Lars Rademacher (© Martin Wessner).

Interview mit dem DRPR-Vorsitzenden Lars Rademacher

Lars Rademacher, seit 2014 Professor für PR an der Darmstädter Hochschule, ist seit Jahresbeginn neuer Vorsitzender des Deutschen Rates für Public Relations (DRPR). Im Gespräch mit dem „PR-Journal“ erläutert er, wie er die Sichtbarkeit des DRPR und die Taktzahl der zu behandelnden Fälle erhöhen will. Zudem verspricht er sich von der neuen Online-Richtlinie eine wachsende Akzeptanz des DRPR-Regelwerks im Markt – über die Trägervereine DPRG, GPRA und BdP hinaus. Am Ende erklärt Rademacher außerdem, warum er den Vorsitz im DRPR für das „schönste Ehrenamt in der PR-Branche“ hält.

PR-Journal: Herr Professor Rademacher, als neuer Vorsitzender des Deutschen Rates für Public Relations haben Sie sich bestimmt viel vorgenommen. Was sind Ihre wichtigsten drei Ziele?
Lars Rademacher: Mir ist es wichtig, die Sichtbarkeit des Deutschen Rates für Public Relations über die aktive Arbeit zu verbessern und den Bearbeitungsstau, den wir derzeit haben, abzubauen. Hier bin ich dankbar, dass mein langjähriger Vorgänger Professor Bentele mich unterstützt. Er bleibt dem DRPR übrigens als Mitglied erhalten.
Zur Verbesserung der Arbeit gehört auch, dass wir die Taktzahl der zu behandeln Fälle erhöhen wollen, wir wollen schneller werden. Die Zeit zwischen einer Anzeige und der Veröffentlichung des Ergebnisses unserer Beratung soll sich deutlich verkürzen.
Als dritten Punkt möchte ich anführen, dass unsere neue Online-Richtlinie, die ich für sehr gut halte, jetzt mit Leben gefüllt wird. Da erwarte ich viele Fälle, denn im Online-Bereich gibt es viel Unwissenheit und somit auch eine relativ große Grauzone.
Darüber hinaus können wir mit unserer Arbeit gegebenenfalls auch einen einheitlichen Standard für alle Gewerke der Branche setzen. Im Online-Bereich treffen wir auf viel Unerfahrenheit, vor allem was die Kennzeichnungspflicht angeht. Also ist mein viertes Ziel, den Kenntnisstand zu den Kodizes in der Branche deutlich zu erhöhen.

„Konflikt mit der de’ge’pol liegt hinter uns“

PR-Journal: Nun ist es zuletzt um die eigentliche Arbeit des DRPR sehr still geworden. Von behandelten Fällen war eher wenig zu hören, viel lauter waren dagegen die Unstimmigkeiten im Trägerverein wahrzunehmen. Wie wollen Sie es schaffen, den Fokus wieder auf die Kernarbeit zu legen?
Rademacher: Indem wir uns auf die Fälle, die anstehen, konzentrieren. Der Konflikt mit der de’ge’pol liegt hinter uns. Wir haben jetzt 18 Ratsmitglieder, die in den drei Ausschüssen Finanzen, Industrie und Wirtschaft sowie Politik zusammenarbeiten. Pro Beschwerde gibt es künftig einen Referenten. Er trägt den Fall vor und lässt seinen Ausschuss entscheiden, ob diese als Fall behandelt wird oder nicht.
Bis auf zwei bis drei persönliche Treffen im Jahr arbeiten wir übrigens künftig auf einer digitalen Plattform zusammen. Das erleichtert unseren ehrenamtlichen Mitgliedern die Arbeit sehr und führt zu mehr Effizienz.

