Das PR-Interview Richard Edelman: Unternehmen müssen Vertrauenskrise überwinden

Richard Edelman, Präsident und CEO von Edelman, der größten inhabergeführten Kommunikationsagentur der Welt, ist derzeit auf Europareise. Nach einem Abstecher zum Kreativitätsfestival in Cannes, besuchte er die Niederlassungen seiner Agentur in Deutschland. In Hamburg stellte er die Ergebnisse des neuen Edelman-Trust-Barometers zum Thema Social Media vor. Dabei hatte PR-Journal-Chefredakteur Thomas Dillmann Gelegenheit, Edelman zum CEO Wechsel in Deutschland und zur globalen Vertrauenskrise zu befragen.

Richard Edelman (rechts) im Gespräch mit "PR-Journal"-Chefredakteur Thomas Dillmann

PR-Journal: Richard Edelman, soweit ich weiß, ist das Ihr erster Besuch in Deutschland, seit Ihre Agentur entschieden hat, den CEO für Deutschland auszuwechseln. Sind Sie gekommen, um Ihren Mitarbeitern und der Öffentlichkeit die Entscheidung zu erläutern?
Richard Edelman: Ja, natürlich. Ich bin auch nach Deutschland gekommen, um mit den Mitarbeitern die jüngste Entwicklung zu besprechen. Gerne können wir über die weitere Entwicklung in Deutschland etwas sagen, wenn Ernst Primosch Zeit hatte, sich einzuarbeiten.

PR-Journal: Mit Ernst Primosch haben Sie einen CEO für die Agenturniederlassungen in Deutschland ausgesucht, den Sie lange und gut kennen. In einem Interview mit dem „PR-Journal“ hat er erklärt, dass Sie beide nahezu gleiche Vorstellungen von moderner und erfolgreicher Kommunikation haben. Also, was sind die hauptsächlichen Erwartungen, die Sie an die Verpflichtung von Primosch richten?
Edelman: Ernst und ich kennen uns schon seit vielen Jahren, und sein Ruf als erstklassiger und bestens vernetzter Kommunikationsexperte eilt ihm voraus. Ausschlaggebend für die Wahl der Person Ernst Primosch ist die klare und zukunftsweisende Vision von Kommunikation, die ihn antreibt und die deckungsgleich ist mit unserem Blick auf den Markt und die Branche.

PR-Journal: Wenn Sie den PR- und Kommunikationsmarkt in Deutschland mit denen in Großbritannien und weltweit vergleichen, was sind die Hauptunterschiede und die Hauptschwierigkeiten für eine Agentur wie Edelman?
Edelman: Der Negativeinfluss von Fake News macht sich leider auch in Deutschland bemerkbar. Laut unserem weltweiten Trust Barometer aus diesem Frühjahr vertrauen nur noch 42 Prozent der Deutschen den Medien. Das zeigt, wie wichtig es für Unternehmen ist, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Dabei kann es helfen mit Kunden auf mehreren Kanälen in Verbindung zu treten und durch eine Kommunikation auf Augenhöhe Integrität zu beweisen.

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Richard Edelman: "Reinhängen, statt raushalten! Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, länger zuzuschauen, sondern müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden."

PR-Journal: Ihre Sonderausgabe des Trust-Barometers zu den sozialen Medien zeigt, dass das Vertrauen in Social Media abnimmt. Betrachtet man Fake News, Hate Speech, Datendiebstahl und Verstöße gegen den Datenschutz – was können Unternehmen und Marken tun, um Vertrauen zurückzugewinnen? Was bedeuten die Ergebnisse des Trust Barometers für Kommunikation und Marketing in Deutschland?
Edelman: Sie haben den Knackpunkt genau erkannt: Das Vertrauen. Nur 27 Prozent der Deutschen vertrauen laut unserem Trust Barometer Informationen, die sie aus den sozialen Medien bekommen – weltweit gesehen sind es nur in Großbritannien und Frankreich noch weniger. Für Unternehmen, die Social Media zur Kommunikation mit Verbrauchern nutzen, ist das eine Herausforderung. Unternehmen müssen diese Vertrauenskrise dringend überwinden, Haltung zeigen und Verantwortung in den sozialen Medien übernehmen.

PR-Journal: Wie stellen Sie sich das vor?
Edelman: Unsere Empfehlung für Unternehmen, die soziale Medien wie Facebook, Twitter und so weiter mit Werbegeldern finanzieren, ist ganz klar: Opt in, not opt out – also reinhängen, statt raushalten! Sie können es sich nicht mehr leisten, länger zuzuschauen, sondern müssen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Das wissen auch die Verbraucher. 65 Prozent der Deutschen wünschen sich beispielsweise, dass sich Unternehmen gegen Fake News einsetzen und 68 Prozent, dass sie für den Schutz privater Daten einstehen.

PR-Journal: Als Führer der größten globalen PR-Agentur mit dem Hauptsitz in den USA: Wie sehr sind Sie besorgt über die Entwicklung der amerikanischen Politik? Was sind Ihrer Meinung nach die Folgen für die Kommunikationsbranche, wenn wir konfrontiert sind mit nationalen Egoismen wie „America first“?
Edelman: Die Entwicklung in der amerikanischen Politik beobachten wir natürlich sehr genau. Die Vertrauenskrise und den Wandel des öffentlichen Diskurses sehen wir als Symptome für das Bedürfnis der Menschen nach klaren Positionen und belastbaren Informationen. Das zeigt sich auch in den Ergebnissen des Trust Barometers. Sehen Sie, 70 Prozent der befragten Personen haben angegeben, dass sie nicht mehr zwischen echten Nachrichten und Fake News unterscheiden können. Das ist die Welt, an die wir uns anpassen müssen. Die Antwort heißt, Vertrauen aufzubauen und den direkten Kontakt zu den Menschen zu suchen. Deshalb auch unser aktuelles Motto: Act with certainty – handle aus Überzeugung. Wenn unsere Kunden entsprechend ihrer Überzeugung handeln, klare Standpunkte vertreten und in sozialen Medien den Austausch auf Augenhöhe suchen, wird diese Integrität auch mit Vertrauen belohnt.

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