat vor allem große, internationale Unternehmen erfasst, die nun auf allen Märkten sehr transparent agieren müssen. Das wiederum erfordert eine einheitliche und glaubwürdige Kommunikationslinie.

Krekel: Worin sehen Sie die Besonderheit von B2B-PR?
Kiefer: Ich glaube, die klassische PR im Sinne von Medienkontaktarbeit erfährt eine besondere Renaissance. Gerade im B2B-Bereich kommt es natürlich darauf an, mit Argumenten, Fakten, Expertise und Wissen zu überzeugen. Es war in erstere Linie schon immer die Aufgabe guter Unternehmenskommunikation, die Öffentlichkeit nicht zu manipulieren, sondern zu informieren. PR-Leute operieren mit journalistischer Denke und diese Arbeitsweise ist gerade im B2B-Geschäft gefragter und überzeugender denn je. Zum anderen ist PR im weiteren Verständnis nicht nur Medienarbeit, sondern auch Beziehungs- und Öffentlichkeitsarbeit. In diesem Feld kann sie durch die Ausrichtung besonderer, hochwertiger und informativer Eventformate sehr überzeugen. Meiner Meinung nach steigt die Bedeutung solcher Veranstaltungen in naher Zukunft sogar noch.

Krekel: Welche Bedeutung kommt der Krisen-PR bzw. Krisenkommunikation zu?
Kiefer: Gerade im deutschen Mittelstand wird dem Gesichtspunkt der Krise generell wenig Beachtung geschenkt – bedauerlicherweise. Krisen-PR müsste – wie Medienarbeit und Change-PR – ein gleichberechtigtes Arbeitsfeld in der Unternehmenskommunikation sein. Zwei Dinge sollte jedes größere mittelständische Unternehmen vorbereitet haben: Das eine ist konstantes Issue-Management – also das kontinuierliche Monitoring von Themen, die in Zukunft für die Firma und deren Branche problematisch werden könnten. Das andere ist die Benennung einen Krisensprechers, der im Ernstfall im Namen des Unternehmens mit den Medien in Kontakt treten kann. Schön wäre natürlich, wenn jede Organisation auch noch ein Krisenhandbuch hätte – hier tut es aber auch schon eine Checkliste, die in einer Krisensituation Punkt für Punkt abgearbeitet werden kann.

Krekel: PR-Instrumente wie die Pressemitteilung und die Pressekonferenz gelten im digitalen Zeitalter immer mehr als veraltet. Teilen Sie diese Ansicht?
Kiefer: Diese Frage sehe ich ambivalent – auf der einen Seite sind klassische Pressemitteilungen noch nicht ausgestorben, hochwertige Informationen sind nach wie vor hoch im Kurs. Allerdings ist das massenhafte Aussenden von Pressemitteilungen über riesige Verteiler wenig zielführend. Der Trend geht zu personalisierten Aussendungen mit differenziertem Inhalt, ausgerichtet auf den jeweiligen Anspruch der Redaktion. Wichtig ist ja auch, dass der Versand von Pressemitteilungen nicht immer zwangsweise zur unmittelbaren Berichterstattung führt, sondern auch dazu dient, dauerhaft substanzielle Informationen über das Unternehmen zu verbreiten. Das Hinterlegen der Pressemitteilungen in PR-Datenbanken ist dazu auch ein gutes Mittel.
Die Pressekonferenzen hingegen sind im digitalen Zeitalter besonders wertvolle Ware. Digitale Pressekonferenzen werden zunehmen. Deswegen müssen Vor-Ort-Veranstaltungen besonders werthaltig sein, um Erfolg zu haben und nachhaltige Berichterstattung zu generieren. Das bedeutet, wenn Unternehmen zur physischen Präsenz einladen, sollte der Anlass besonders sein und nicht zu einer Massenveranstaltung mit Standardlösung werden. Das hat zur Folge, dass exklusive Hintergrundgespräche mit den richtigen Medien gegebenenfalls für den einzelnen Journalisten einen größeren Mehrwert schaffen als eine groß angelegte Pressekonferenz.

Krekel: Wie hat sich Ihrer Meinung nach das Verhältnis zwischen PR und Journalismus in den vergangenen Jahren verändert?
Kiefer. Es hat sich vor allen Dingen rein quantitativ umgekehrt – zu Lasten des Journalismus. Die Zahl der PR-Mitarbeiter hat gegenüber der Zahl der Journalisten exponentiell zugenommen und das Feld hat sich drastisch verschoben. Es ist eine Übermacht an Personen festzustellen, die ihre bzw. die Interessen ihrer Arbeitgeber kommunizieren wollen. Gleichzeitig ist die journalistische Seite geschwächt. Die Redakteure müssen viele Aufgaben gleichzeitig bewältigen und das meist unter hohem Zeitdruck. Um in diesem Szenario wahrgenommen zu werden, müssen PR-Manager serviceorientiert denken und sich in die Lage des Journalisten hineinversetzen können. Wer hier mit exklusiven Informationen und hochwertigem Bild- und Grafikmaterial aufwarten kann, ist klar im Vorteil. Denn hochwertiger Content und außergewöhnliche Formate sind ganz besonders gefragt. Um sich von dem Einheitsbrei abzuheben, müssen die PR-Experten die Interessen so plausibel vermitteln, dass der kritisch prüfende Journalist diese ohne große Änderungen übernehmen kann.

Krekel: Welche (Text-)Form der PR sehen Sie als die Zukunft an?
Kiefer: Neben informativen Textprodukten wie dem Whitepaper wird das passende Bild- und Grafikmaterial immer wichtiger werden. Aussagekräftige Pressefotos und informative Grafiken nehmen schon jetzt an Bedeutung zu und dieser Trend wird sich auch weiter fortsetzen.

Über die Autorin: Lisa Krekel ist für Vocato als PR-Beraterin tätig. Nach ihrem Studium in Journalismus/PR absolvierte sie ein Volontariat bei der Westdeutschen Zeitung, einer regionalen Tageszeitung. Vor ihrer Tätigkeit bei Vocato konnte sie bereits mehrjährige Erfahrung in verschiedenen Kommunikationsagenturen sammeln.

Über den Interview-Gast: Professor Dr. Markus Kiefer wurde 2. Juli 1958 in Essen geboren. Kiefer arbeitet seit 25 Jahren in der Kommunikation. Seine Expertise reicht von politischer Kommunikation bis zu modernen Corporate Communications. Er kennt die Seiten effektiver Unternehmenskommunikation sowohl als Pressesprecher bei der Unternehmensgruppe Hopf in Essen als auch durch seine Tätigkeit als Unternehmensberater. Seit 2001 lehrt er an der FOM – Hochschule für Oekonomie und Management. In seiner Position als Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre befasst er sich täglich mit Themen der Unternehmenskommunikation und des Marketings.

Das oben stehende Interview erschien zuerst am 10. September im Blog der Kölner PR-Agentur Vocato.


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