PR-Journal: In Österreich gibt rund um den PRVA eine recht aktive und bis Deutschland vernehmbare Arbeit der dortigen Ethikwächter. Wäre eine enge Zusammenarbeit im deutschsprachigen Raum nicht naheliegend? Und wie sieht es überhaupt aus mit den internationalen Aktivitäten des DRPR?
Rademacher: Wir haben einen sehr guten Kontakt zum österreichischen Ethik-Rat. Das dortige Gremium hat unseren deutschen Kodex weitgehend übernommen, so dass es bei einer länderübergreifenden Zusammenarbeit keine Probleme gibt. Und die neue österreichische Ratsvorsitzende, meine Kollegin Sabine Einwiller von der Uni Wien und ich, kennen uns seit vielen Jahren. Darüber hinaus hat Professor Bentele die internationale Zusammenarbeit sehr gefördert. Das will und soll er weitermachen, so dass unser Netzwerk weiter gestärkt und ausgebaut wird. In Zeiten von Fake News ist eine stärkere internationale Zusammenarbeit der Ethikgremien nicht zu überschätzen.

„Andere Verbände halten viel von unserem regulatorischen Gerüst“

PR-Journal: Die de’ge’pol ist nun nicht mehr dabei. Mit lautem Getöse hat sich der Verband verabschiedet. Fehlt damit aber nicht wichtige Stimme im Konzert der Kommunikationsverbände?
Rademacher: Um das auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich zu sagen: Ich bedauere außerordentlich, dass die de’ge’pol nicht mehr dabei ist. Sie hat sich aus meiner Sicht damit keinen Gefallen getan. Damit bleibt das Thema Public Affairs aber nicht außen vor. Denn der Rat entscheidet ja autonom und unabhängig von der Zusammensetzung der Trägervereine. Die Trägervereine haben auf die Arbeit des Rats inhaltlich keinen Einfluss, sie halten dem DRPR juristisch den Rücken frei. Und die bestehenden Träger versammeln nach wie vor hohe Kompetenz zum Bereich der politischen Kommunikation und Public Affairs und vertreten auch eine große Mitgliederzahl, die in diesem Bereich arbeitet. Noch wichtiger scheint mir aber zu sein, dass es inzwischen andere Verbände in der Kommunikationsbranche gibt, die viel von unserem regulatorischen Gerüst – speziell von der Onlinerichtlinie – halten. Insbesondere was die Kennzeichnungspflicht angeht, ist hier eine breite Akzeptanz zu spüren. Das ergibt einen größeren Rückhalt und wertet die Arbeit des DRPR auf.

PR-Journal: Aktuell gibt es in der deutschen Kommunikationsbranche quasi einen Hype um so genannte Influencer, die die sozialen Medien gut zu nutzen wissen. Doch längst nicht alle halten sich an die Regeln einer klaren Kennzeichnung von Werbung. Werden wir nach der Verabschiedung der Social Media-Richtlinie in Zukunft mehr von solchen Fällen hören, bei denen Verstöße auch klar vom DRPR geahndet werden?
Rademacher: Wie gesagt, ich rechne hier mit deutlich mehr Fällen, weil wir es mit viel Unkenntnis im Markt zu tun haben. Die Grauzone ist groß – nicht zuletzt, weil semiprofessionelle Akteure am Werk sind, die vollkommen überrascht sind, wenn sie mit dem Hinweis konfrontiert werden, dass Absender von Werbebotschaft klar gekennzeichnet sein müssen.

„Schönstes Ehrenamt in der PR-Branche“

PR-Journal: Wenn Sie in zwei Jahren zur Wiederwahl stehen, was soll dann auf der Habenseite Ihrer Amtszeit stehen?
Rademacher: Dass sich die Sichtbarkeit des Rates erhöht hat, dass wir eine mutige Herangehensweise – auch was technische Neuerungen angeht – an den Tag gelegt haben, und dass wir nicht nur reagiert, sondern auch agiert haben. Schließlich kann der Rat auch selber Fälle aufgreifen.
Zudem möchte ich noch einen persönlichen Aspekt anfügen. Ich finde, der Vorsitz im DRPR ist das schönste Ehrenamt in der PR-Branche. Da wird man nur einmal gefragt. In dieser außergewöhnlichen Rolle darf man auf einen Wirtschaftszweig schauen, der einen Legitimationszwang hat. Mit dem Rat werben wir für die Vertrauenswürdigkeit der PR-Branche. Darauf bin ich stolz und das darf man mir ruhig anmerken.


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