Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach

Nachdem der Merger zwischen den früher selbständigen PR-Agenturen Cohn & Wolfe und Burson Marsteller 2018 vollzogen wurde und die Erfolgskurve der neuen Kommunikationsagentur BCW (Burson Cohn & Wolfe) unter der Führung von Deutschland-Chef Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach seither steil nach oben zeigt, hält BCW jetzt neue Aufgaben für Lübü bereit (siehe den Bericht unter Personalien: BCW ernennt Deutschland-Chef zum Head of Creativity). Wie er damit umgeht, wie er das einordnet und wie er sich trotz der vielen neuen Anforderungen selbst treu bleiben will, erklärt er im Interview mit dem PR-Journal.

PR-Journal: Herzlichen Glückwunsch zur neuen Aufgabe! Doch Hand auf’s Herz, ist es nicht schwierig das – wie man so hört – äußerst gut laufende Deutschland-Geschäft nun in andere Hände zu geben und neue Aufgaben zu übernehmen, die man noch gar nicht so richtig fassen kann?
Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach: Ehrlich gesagt: nein. 😊 Denn zum einen haben wir in Deutschland ohnehin einen sehr kooperativen und von Freiheit geprägten Führungsstil gehabt, der Verantwortung teilt, so viel ändert sich hier gar nicht im Grunde. Und zum anderen übernehme ich eine Aufgabe, die ich bereits unmittelbar vor dem Merger 2018 übernehmen wollte und sollte. Wir haben das damals aufgeschoben, weil ich den Merger in Deutschland gestaltet, das Führungsteam gebaut und die Kultur etabliert habe. Und mich um das Geschäft und das Wachstum kümmern wollte. Kreativität ist und war dabei immer mein Leib- und Magenthema. Und eine Vision von Kreativität für die 20er mit Leben zu füllen, die sich weit diesseits eines klassischen „Creative Director“ Ansatzes bewegt, ist das, worauf ich mich freue. Und: da ich fast alle, mit denen ich in Europa und Afrika eng arbeiten werde, lange und gut kenne, weiß ich recht genau, was auf mich zukommt. Und dass ich mich darauf freuen kann.

PR-Journal: Nun sollen Sie – das ist nur ein Teil der neuen Aufgaben – strategisch Kreativität fördern, internationale Teams koordinieren und ein konsistentes Angebot schaffen. Wie wollen Sie das angehen und welche Prioritäten werden Sie dabei setzen?
Lünenbürger-Reidenbach: Im Grunde werden wir drei Elemente sofort und auch gleichzeitig angehen. Zum einen die Vision von Kreativität für die 20er durch die gesamte Organisation hindurchtragen. Zum anderen mit den kreativen Teams in den Märkten daran arbeiten, wie wir das Beste, was sie jeweils machen, auf andere übertragen können und voneinander profitieren. Da Kreativität und Menschen ja an sich nicht skalieren, geht es darum, durch sehr enge und häufige gemeinsame Arbeit die Schlagkraft zu erhöhen. Und zum dritten werde ich mit den Verantwortlichen für die Märkte und Verantwortlichen für die Kundinnen und Kunden daran arbeiten, unseren Anspruch an „große Ideen“ und an eine zukunftsfähige Kommunikation immer mehr und immer besser einzulösen.

PR-Journal: Gleichzeitig werden Sie nun Chairman und „Ambassador of Tomorrow“ für BCW Deutschland und sollen den „Generationswechsel“ einleiten. Vermittelt Ihnen dies das Gefühl, Sie seien schon fast zu alt oder betrachten Sie es eher als Auszeichnung, an Ihrer eigenen Nachfolge mitwirken zu können?
Lünenbürger-Reidenbach: Naja, ich bin alt. Fragen Sie mal meine Kinder. Ich bin überzeugt, dass es richtig ist, dass jüngere Kolleginnen und Kollegen, die nahe an der Arbeit mit Kunden und Kundinnen sind und für Exzellenz stehen, noch mehr in die Verantwortung zu nehmen. Gerade der Reset durch den großen Einschnitt, den die Pandemie für uns alle in der Branche bedeutet, ist doch der Anlass, sich genau anzusehen, wie wir eine zukunftsfähige Aufstellung schaffen, die das Beste, was alle zu bieten zu haben, nutzt. Meines und das des neuen Leadership-Teams. Und auch das der anderen Kolleginnen und Kollegen.

PR-Journal: Bleibt bei all dem eigentlich noch Zeit und inhaltlicher Raum sich Ihre eigene, manchmal durchaus kritische, Sicht auf die PR- und Kommunikationsbranche zu bewahren? Sie leisten ja auf Ihrem Blog „Haltungsturnen“ mitunter durchaus kritische und nachdenklich stimmende Beiträge zu gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen.
Lünenbürger-Reidenbach: Ich werde nie anders sein können als mit einer eigenen Sicht und einer Meinung und Haltung, die nicht immer voll in der Mitte liegt. Das wissen seit bald zwanzig Jahren auch alle, die mir Aufgaben geben. Dass ich immer ein Leben neben dem Job hatte und habe – auch wenn der Job immer mehr ist als nur ein Job – ist ja auch eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass es Dinge gibt, die ich ganz gut kann. Sei es unsere Pferdezucht in Schleswig-Holstein, die Familie, die Religion oder die Politik. Dass es von außen manchmal so aussieht, als sei das bei mir stärker ausgeprägt als bei anderen, liegt wahrscheinlich eher daran, dass ich seit fast achtzehn Jahren, also seit ich blogge, ein „Living Out Loud“ mache. Es ist bei mir einfach nur sichtbarer, was ich sonst noch so denke und tue. Und gerade am Blog und auf Twitter kann man ja sehr gut sehen, dass sich das Leben verändert und mit ihm auch die Intensität der Themen und die Kommunikation. Was bleiben wird, ist, dass ich auch Persönliches nach außen trage. Und mit einer Haltung erkennbar bin.

PR-Journal: Wir danken Ihnen für das Interview.


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