Bentele Guenter s wDie Eröffnung des Online-PR-Museums hat über die Branchenpresse hinaus auch in überregionalen Medien wie „Focus online“ oder „welt.de“ Beachtung gefunden. Der emeritierte Leipziger Kommunikationsprofessor Günter Bentele (Foto) hatte die Gründung einer historischen Sammlung über das Berufsfeld PR bereits vor mehr als 25 Jahren auf seine persönliche Agenda gesetzt. Gegenüber dem „PR-Journal“ erklärt er, warum das PR-Museum für die PR-Berufspraxis wichtig ist, es einen Beitrag zur Professionalisierung der Ausbildung leistet und wie es mit alten Märchen aufräumt.

PR-Journal: Professor Bentele, Sie haben es geschafft. Ein in Fachkreisen schon länger gehütetes Geheimnis, ist nun gelüftet. Das PR-Museum ist online. Gutes Gefühl?
Günter Bentele: …ja, ein sehr gutes Gefühl. Ein Gefühl, das man hat, wenn Ergebnisse eines fast 25 Jahre laufenden Projekts das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Es war eine langwierige Schwangerschaft mit diesem schon früh gezeugten Forschungskind, das auch für die Praxis nützlich sein soll.

PR-Journal: Können Sie unseren Lesern erläutern, wie aufwändig die Vorbereitungen waren?
Bentele: Wie gesagt, die Idee ist schon Mitte der neunziger Jahre, kurz nach meinem aktiven Beginn an der Universität Leipzig (1994) entstanden, seit 1995 haben wir Seminare zur PR-Geschichte für die Studierenden angeboten. 1996 gab es (weltweit) die erste wissenschaftliche Tagung zur deutschen PR-Geschichte, deren Beiträge Peter Szyszka ‚zusammengebunden‘ und herausgegeben hat. Seit die ‚International History of Public Relations Conference‘ vor zehn Jahren von meinem Kollegen Tom Watson initiiert wurde, bin ich jeden Juli in Bournemouth und stelle Forschungsergebnisse vor, konnte auch schon Kolleginnen und Kollegen sowie Studierende von mir ermuntern, dort ihre Ergebnisse zu präsentieren. Eine sehr interessante Tagung!

PR-Journal: Was ist eigentlich die generelle Idee hinter der Beschäftigung mit PR-Geschichte? Wozu braucht ein PR-Berater oder eine Kommunikationschef eines großen Unternehmens PR-historisches Wissen?
Bentele: Ich könnte jetzt mit alten Einsichten antworten à la ‚Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft richtig gestalten‘. Aber: Wichtiger ist mir, dass in der Kommunikation ähnlich professionell wie in der Medizin oder in der Jurisprudenz ausgebildet wird.
Im Prinzip muss jeder Medizinstudent in seinem Studium Medizingeschichte gehört haben, jeder Jurastudent Rechtsgeschichte. Auch der Landarzt sollte wissen, wer Hippokrates war und warum schon mit dem Beginn einer systematischen Medizin ethische Regeln aufgestellt wurden. Wie das deutsche Rechtssystem enstanden ist und sich entwickelt hat, ist nicht nur Spezialistenwissen, sondern gehört zur akademischen Allgemeinbildung in rechtlichen Berufen.
Was das Kommunikationsmanagement anbelangt, werden immer noch die Märchen nachgebetet, die einige derjenigen in die Welt gesetzt haben, die sich in Deutschland als erste systematischer mit PR beschäftigt haben. So zum Beispiel Albert Oeckl, zu dem natürlich auch ein Eintrag im pr-museum.de enthalten ist. Zur Märchenstunde gehört, dass Oeckl den Begriff „Öffentlichkeitsarbeit“ erfunden habe oder – das ist nicht von Oeckl, aber weit verbreitet – dass die Amerikaner PR erfunden hätten und es PR erst nach 1945 in Deutschland gegeben habe. Mit solchen Märchen räumt die historische Forschung und auch das pr-museum.de auf.

PR-Journal: Was waren die größten Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung, die Auswahl dessen, was Sie jetzt veröffentlicht haben, oder die Recherchen dazu?

Bentele: Bei der Auswahl von Themen hatten wir bislang keine Probleme. Die Recherchen waren normale Literaturrecherchen, historische Recherchen, aber auch ‚oral history‘, das heißt, man muss in die Unternehmensarchive gehen und die Leute über die Vergangenheit befragen, so lange sie noch leben. Das haben wir auch bei Albert Oeckl und einigen anderen, branchenbekannten und preisgekrönten Köpfen gemacht, aber einiges liegt noch im Vorbereitungsschuppen und muss noch fertiggestellt werden.

PR-Journal: Alle, die Gelegenheit haben, sich das Online-PR-Museum anzuschauen, werden feststellen, dass die jüngere Geschichte noch nicht ausführlich vertreten ist. Verbände wie die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG), die in diesem Jahr immerhin ihren 60. Geburtstag feiert, findet man noch nicht als eigenen Eintrag. Wann soll sich das ändern?
Bentele: Was die DPRG und die anderen Verbände anbelangt, so ist es richtig, dass diese für das Berufsfeld wichtig sind. Mit der DPRG, deren Mitglied ich ja seit 30 Jahren bin, also halb so lange, wie sie existiert, bin ich im Gespräch. Ich hoffe, dass noch ein Eintrag zur DPRG in diesem Jahr zu Stande kommt.

PR-Journal: Professor Bentele, Sie und Ihr Mitstreiter Tobias Liebert haben viel Arbeit und Herzblut in das PR-Museum investiert. Was waren die wichtigsten Beweggründe dafür? Möglicherweise das teils mangelhafte Bewusstsein für die berufsethischen Regeln in der Branche heute oder Ihr wissenschaftlicher Idealismus?
Bentele: Was das mangelnde Bewusstsein für verschiedene Bereiche wie Geschichte oder Ethik anbelangt, so haben mich diese Mängel immer auch dazu motiviert, etwas zur Behebung der Mängel zu tun. Und ein guter Wissenschaftler muss immer mit viel Herzblut bei der Sache und seine Ziele verfolgen, manche nennen das Idealismus.

PR-Journal: Noch eine letzte Frage. Sie haben zur Eröffnung vor allem der Günter-Thiele-Stiftung für die Unterstützung bei der Vorbereitung gedankt. Wie sichern Sie finanziell den künftigen Betrieb des PR-Museums?
Bentele: Ich hoffe und gehe davon aus, dass die Günter-Thiele-Stiftung auch künftig eine Grundfinanzierung bereitstellen wird, wir werden uns aber auch weitere Finanzierungsmöglichkeiten, bis hin zur Bannerwerbung, suchen müssen.


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